Die modischen Eisgetränke sind knallbunt und heissen Slush Puppies. Importiert werden sie von der Schweizer Firma Slush Ice and Drink AG. Automaten mit den Eisgetränken stehen mittlerweile in vielen Badis, Freizeitzentern, Kiosken und anderen Läden. Mit einem lustigen Hund als Maskottchen richten sich die Macher von Slush Puppies eindeutig an Kinder.
Was nicht gesagt wird: Slush Puppies enthalten künstliche Farbstoffe, die Kindern schaden können (siehe Kasten). So stecken in der Sorte «Orange» die Farbstoffe Gelborange S (E110) und Ponceau 4R (E124). Die Sorte «Zitrone Limone» erhält ihre grüne Farbe unter anderem wegen des Farbstoffs Chinolingelb (E104). Das zeigen Recherchen des K-Tipp. Die Substanzen stehen aufgrund einer englischen Studie im Verdacht, bei Kindern die Hyperaktivität zu fördern.
Die Importeurin hält auf Anfrage fest, dass die Lebensmittelgesetze des Bundes beachtet würden. Das stimmt. Grund: Die genannten drei Farbstoffe sind seit 2014 in Glaces verboten, nicht aber in aromatisierten Getränken wie Slush Puppies. Erklärung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit: «Für die verschiedenen Lebensmittelkategorien gelten unterschiedliche Anwendungsbedingungen.»
Trotz Verbot werden die Stoffe in Glaces eingesetzt. Dies zeigen K-Tipp-Recherchen: Der Baselbieter Glacehersteller Gasparini braucht für viele Sorten die künstlichen Farbstoffe Chinolingelb (E104) und Ponceau 4R (E124). Gasparini stellt unter anderem das bekannte Cornet des Basler Zoos her. Die Produkte werden in mehreren Kantonen der Deutschschweiz verkauft – unter anderem in Kinos.
Gasparini: «Ein klares Versäumnis»
Gasparini reagierte umgehend: «Wir ziehen sämtliche betroffenen Artikel aus dem Verkauf. Zudem erarbeiten wir die Rezepturen neu, um ohne künstliche Farbstoffe auszukommen.» Warum reagiert die Firma erst jetzt? Geschäftsführer Martin Müller: «Es ist ein klares Versäumnis. Die internen Abklärungen dazu laufen.»
Auch viele Bauernhöfe produzieren eigene Glaces und werben mit «frischen Früchten» und «hochstehender Qualität». Zum Teil werden die verbotenen Farbstoffe aber auch hier verwendet. So enthält die Vanilleglace des Talacherhofs in Illnau ZH unter anderem den verbotenen Farbstoff E110. Der verantwortliche Thomas Vollenweider sagt: «Es ist uns entgangen, dass das Gesetz angepasst wurde. Wir haben das Produkt umgehend aus dem Sortiment genommen.»
Umstrittenes Verdickungsmittel
Glace-Hersteller Unilever (Ben&Jerry’s, Lusso), Migros und Coop verzichten laut eigenen Angaben auf den Einsatz der umstrittenen Farbstoffe. Das heisst aber nicht, dass ihre Produkte ohne heikle Zusatzstoffe auskommen. So setzen sie bei Glaces häufig Carrageen ein (E407). Das Verdickungsmittel steht im Verdacht, Allergien, Asthma, Darmentzündungen und Krebs auszulösen. Verwendung findet Carrageen in vielen Sorten von Ben&Jerry’s, Lusso sowie in den Migros-Stengel-Rahmglaces und in Coops Glaces «Qualité & Prix Yogi Freeze».
Laut Hersteller Unilever ist Carrageen «gesundheitlich unbedenklich und technologisch notwendig». Auch Coop will nicht darauf verzichten, obwohl «die Sachlage nicht eindeutig ist». Migros hält fest, «eine sensorische Veränderung dieser traditionellen Produkte würde von den wenigsten Konsumenten geschätzt».
Das sieht Nestlé (Mövenpick, Frisco) anders und verzichtet neben künstlichen Farbstoffen auch auf Carrageen: «Der Stoff entspricht nicht unseren Vorgaben von Natürlichkeit.»
Diese Farbstoffe sollten Kinder meiden
Die Farbstoffe Tartrazin (E102), Chinolingelb (E104), Gelborange S (E110), Azorubin (E122), Ponceau 4R (E124) und Allurarot AC (E129) können laut einer englischen Studie bei Kindern Hyperaktivität verstärken. In der EU müssen deshalb Produkte, die solche Stoffe enthalten, einen Warnhinweis haben: «Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen.»
In der Schweiz sind solche Warnhinweise hingegen nicht vorgeschrieben. Laut dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit sind die Folgerungen der englischen Studie widerlegt worden. Ein Warnhinweis würde deshalb «den Grundsätzen des Lebensmittelgesetzes» widersprechen, das auf wissenschaftlicher Evidenz aufbaue. Mit andern Worten: Im Zweifelsfall wird der Konsument nicht gewarnt.
Viele andere künstliche Farbstoffe, die in Süssigkeiten und Getränken vorkommen, stehen gemäss verschiedenen Studien und Tierversuchen ebenfalls im Verdacht, gesundheitliche Schäden zu verursachen:
- E120 Echtes Karmin (auch Cochenille)
- E127 Erythrosin
- E131 Patentblau V
- E132 Indigotin
- E133 Brillantblau
- E142 Grün S (auch Brillantsäuregrün BS)
- E150b–d Zuckerkulör
- E151 Brillantschwarz BN
- E155 Braun HT
Tipps
Die Details zu den Farbstoffen findet man in der E-Nummern-App des K-Tipp.
Glace ohne Zusatzstoffe kann man auch selber herstellen. Rezepte dazu gibts im «Gesundheitstipp»-Merkblatt (Download unter www.ktipp.ch/Service/Merkblätter/Essen + Trinken/Leichte Glaces am Stiel und erfrischende Sorbets).