So ein Käse: Vegetarier werden übergangen
Viele Vegetarier wollen keinen Käse, der tierisches Lab enthält. Doch die Hersteller müssen den Stoff nicht deklarieren. Der K-Tipp sagt, welche Käse anders hergestellt werden.
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K-Tipp 13/2012
17.08.2012
Letzte Aktualisierung:
06.09.2012
Esther Diener-Morscher
Das stört vor allem Vegetarier: Für viele Käsesorten – unter anderem auch für den Greyerzer – brauchen die Käser Kälbermägen. Die Produzenten lösen daraus das Lab heraus, das die Milch zum Gerinnen bringt. Zwar kommen die Kälbermägen selber nicht mit der Milch in Berührung. Doch viele Vegetarier meiden grundsätzlich Nahrungsmittel, für deren Herstellung es tierische Stoffe braucht.
Es gibt auch vegeta...
Das stört vor allem Vegetarier: Für viele Käsesorten – unter anderem auch für den Greyerzer – brauchen die Käser Kälbermägen. Die Produzenten lösen daraus das Lab heraus, das die Milch zum Gerinnen bringt. Zwar kommen die Kälbermägen selber nicht mit der Milch in Berührung. Doch viele Vegetarier meiden grundsätzlich Nahrungsmittel, für deren Herstellung es tierische Stoffe braucht.
Es gibt auch vegetarisches, mikrobielles Lab. Man gewinnt es aus einem Schimmelpilz. Doch dem Käse sieht man nicht an, woher das Gerinnungsmittel stammt. Denn Lab gilt als Hilfsstoff für die Verarbeitung. Bis zu 80 Prozent werden beim Verarbeiten ausgeschwemmt. Deshalb müssen es die Hersteller auf der Verpackung nicht als Zutat deklarieren.
Manche Vegetarier verzichten deshalb gleich ganz auf Käse – so auch Renato Pichler, Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Vegetarismus. Käse zu kaufen, der garantiert kein tierisches Lab enthält, ist zwar nicht einfach. Dennoch können Vegetarier feststellen, welche Käsesorten sie bedenkenlos essen können:
V-Label: Kein Thema für Grossverteiler
- Auf Switzerland-cheese.ch lassen sich alle Sorten abrufen, die mit mikrobiellem Lab hergestellt werden: «Käse-Finder» anklicken und unter «Lab» «mikrobielles Lab» eingeben. Nun werden alle entsprechenden Käse aufgelistet.
- Emmi stellt einen Grossteil der Käse ohne tierisches Lab her. Auf der Website Emmi.ch lässt sich unter der Rubrik «Ernährungsinformation» nachlesen, welche Käsesorten mit welchem Lab hergestellt sind.
Die Grossverteiler lassen ihre Kunden häufig im Ungewissen:
Auf die Frage, welche Käsesorten bei Coop ohne Kälberlab produziert worden sind, antwortet Sprecher Urs Meier nur allgemein: «Viele industriell hergestellte Käse, zum Beispiel Luzerner Rahmkäse und Raclette.»
Etwas mehr Informationen gibt es bei der Migros: «Auf Anfrage geben wir gerne Auskunft, welche Käsesorten kein tierisches Lab erhalten», sagt Mediensprecherin Monika Weibel. Sie verweist auch auf ein Merkblatt, das die Migros bei Bedarf abgebe. Obwohl für Vegetarier eine Deklaration auf der Verpackung viel praktischer wäre, heisst es bei der Migros, das sei «zurzeit kein Thema».
Um die Unsicherheit zu umgehen, welcher Käse denn nun welches Lab enthält, gäbe es eine einfache Lösung: das V-Label. Das Vegetarier-Logo ist in ganz Europa verbreitet. Bei Migros und Coop findet es sich etwa auf den Fleischersatz-Produkten Sojaline, Cornatur und Délicorn.
Weichkäse: Meist mit mikrobiellem Lab
Eine Kennzeichnung von Käse mit dem V-Label sehen aber beide Grossverteiler nicht vor. Die wenig plausible Begründung von Coop: «Um ständige Etikettenwechsel oder Fehldeklarationen zu vermeiden.»
Als grobe Faustregel gilt: Alle Frisch- und viele Weichkäse sind in der Regel mit mikrobiellem Lab hergestellt. Länger gelagerter Käse ist fast immer mit Kälberlab produziert. Das gilt speziell für Sorten, die auf traditionellen Rezepten beruhen: Gruyère, Appenzeller, Emmentaler und Tête de Moine.
Die Sortenorganisation Gruyère verpflichtet ihre Käseproduzenten sogar, Kälberlab zu verwenden: «Denn es ist die natürliche und historische Form, um Käse herzustellen», begründet Direktor Philippe Bardet die Vorgabe. Auch bei den Bio-Käsern verzichten die wenigsten auf das Enzym aus Kälbermägen. Für sie ist es ein einwandfreies Naturprodukt.
Esther Diener-Morscher