Thomas Steudten aus Steinhausen ZG verlangte nach einer ambulanten Behandlung im Kantonsspital Aarau eine Kopie der Rechnung. Er prüfte sie und entdeckte falsche Positionen (K-Tipp 8/2018). Er war am 4. Oktober 2017 für eine rund fünfminütige Vorbesprechung beim Narkosearzt. Auf der Rechnung summierten sich jedoch 15 Minuten für eine Konsultation. Und die Position «Vorbesprechung diagnostischer/therapeutischer Eingriffe mit Patienten durch den Facharzt, pro 5 Min.» war acht Mal aufgeführt. So wurden aus 5 fälschlicherweise 55 Minuten (siehe unten ). Die Rechnung war deshalb fast 140 Franken zu hoch.
Ambulante Behandlungen in Arztpraxen und Spitälern werden mit dem Tarmed-Tarif abgerechnet. Fallpauschalen gibt es nur bei stationären Behandlungen in Spitälern. Der Tarmed-Tarif regelt, für welche Leistung ein Arzt wie viele Taxpunkte in Rechnung stellen darf. Es gibt rund 4600 Positionen. Der Taxpunktwert ist kantonal unterschiedlich und liegt zurzeit zwischen 82 (LU, VS und ZG) und 98 (JU) Rappen. Auf der Rechnung sieht man ihn unter der Abkürzung TPW AL und TPW TL (siehe unten).
Zu den Rechnungspositionen im Einzelnen:
Konsultationsdauer: Dazu erhält der K-Tipp die meisten Reklamationen. Unter die Konsultationsdauer fallen gewöhnliche ärztliche Besprechungen und Untersuchungen. Sie wird in 5-minütigen Zeitintervallen angegeben. Eine Konsultation beginnt mit der Begrüssung durch den Arzt und endet mit der Verabschiedung – inklusive allfälliger Begleitung zu einer Hilfsperson und deren Instruktion. Eine unmittelbar vor der Konsultation erfolgte Akteneinsicht und sofort danach gemachte Einträge zählen auch dazu. Beispiel: Dauert der Termin beim Arzt zwischen 6 und 10 Minuten, darf der Arzt einmal «Konsultation, erste 5 Min.» und «Konsultation, letzte 5 Min.» in Rechnung stellen. Seit diesem Jahr müssen auch Untersuchungen durch den Facharzt in 5-Minuten-Schritten abgerechnet werden.
Leistungen in Abwesenheit: Dafür gibt es seit Anfang 2018 mehrere neue Positionen. Sie sollen aufzeigen, was der Arzt gemacht hat. Es gibt etwa die Position «Aktenstudium in Abwesenheit des Patienten pro 1 Min.» und «Besprechung mit Therapeuten und Betreuern des Patienten pro 1 Min.». Für solche Positionen dürfen die Ärzte gemäss Tarmed höchstens 30 Minuten pro 3 Monate pro Patient in Rechnung stellen – in Ausnahmefällen 60 Minuten.
Die Position Konsiliarische Beratung kann auch Leistungen in Abwesenheit beinhalten. Sie kommt zur Anwendung, wenn ein Facharzt wie ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt eine Zweitmeinung bei einem anderen Arzt einholt. Darunter fallen neben der Befragung und Untersuchung des Patienten auch das Studium der Patientenakten, die Befragung Dritter, die Dokumentation und der schriftliche Bericht an den zu beratenden Arzt.
Wem im Spital zum Beispiel das Handgelenk geröntgt wird, der zahlt neben der «Grundkonsultation/Betriebsstelle Radiologie im Spital» jede Aufnahme einzeln. Denn es gibt die Positionen Röntgen: Handgelenk, erste Aufnahme und Röntgen: Handgelenk, jede weitere Aufnahme. Die Anzahl lässt sich überprüfen: Patienten haben Anspruch auf die Originalaufnahmen. Die zuoberst aufgeführte Position «Nicht formalisierter Bericht, 11 bis 35 Zeilen» kann der Arzt in Rechnung stellen, wenn er Befund, Diagnose und Therapien sowie Prognose über den Heilungsverlauf notiert.
Nichtärztliche Betreuung: Wird man im Spital vom Pflegepersonal betreut, erscheint das zum Beispiel mit «Nichtärztliche Betreuung in der chirurgischen/medizinischen Tagesklinik, ambulanter Patient, erste 60 Min.». Die Zeit im Wartezimmer gehört hier nicht dazu. Die Position beinhaltet Operationsvorbereitung, Medikamentenabgabe, Information und Anweisungen an den Patienten, Wundpflege, Überwachung sowie Pflege. Laut Tarmed darf die Position berechnet werden, bis der Patient nach der Operation wieder bei Bewusstsein ist, selber atmen und sich bewegen kann.
Medikamente: Um zu prüfen, ob sie richtig abgerechnet wurden, sollte man die leeren Packungen aufbewahren. Die Packungsgrösse ist in der Rechnung ersichtlich.
Patientendossier: Patienten können vom Arzt eine Kopie ihres Patientendossiers verlangen und mit der Rechnung vergleichen.
Ein Computerprogramm mit allen Tarmed-Tarifpositionen gibts auf www.fmh.ch } Tarmed } Tarmed-Browser
Falsche Rechnung erhalten: So gehen Sie vor
Jeder Patient hat das Recht auf eine Rechnungskopie vom Spital oder dem Arzt. Wer Fehler in der Rechnung vermutet, sollte zunächst den Arzt darauf ansprechen.
War die Reklamation nicht erfolgreich, können sich die Patienten an die Krankenkasse wenden. Hat die Kasse den strittigen Betrag schon bezahlt, kann laut Gesetz nur sie den Betrag zurückfordern.