Bei den meisten Elektrizitätswerken kann man Strom aus erneuerbaren Energien bestellen. Umweltfreundlich ist der lokale Solarstrom. Die Elektrizitätswerke bitten ihre Kunden dafür aber kräftig zur Kasse.
So verlangt etwa das Stadtwerk Winterthur für regionalen Solarstrom 17,49 Rappen pro Kilowattstunde. Das billigste Stromprodukt aus Wasserkraft und der lokalen Kehrichtverwertungsanlage kostet dagegen nur 7,89 Rappen pro Kilowattstunde (kWh). Die Mehrkosten für Solarstrom betragen für einen durchschnittlichen Winterthurer 4-Personen-Haushalt also rund 430 Franken pro Jahr. In der Stadt Luzern beträgt der Aufpreis 630 Franken. Und in Basel legt eine Familie sogar 1755 Franken drauf, wenn sie 100 Prozent lokalen Solarstrom bezieht.
Grösste Differenz in Basel und Luzern
Eine K-Tipp-Stichprobe bei zehn Elektrizitätswerken zeigt: Im Durchschnitt verlangen die Stromversorger für den lokalen Solarstrom von Kunden doppelt so viel wie für das billigste Stromprodukt. Private, die eine eigene Solaranlage installieren und den Strom ins Netz speisen, profitieren davon allerdings kaum. Das zeigt ein Vergleich des Einkaufs- und des Verkaufspreises von Solarstrom (siehe Tabelle im PDF).
Am grössten ist die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis bei den Werken von Basel und Luzern. In Basel zahlen die industriellen Werke dem Produzenten 13 Rappen pro kWh und verlangen vom Abnehmer 47 Rappen. Differenz: 34 Rappen. Grund dafür seien vertragliche Verpflichtungen zum Bezug von Solarstrom aus älteren und teureren Anlagen, schreiben die Basler Werke. Der Solarstrom aus Anlagen, die mit 13 Rappen vergütet werden, fliesse in günstigere Mischstromprodukte. In Luzern beträgt die Differenz knapp 13 Rappen.
Am wenigsten Geld für ihren Solarstrom erhalten die Produzenten in der Stadt Zürich – 7,91 Rappen pro kWh. Die Bernischen Kraftwerke (BKW) zahlten im vergangenen Jahr 14 Rappen pro kWh. Doch seit Anfang 2022 reduzieren auch sie den Abnahmepreis.
Das zeigt der Fall von Rita Götschmann aus Worb BE. Sie liess 1993 ihre erste Solaranlage installieren. «Ich wollte etwas für die Umwelt tun», sagt die Logopädin. Heute hat sie drei Solaranlagen, die zu Spitzenzeiten 19 Kilowatt Strom produzieren. Ihren Strom kann sie nur an die BKW verkaufen. Wie viel sie dafür erhält, weiss Götschmann immer erst im Nachhinein. Die BKW legen die Vergütung alle drei Monate rückwirkend fest. Vorher bekannt ist nur eine Sockelvergütung für den ökologischen Mehrwert des Solarstroms. Dieser betrug bis Ende letzten Jahres 4,5 Rappen pro kWh. Götschmann muss mit ihrem Strom mindestens 12 Rappen einnehmen, damit ihre Anlagen nicht defizitär sind.
«Ich fühle mich veräppelt»
2021 kam Götschmann mit ihren Anlagen finanziell über die Runden. Dies aber nur, weil im Dezember ein Viertel der französischen Atomkraftwerke wegen Revisionen stillstand und der Strompreis europaweit in die Höhe schoss – bis es den BKW zu teuer wurde: Seit Anfang Jahr vergütet der Stromversorger Götschmann nur noch 1 Rappen pro kWH für den ökologischen Mehrwert.
«Die BKW schieben das Risiko von schwankenden Strompreisen auf kleine Produzenten», ärgert sich die Bernerin. «Jetzt könnten wir einmal von einem Mangel an Strom profitieren – doch die BKW kürzen die Sockelvergütung. Ich fühle mich veräppelt.»
Die BKW rechtfertigen die Reduktion damit, sie hätten den Solaranlagenbetreibern in den vergangenen Jahren «freiwillig» mehr als den Marktpreis bezahlt. Jetzt sei das «nicht mehr notwendig», da sich der internationale Strompreis erhöht habe.
Höhere Vergütungen wären möglich
Der Verband unabhängiger Energieerzeuger kritisiert diese Haltung. Viele Privathaushalte würden nicht in Solaranlagen investieren, weil die Elektrizitätswerke keine verlässlichen Vergütungen festlegen («Saldo» 15/2021). Doch mehr Solaranlagen wären dringend nötig, falls die Schweiz ihre Ziele erreichen will: Im Jahr 2050 sollen nach dem Willen des Bundesrats 40 Prozent des produzierten Stroms von Solaranlagen stammen. 2020 waren es gerade mal 3,7 Prozent.
Geld für höhere Vergütungen für die Produzenten von Solarstrom wäre vorhanden. Denn die Versorger erzielen grosse Gewinne. Allein die vier grossen Elektrizitätswerke der Kantone Bern und Zürich sowie der Städte Basel und Zürich erwirtschafteten 2020 einen Betriebsgewinn von 700 Millionen Franken.