Nach einer Zehenamputation musste Ernst Winkler (Name geändert) aus Rüti ZH einmal wöchentlich zur Wundpflege ins Universitätsspital Zürich. Wenn immer möglich fuhren ihn Familienangehörige dorthin. Ging das nicht, liess er sich mit dem Rotkreuz-Fahrdienst bringen. Der über 80-Jährige konnte seit der Amputation kaum mehr gehen.
Als Winkler die Quittungen für die Rotkreuzfahrten seiner Krankenkasse Atupri einschickte, lehnte diese eine Kostenübernahme ab. Die Begründung: Der Rotkreuz-Fahrdienst sei kein kantonal zugelassenes Unternehmen für Krankentransporte. Zudem bestehe kein Vertrag mit der Krankenversicherung.
Gebhard Eugster, Jurist und Experte für Krankenversicherungen, widerspricht: «Nach bisheriger Rechtsprechung wird keine kantonale Zulassung für Krankentransporte verlangt.» Gemäss Bundesgericht kann auch ein Taxi «ein für den Krankentransport angemessenes Transportmittel» sein. Laut Eugster müsste sich Atupri an den Kosten der Rotkreuzfahrten beteiligen.
Eine K-Tipp-Umfrage bei zehn Krankenkassen (Assura, Concordia, CSS, EGK, Groupe Mutuel, Helsana, KPT, Sanitas, Sympany Visana) zeigt: Sie übernehmen für medizinisch notwendige Rotkreuzfahrten im Rahmen der Grundversicherung 50 Prozent oder maximal 500 Franken pro Jahr. Voraussetzung: Der Patient ist krankheitsbedingt nicht in der Lage, selbständig mit einem Privatfahrzeug oder dem öffentlichen Verkehr zum Arzt oder ins Spital zu gelangen. Einige Kassen verlangen ein entsprechendes Arztzeugnis.
Der Leiter Bereich Leistungen von Aturpi, Jonathan Städeli, räumt auf Anfrage ein, dass es nicht auf das Vorliegen eines Tarifvertrages ankommt. Atupri halte jedoch daran fest, dass nur die Kosten für Fahrten mit kantonal zugelassenen Krankentransportdiensten übernommen werden.
Patienten tragen Grossteil der Kosten
Bei Notfalleinsätzen der Ambulanz zahlt die Krankenkasse 50 Prozent der Transportkosten und maximal 5000 Franken pro Jahr. Befindet sich der Patient nicht in einer lebensbedrohlichen Lage, werden für Krankentransporte nur 500 Franken pro Jahr vergütet. Einen grossen Teil der Kosten müssen die Patienten somit selber tragen, wenn sie keine Zusatzversicherung mit höherer Kostenbeteiligung haben. Bei Unfällen springt die Unfallversicherung ein.
Der Preisüberwacher hat die Tarife von Krankentransporten in der Schweiz für einen Einsatz von 70 Minuten und eine Fahrstrecke von 50 Kilometern untersucht. Resultat: Ein Krankentransport auf Vorbestellung kostet im teuersten Kanton (Rettungsdienst Appenzell Innerrhoden) mit 990 Franken mehr als dreimal so viel wie im günstigsten mit 295 Franken (SRS Medical GmbH, St. Gallen).
Auch innerhalb derselben Stadt gibt es Unterschiede. So kostet ein Krankentransport in der Stadt Zürich (bis 10 km) bei der SRS Medical GmbH 395 Franken, bei der EuroMedTrans GmbH 330 Franken und bei der TransMedical GmbH 282 Franken für die erste Stunde – und für jede angebrochene weitere Viertelstunde 50 Franken. Bei Schutz & Rettung Zürich und der Intermedic AG zahlt man Fr. 257.60.
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