Ein Mann beschwerte sich bei der kantonalen Schlichtungsstelle für Diskriminierungsfragen Basel-Stadt. Er habe sich auf eine 50-Prozent-Stelle beworben und eine Absage erhalten. Begründung: Die Stelle sei für eine Frau vorgesehen, die wegen familiärer Verpflichtungen nicht Vollzeit arbeiten könne. Die Schlichtungsstelle erachtete dies als verbotene Diskriminierung. Schliesslich einigten sich die Parteien Ende Januar 2017 auf einen Vergleich: Der Mann erhielt eine Entschädigung von 750 Franken.
Eine Steuerberaterin aus dem Kanton Zürich erhielt nach ihrem Mutterschaftsurlaub die Kündigung. In der schriftlichen Begründung hiess es, sie habe sich nicht an die Vorgaben des Vorgesetzten gehalten. Doch dieser war in der fraglichen Zeit gar nicht im Betrieb. Zudem hatte ihr Vorgesetzter bei der Kündigung laut Gesprächsprotokoll gesagt: «Es wird immer wieder festgestellt, dass werdende oder neue Mütter plötzlich ihre Rollen und ihre Interessen vollständig ändern. Dass das Interesse für den Job wegfällt.» Die Entlassene wandte sich an die zuständige Schlichtungsbehörde. Diese erachtete die Aussagen der Frau als glaubhaft. Der Arbeitgeber hätte die Frau bei mangelhafter Arbeit zuerst verwarnen müssen. Die Parteien einigten sich im März 2016 auf eine Entschädigung von 19 000 Franken.
Seit mehr als 20 Jahren ist es Betrieben gesetzlich verboten, jemanden aufgrund des Geschlechts zu diskriminieren. Das kann bei der Besetzung einer Stelle, bei der Aufgabenverteilung, beim Lohn, bei Beförderungen oder bei einer Kündigung der Fall sein. Auch sexuelle Belästigung gilt als diskriminierend. Das Gleichstellungsgesetz von 1995 schützt sowohl Männer als auch Frauen vor Benachteiligung.
Laut Gesetz können Entlassene bei einer Diskriminierung bis zu sechs Monatslöhne als Entschädigung verlangen. Doch in der Realität erhalten sie meistens deutlich weniger: Im Durchschnitt beträgt die Entschädigung bei diskriminierenden Kündigungen rund drei Monatslöhne. Das zeigt eine Studie der Universität Genf. Die Forscher werteten dafür knapp 200 Schlichtungsprotokolle und Urteile zum Gleichstellunggesetz aus den Jahren 2004 bis 2015 aus. In rund 86 Prozent der Fälle waren es Frauen, die klagten.
Das Gleichstellungsgesetz sieht eine sogenannte Beweislasterleichterung vor. Das heisst: Betroffene müssen eine Diskriminierung nicht beweisen, sondern nur glaubhaft machen können. Damit sollen sie leichter zu ihrem Recht kommen. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass es einen sachlichen Grund für sein Vorgehen gab. Stossend: Die Gerichte wenden die Beweislasterleichterung laut Genfer Studie nicht immer an – obwohl sie müssten. Das Gesetz sei selbst bei Richtern zu wenig bekannt.
Erste Anlaufstelle für Angestellte ist die kantonale Schlichtungsbehörde. Dort können sie sich beraten lassen und eine Klage einreichen. Erzielt die Behörde keine Einigung, ist das Gericht zuständig. Das Verfahren ist kostenlos.
Mehr als die Hälfte der Klagen ohne Erfolg
Es besteht trotzdem ein finanzielles Risiko: Der Verlierer muss der Gegenpartei allenfalls eine Parteientschädigung bezahlen. Laut der Genfer Studie waren die Kläger nur in knapp 40 Prozent der Fälle erfolgreich.
Wer noch angestellt ist und sich gegen eine Diskriminierung wehrt, profitiert von einem speziellen Kündigungsschutz: Der Arbeitgeber darf dem Angestellten ab dem Zeitpunkt der Beschwerde bis sechs Monate nach Beendigung des Verfahrens nicht kündigen. Angestellte sollten die betriebsinterne Beschwerde belegen können – entweder mit Zeugen oder schriftlich. Entlassene können die Kündigung bis zum Ende der Kündigungsfrist schriftlich anfechten. Geht der Fall vor Gericht, so kann dieses eine Weiterbeschäftigung anordnen. So hob etwa das Obergericht Zürich im Jahr 2011 die Freistellung einer Kaderfrau auf, die wegen ihrer Schwangerschaft nicht mehr arbeiten durfte.
E-Mails, Briefe und Protokolle aufbewahren
Verlangen Sie vom Arbeitgeber eine schriftliche Begründung.
Dokumentieren Sie diskriminierende Vorkommnisse. Bewahren Sie alle E-Mails, Briefe und Gesprächsprotokolle auf.
Eine schriftliche Einsprache gegen die Kündigung muss spätestens am Ende der Kündigungsfrist beim Arbeitgeber eintreffen. Aus Beweisgründen sollte man die Einsprache eingeschrieben schicken. Nicht das Datum des Poststempels ist massgebend, sondern das Datum des Empfangs.
Können Sie sich mit dem Arbeitgeber nicht über eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses einigen, müssen Sie die Klage auf Entschädigung innert 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Schlichtungsbehörde einreichen. Die maximale Entschädigung bei missbräuchlicher Kündigung beträgt sechs Monatslöhne.
Die zuständige kantonale Schlichtungsstelle ist zu finden auf Gleichstellungsgesetz.ch ! Verfahrensabläufe. Sie erteilt auch kostenlose Auskünfte.