Die Äpfel fallen im Coop, im Globus und in der Migros auf. Jede Frucht glänzt makellos, hat die gleiche rosarote Farbe und trägt einen Herzsticker mit der Aufschrift «Pink Lady».
Auffällig ist auch der Preis: Die «Pink-Lady»-Äpfel aus der Schweiz kosten pro Kilo zwischen Fr. 4.95 (Coop und Migros) und Fr. 8.50 (Globus). Damit gehören sie zu den teuersten Äpfeln aus konventioneller Produktion. Grund für den hohen Preis: «Pink Lady» ist der erste Apfel, der weltweit zu einem teuren Markenprodukt gemacht wurde.
Mit Lizenzen werden Preise hoch gehalten
Das Prinzip dahinter: Eine Obstbaufirma bringt eine neue Apfelzüchtung auf den Markt und lässt für die Früchte einen eingängigen Markennamen wie «Pink Lady» schützen. Die Firma lockt dann Bauern zur Anpflanzung dieser Sorte mit einem höheren Verdienst als bei Standardäpfeln. Dafür müssen die Bauern eine Lizenz erwerben und dürfen die Früchte nur dem Lizenzgeber verkaufen. Dieser bestimmt allein, wie viele Äpfel in welcher Grösse und Farbe in die Läden gelangen. Auf diese Weise wird der Preis für die «Pink-Lady»-Äpfel künstlich hochgehalten.
Die Markenrechte für «Pink Lady» gehören der australischen Firma Apple and Pear Australia Ltd. Partnerfirmen vertreiben die Äpfel in 80 Ländern. In der Schweiz ist die Tobi Seeobst AG aus Bischofszell TG dafür zuständig. Das Unternehmen warb mit Models wie der Ex-Miss-Schweiz Kerstin Cook für die Äpfel. Es war auch Sponsor des Fussballklubs Servette Genf.
«Pink-Lady-Äpfel» aus Schweizer Produktion gibt es nur in den Regalen von Grossverteilern. Bauern dürfen die Früchte nicht auf Märkten oder in Hofläden verkaufen. Das verbietet ihnen der Lizenzgeber. «Auf diese Weise lässt sich die gesamte Wertschöpfungskette kontrollieren – von der Anpflanzung der Obstbäume bis zum Verkaufspreis in den ausgesuchten Läden», kommentiert Beatrice Rüttimann vom Schweizer Obstverband.
Im Klartext: Wer die Markenrechte an «Pink-Lady» hat, bestimmt die Regeln und verdient an jedem verkauften Apfel.
K-Tipp-Recherchen zeigen: Obstbauern erhalten aktuell für ein Kilo«Pink Lady» rund Fr. 1.30. Der Rest des Verkaufspreises von bis zu Fr. 8.50 pro Kilo geht an die Lizenznehmer und die Läden. Zum Vergleich: Für ein Kilo konventionelle Gala-Äpfel – der meistverkauften Apfelsorte in der Schweiz – bekommt der Bauer Fr. 1.10. Bei Coop und Migros kostet ein Kilo zurzeit Fr. 3.30.
Markenäpfel sind fast einen Drittel teurer
«Pink Lady» ist der bekannteste Markenapfel. Es gibt jedoch weitere Beispiele – mit Namen wie «Jazz» oder «Diwa». Laut dem Bundesamt für Landwirtschaft ist fast jeder siebte verkaufte Apfel ein solches Marketingprodukt. In den Läden sind diese Markenäpfel im Durchschnitt fast einen Drittel teurer als klassische Sorten wie Gala, Braeburn und Golden Delicious. «Ältere Sorten werden durch die neuen Markenäpfel allmählich ersetzt», beobachtet Samuel Cia von der Bundesforschungsanstalt Agroscope.
Ältere Apfelsorten sind gesünder
Ältere Apfelsorten sind oft gesünder als Neuzüchtungen. Das geht aus einem Test der Zeitschrift «Gesundheitstipp» hervor (Ausgabe 9/2012).
Der «Gesundheitstipp» untersuchte die Äpfel auf ihren Polyphenol- Gehalt. Dieser Stoff gilt als besonders gesund, weil er die Abwehrkräfte stärken sowie gegen Herz- und Kreislaufkrankheiten, Allergien und chronische Leiden wie Rheuma helfen kann.
Fazit des Labortests: Am meisten Polyphenole enthielten die traditionellen Sorten Boskop, Fuji, Jonathan, Maigold, Topaz, Gala und die Mostäpfelsorten Beffert- und Bohnapfel.
Im Mai 2018 liess auch die ZDF-Sendung «Frontal» traditionelle Apfelsorten wie zum Beispiel Boskop auf Polyphenole untersuchen. Das beauftragte Labor kam zum gleichen Schluss: «Das Ergebnis ist eindeutig: Alte Apfelsorten sind oft gesünder.»