Vor Jahren installierte Jürg Lipps in seinem Haus in Brügg BE eine Solaranlage. Heute zahlt ihm der Energieversorger Energie Seeland für den ins Netz eingespeisten Strom nur noch 13 Rappen pro Kilowattstunde (kWh). Umgekehrt verlangt das Energiewerk für den gelieferten Strom 17,7 Rappen. Energie Seeland zahlt den privaten Solarstromlieferanten im nächsten Jahr 30 Prozent weniger als bisher. Seine Strompreise senkt der Versorger aber nur um 20 Prozent.
Energie Seeland ist nicht der einzige Stromanbieter, der Solaranlagenbetreiber bestraft. Auch bei den meisten anderen Elektrizitätsfirmen bleibt der Strombezug für die Kunden teuer: Im Durchschnitt sinken die Preise im nächsten Jahr um rund 10 Prozent. Nach den hohen Aufschlägen in den letzten Jahren und den heute tiefen Preisen auf dem internationalen Markt ist das wenig.
Strompreis steigt teils um mehr als 90 Prozent
Ein K-Tipp-Preisvergleich zeigte kürzlich: Bei 34 von 40 Stromversorgern bezahlen die Haushalte 2025 für ihren Strom 25 bis 93 Prozent mehr als 2022. Dabei stieg der Handelspreis an den europäischen Strombörsen lediglich um 17 Prozent (K-Tipp 15/2024).
Ganz anders sieht es bei den Strompreisen aus, welche die Firmen den privaten Produzenten von Solarstrom vergüten. Diese Tarife senken die Unternehmen durchschnittlich um 25 Prozent, wie der Verband unabhängiger Energieerzeuger berechnete.
Kunden, die gleichzeitig Strom beziehen und liefern, sind doppelt bestraft: Sie zahlen nach wie vor hohe Strompreise, erhalten aber für den von ihnen gelieferten Strom viel weniger. Energie Seeland schreibt dem K-Tipp, man bezahle im Einkauf nach wie vor viel Geld für den Strom. Der Solarstrom sei immer weniger wert, weil er so unregelmässig anfalle.
Einige Stromversorger senken ihre Solarstromvergütungen sogar noch viel extremer als Energie Seeland:
- Die Aargauer AEW Energie senkt den Strompreis für Kunden auf 15,1 Rappen pro kWh. Den Solarstromproduzenten vergütet AEW rund 7 Rappen weniger – nur noch 8,2 Rappen.
- Die Zuger WWZ senken den Preis auf 13,6 Rappen. Doch gleichzeitig fahren sie die Einspeisevergütung von rund 18 auf 11 Rappen zurück.
- Die tiefsten Preise für Solarstrom bezahlen die Berner BKW und die Zentralschweizer CKW. Die beiden Firmen rechnen mit Referenzmarktpreisen. Diese wechseln vier Mal im Jahr und liegen zurzeit bei 4 bis 5 Rappen. Umgekehrt verlangen die BKW 2025 für ihren Strom 11,4 Rappen – nur einen halben Rappen weniger als bisher. Die CKW senken den Strompreis immerhin von 15,3 auf 8,5 Rappen. Stromproduzenten wie Jürg Lipps fürchten, dass sie ihre Anlagen mit den neuen tiefen Einspeisevergütungen nie werden gewinnbringend betreiben können. Die BKW schreiben dem K-Tipp, man habe in den letzten fünf Jahren eine mittlere Vergütung von 14 Rappen pro kWh bezahlt: «Wer vor mehreren Jahren in eine Solaranlage investierte, erhielt im Durchschnitt eine Vergütung, die für eine Amortisation reichen sollte.» Die Städte Basel und Bern beweisen, dass es durchaus möglich ist, Solarstrom zu einem hohen Preis zu vergüten und den Bezügern zugleich tiefe Strompreise anzubieten:
- Die Industriellen Werke Basel bezahlen 14 Rappen pro kWh eingespeiste Solarenergie – und garantieren diesen Preis für die nächsten zwölf Jahre. Wer Strom bezieht, bezahlt nur knapp 11 Rappen.
- Auch die Energie Wasser Bern (EWB) zahlt hohe Preise für Solarstrom: Im kommenden Jahr sind es 14,8 Rappen. Die EWB zahlt den Haushalten denselben Preis, den das Unternehmen von seinen Kunden für Solarstrom verlangt. Strom aus anderen Quellen verkauft die EWB sogar noch etwas günstiger.
- Das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich zahlt knapp 8 Rappen Einspeisevergütung. Das ist nicht fürstlich – doch dafür kostet der Strom auch wenig, nämlich ebenfalls nur knapp 8 Rappen.
So lässt sich die Solaranlage am rentabelsten betreiben
- Wer Solarstrom produziert, sollte den eigenen Strom dann verbrauchen, wenn er anfällt. Also möglichst tagsüber den Boiler aufheizen, die Wärmepumpe betreiben, das Elektroauto laden, den Geschirrspüler und die Waschmaschine benutzen. Je mehr Strom selbst genutzt wird, desto rentabler ist die Solaranlage.
- Die meisten Elektrizitätswerke zahlen mehr für Strom, wenn man einen Herkunftsnachweis besitzt. Dieses elektronische Dokument bescheinigt, dass es sich um Solarstrom handelt. Erhältlich ist das Dokument auf Pronovo.ch.