Dachziegel aus Ton müssen in der Regel nach 60 bis 80 Jahren ersetzt werden. Hausbesitzer können die Erneuerung zum Anlass nehmen, das eigene Dach zum Kraftwerk zu machen.
Seit ein paar Jahren gibt es Solardachziegel, die sich auf der bestehenden Holzlattung wie klassische Tonziegel verlegen lassen. Alte und neue Ziegel fügen sich problemlos ineinander. Dadurch kann auch nur ein Teil eines Dachs mit Solarziegeln gedeckt werden – Alt und Neu liegt dann direkt nebeneinander.
Ein Vorteil von Solarziegeln: Teure Anpassungsarbeiten entfallen. Bei der Montage herkömmlicher Photovoltaikmodule (auch Solarpanels genannt) sind Spenglerarbeiten, zum Beispiel am Dachabschluss, unumgänglich.
Auch punkto Statik muss man sich mit Solardachziegeln keine Sorgen machen: Sie wiegen etwa gleich viel wie Tonziegel. Nach 20 Jahren Betrieb soll die Leistung laut Hersteller noch bei ca. 80 Prozent liegen. Die Lebensdauer wird mit rund 40 Jahren angegeben.
Ein Segen für den Ortsbildschutz
Solarziegel fügen sich optisch harmonischer in eine bestehende Dachlandschaft ein als Solarpanels – das ist vor allem in Innenstädten oder Kernzonen von Bedeutung. Einige Hersteller fertigen Solarziegel sogar in Schiefer- oder Biberschwanzoptik und in unterschiedlichen Farbtönen. Das bietet sich besonders bei Häusern, die unter Denkmalschutz stehen, als Lösung an.
Konstanze Domhardt, Leiterin der Denkmalpflege Winterthur, sagt: «Solardachziegel erachten wir als eine sehr gute gestalterische Lösung für Dächer von Bauten im denkmalpflegerischen und ortsbildpflegerischen Interesse.» Der Schweizer Heimatschutz begrüsst es generell, «dass die Installation von Solaranlagen nicht nur als technische Aufgabe verstanden wird, sondern als Teil der Gesamtgestaltung von Gebäuden».
Doppelt so viel Fläche nötig wie für Panels
Solarziegel haben aber ihren Preis. Sie sind auf die Materialkosten bezogen etwa doppelt so teuer wie konventionelle Solarpanels (siehe Box rechts oben). Der Grund: «Für dieselbe Leistung der Solaranlage benötigt man fast doppelt so viel Dachfläche wie bei der Verwendung von Standard-Indachmodulen», heisst es auf der Internetseite der unabhängigen Beratungsplattform Energieheld Schweiz.
Die Solarziegel können von Dachdeckern verlegt werden. Jeder Ziegel hat ein Kabel, das mit dem nächsten Solarziegel auf der Unterseite – und damit im Trockenen – verbunden wird. Die nötigen elektrischen Anschlussarbeiten an den Wechselrichtern und das Stromnetz erledigt der Elektriker.
Für eine seriöse Planung braucht man zwei bis vier Monate. Das ist die Zeit, die zwischen den verschiedenen behördlichen Anträgen und der Übergabe der Photovoltaikanlage an den Besitzer vergehen dürfte. Weitere sechs bis zwölf Monate braucht es, um die staatlichen Fördermittel zu erhalten. Interessierte sollten vor der Planung und Installation einer Photovoltaikanlage mit Solarziegeln mit ihrer Gemeinde Kontakt aufnehmen, um die baurechtlichen Bestimmungen in Erfahrung zu bringen. Je nach Bauzone und Schutzwürdigkeit des Ortsbildes sind unterschiedliche Vorschriften möglich.
Lieferschwierigkeiten sind kein Thema
Lange Lieferzeiten sind bei Solardachziegeln und Solarmodulen offenbar kein Thema. Rudolf Gasser vom Schweizer Hersteller Gasser Ceramic zum Beispiel verspricht: «Die Ziegel und Module sind heute 15 bis 20 Werktage ab Bestellung bei unseren Dachdeckerkunden.»
Fördergelder senken Anschaffungskosten, Stromverkauf bringt Einnahmen
Solardachziegel gelten als Photovoltaikanlage. Solche PV-Anlagen werden staatlich gefördert. Für Kleinanlagen bis maximal 100 kWp erhält man etwa einen Viertel der Investitionskosten erstattet. Beispiel: Für eine 10-kWp-Anlage gibt es rund 5000 Franken Fördergelder bei Kosten von 20 000 Franken ohne Handwerkerarbeit.
Den Antrag muss man bei der Pronovo AG einreichen. Sie bearbeitet alle Gesuche. Das geht im Internet unter Pronovo.ch. Dort kann man auch den staatlichen Zustupf für die sogenannte «Einmalvergütung für kleine Photovoltaikanlagen» (KLEIV) berechnen lassen.
Laut Bundesamt für Energie stehen dieses Jahr 450 Millionen Franken an Fördergeldern zur Verfügung. «Die Einmalvergütung kann voraussichtlich für alle Anlagenbetreiber ausbezahlt werden, die ihr vollständiges Gesuch bis 31. Oktober 2022 einreichen», schreibt das Bundesamt. Auch gewisse Gemeinden sprechen Gelder.
Daneben haben PV-Anlagen steuerliche Vorteile: Installationskosten sind in allen Kantonen von der Steuer absetzbar (Ausnahmen: Graubünden und Luzern). Ist eine Anlage installiert, können private Produzenten eigenen Strom an ihr Elektrizitätswerk verkaufen. Die Vergütung dafür ist allerdings gering (K-Tipp 4/2022).
Solarpanels und Solarziegel im Vergleich
- 1 Quadratmeter mit konventionellen Solarpanels produziert etwa 200 kWh Strom pro Jahr.
- 1 Quadratmeter Solarziegel bringt 90 bis 120 kWh Ertrag pro Jahr. Die Nennleistung pro Ziegel liegt momentan bei rund 0,09 bis 0,12 kWp pro Quadratmeter. Normale Solarpanels bringen mit 0,2 kWp/m2 massiv mehr Ertrag.
- 1 Quadratmeter PV-Modul kostet rund 200 Franken. Je grösser die Anlage, desto geringer die Kosten.
- 1 Quadratmeter Solarziegeldach ist wesentlich teurer als ein Quadratmeter mit normalen Modulen: «Pro Quadratmeter werden Materialkosten in Höhe von rund 340 Franken fällig», schätzt die Internet-Beratungsplattform Energieheld Schweiz. Solarziegel von Schweizer Herstellern kosten zwischen 225 und 450 Franken pro Quadratmeter.