Solarstrom lohnt sich erst nach 18 Jahren
Eine Solaranlage auf dem Dach des Privathauses zu installieren setzt viel Idealismus voraus. Das merkt, wer nüchtern rechnet.
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K-Tipp 04/2013
27.02.2013
Letzte Aktualisierung:
29.04.2013
Gery Schwager
Billig ist die Sache nicht: 26 214 Franken soll die Installation der Solaranlage laut Voranschlag kosten, die Markus Fromm (Name geändert) auf dem Dach seines Einfamilienhauses in Domat/Ems GR betreiben möchte. Sie hat 6 Kilowatt (kW) Leistung und könnte jährlich im Durchschnitt 5640 Kilowattstunden (kWh) Sonnenstrom produzieren. Das entspricht ziemlich genau dem Elektrizitätsverbrauch von Fromms Haushalt.
«Zahlt sich die Installation der ...
Billig ist die Sache nicht: 26 214 Franken soll die Installation der Solaranlage laut Voranschlag kosten, die Markus Fromm (Name geändert) auf dem Dach seines Einfamilienhauses in Domat/Ems GR betreiben möchte. Sie hat 6 Kilowatt (kW) Leistung und könnte jährlich im Durchschnitt 5640 Kilowattstunden (kWh) Sonnenstrom produzieren. Das entspricht ziemlich genau dem Elektrizitätsverbrauch von Fromms Haushalt.
«Zahlt sich die Installation der Anlage aus?», wollte Fromm natürlich wissen – und begann zu rechnen:
- Der Preis ab Netz: Zunächst taxierte er, wie hoch die Kosten wären, wenn er auf die Solaranlage verzichtete und seinen Strom weiterhin beim örtlichen Versorger Rhiienergie bezöge. Resultat: Einen Strompreisanstieg von durchschnittlich rund 1,3 Prozent pro Jahr vorausgesetzt, zahlte Fromm bei einem jährlichen Verbrauch von 5640 kWh innert 10 Jahren 9915 Franken, innert 20 Jahren 21 218 und innert 30 Jahren 34 106 Franken.
- Das KEV-System: Beantragt Fromm für seine Anlage die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV), muss er von einer rund drei Jahre dauernden Wartezeit ausgehen. Die KEV wird aus einem Förder-topf ausgerichtet, den alle Schweizer Konsumenten über eine Abgabe auf dem Strompreis füllen.
Fromm würde im KEV-System seine gesamte Solarstromproduktion (5640 kWh pro Jahr) ins Netz einspeisen und dafür eine Vergütung von 33,2 Rappen pro kWh erhalten. So viel bekäme er auch schon während der Wartezeit – dank eines entsprechenden Förderprogramms von Rhiienergie. Den Strom für seinen Haushalt bezöge er ab Netz, und zwar zum normalen Tarif. Dieser liegt unter dem KEV-Niveau. Deshalb würde Fromm aus dem Geschäft von Stromeinspeisung und -bezug jedes Jahr durchschnittlich 450 Franken Gewinn machen. Unter dem Strich würde sich die Investition von 26 214 Franken in die Solaranlage so nach knapp 18 Jahren lohnen. Denn ohne Anlage hätte er für Strom schon gut 18 800 Franken ausgegeben. - Unsichere Zukunft: Kleine Solaranlagen bis 10 kW dürften allerdings bald nicht mehr mittels KEV gefördert werden, sondern neu durch einen einmaligen Beitrag von maximal 30 Prozent der Investitionskosten. Die entsprechende Vorlage hat im Parlament sehr gute Chancen, sodass die 30-Pro-zent-Regelung schon 2014 in Kraft treten könnte.
Für die Solarstromproduzenten würde dann auch das Eigenverbrauchsprinzip gelten. Sie müssten ihre Stromproduktion also nicht mehr vollumfänglich ins Netz einspeisen.
«Eine ernüchternde Bilanz»
Unter der 30-Prozent- Regelung würden sich Fromms Investitionskosten von 26 214 auf 18 350 Franken reduzieren. Er müsste aber trotz Eigenverbrauchsprinzip wohl rund 80 Prozent seiner Stromproduktion ins Netz einspeisen. Laut Swissolar, dem Schweizerischen Fachverband für Sonnenenergie, kann ein Privathaushalt ohne Batteriespeicher nämlich nur etwa 20 Prozent des eigenen Sonnenstroms selber konsumieren. Denn Solaranlagen erzeugen relativ viel Strom zu Zeiten, in denen Privathaushalte eher wenig brauchen.
Fromm bekäme die von ihm ins Netz eingespeiste Elektrizität zu einem Tarif vergütet, der tiefer ist als der Preis, den er für seinen Strombezug ab Netz zahlen müsste. Er schriebe deshalb jedes Jahr Verlust. Dieser wäre aber kleiner als die Stromkosten, die er ohne eigene Solaranlage zu bezahlen hätte. Deshalb lohnte sich die Anlage trotzdem – allerdings erst nach fast 36 Jahren.
«Das ist ernüchternd», zieht Fromm Bilanz. Ob er die Anlage dennoch realisiert, hat er noch nicht entschieden.
Die Einführung der 30-Prozent-Regelung droht Investitionen in kleine Solaranlagen eher zu bremsen, statt sie zu fördern. «Der Bund vertritt heute die Haltung, man könne die Fördergelder für klei-ne Solarstromproduzenten kürzen, weil man von ihnen mehr ideelles Engagement erwarten dürfe», so David Stickelberger, Geschäftsleiter von Swisssolar. «Mit der Einmalvergütung erhalten die kleinen Stromprodzenten zwar schneller, aber weniger Geld.» Und darum gehe es deutlich länger als mit der KEV, bis sich eine kleine Anlage auch wirtschaftlich lohne.
Unkomplizierte Anlage rentiert früher
Allzu schwarz will Stickelberger trotzdem nicht malen: Der Preis, zu dem Markus Fromm die 6-kW-Anlage offeriert bekommen habe, sei ziemlich hoch. Laut Swissolar kosten solche Anlagen in unkomplizierten Fällen zurzeit etwa 5000 Franken weniger. Und wenn man Fromms Rechnung mit Investitionskosten von 21 000 statt 26 214 Franken macht, zahlt sich die Anlage immerhin vier Jahre früher aus.
Ebenfalls verkürzen liesse sich die lange Amortisationsdauer, wenn kleine Solarstromhersteller ihre Elektrizität zum gleichen Preis ins Netz einspeisen könnten, zu dem sie Strom aus dem Netz beziehen. Swissolar fordert vehement, dass dieses Prinzip parallel zur 30-Prozent- Regelung eingeführt wird. Markus Fromms 26 000-Franken-Investition zum Beispiel würde sich damit schon nach 25 statt erst nach 36 Jahren lohnen.