Der Alltag ist heiss, laut und gefährlich. In Schweizer Wäschereien verunfallt fast jeden Tag ein Angestellter. Laut der Kommission für Arbeitssicherheit EKAS sind Stürze auf nassen Böden die häufigste Unfallursache. Viele leiden unter chronischen Krankheiten, hervorgerufen durch monotone Bügelarbeit. Diese Strapazen nehmen die Wäschereiangestellten zum Tiefstlohn auf sich – etwa bei Elis, einem französischen Textilserviceunternehmen.
Der Milliardenkonzern betreibt in der Schweiz 15 Grosswäschereien, unter anderem in Bad Ragaz, Zürich und Bern. Ein Angestellter erzählt K-Tipp: Er verdiene 3000 Franken netto pro Monat. «Wie soll man damit hier leben?»
Der Geschäftsführer von Elis Schweiz will zur Höhe der Löhne nichts sagen. Er schreibt dem K-Tipp lediglich: «Wir erfüllen die Vorgaben der Textilbranche und der Gesetzgebung.» Doch das Gesetz kennt keinen Mindestlohn, und es existiert auch kein nationaler Gesamtarbeitsvertrag für diese Branche. Der Branchenverband VTS bestätigt: Es gebe keine allgemeingültigen Mindestlöhne.
Einer der Grosskunden von Elis ist die Hirslanden-Gruppe. Hirslanden hat in den letzten Jahren alle 17 spitalinternen Wäschereien geschlossen. In 16 Fällen erhielt Elis den Zuschlag, seit Frühling macht Elis auch die Wäsche der Klinik Linde in Biel BE. In den Jahren davor bekamen Wäschereiangestellte den Spardruck immer mehr zu spüren. Eine davon ist Rosa Giuliani, 62 (Name geändert): «Wir mussten die gleiche Arbeit in immer kürzerer Zeit erledigen.»
Ärzte kassieren weiter Spitzenlöhne
Rosa Giuliani verdiente damals 4300 Franken brutto im Monat. Mit der Auslagerung stellte Hirslanden sie auf die Strasse. Jetzt findet sie keinen Job mehr, weil sie mit 62 niemand mehr anstellt. Heute muss sie sich mit 3000 Franken Arbeitslosengeld im Monat durchschlagen. Grössere Ausgaben, etwa für einen Zahnarztbesuch oder eine neue Brille, liegen nicht drin. Rosa Giuliani: «Wie ist so etwas möglich in der reichen Schweiz?»
Die Hirslanden-Gruppe begründet die Auslagerungen der Wäschereien damit, sie wolle die Wäsche möglichst fachgerecht und effizient waschen lassen. Unia-Sekretär Alain Zahler führte mit der Hirslanden Verhandlungen, als diese die Bieler Klinikwäscherei schloss. Er hat einen anderen Verdacht: «Hirslanden will damit sparen, und zwar auf Kosten der Schwächsten mit den tiefsten Löhnen.»
Nicht gespart wird in Hirslandenkliniken bei den Ärzten. Einzelne kassieren Spitzenhonorare von bis zu fünf Millionen Franken im Jahr, wie eine Lohnliste belegte, die die Sendung «Kassensturz» 2019 veröffentlichte. 2020 machte Hirslanden laut Handelszeitung einen Gewinn von 270 Millionen Franken.
Auch Kantons- und Unispitäler lagern aus
Hirslanden ist keine Ausnahme. Auch gewinnorientierte Altersheime wie die Tertianumgruppe und Senevita waschen in den meisten Häusern nicht mehr selber. Sogar öffentliche Spitäler schlossen in den letzten Jahren ihre spitalinternen Wäschereien reihenweise und lagerten sie an private aus. Darunter das Unispital Basel, die Kantonsspitäler Freiburg, Luzern und St. Gallen, die Ausserrhoder Spitäler, das Spital Emmental.
Verlierer von Auslagerungen sind die Angestellten: Das Lohnniveau in privaten Wäschereien liegt meist deutlich tiefer als bei Wäschereien, die öffentlichen Spitälern oder Altersheimen angegliedert sind. Grund: Angestellte von privaten Wäschereien stehen schutzlos da, wie der Fall von Milena Helbling (56, Name geändert) zeigt. Sie arbeitet seit 20 Jahren in einer kleinen privaten Wäscherei in der Ostschweiz: Immer noch im Stundenlohn für 21 Franken brutto. Die Ferienentschädigung ist bereits inbegriffen. Im Monat bekommt sie für ihr 50-Prozent-Pensum 1700 Franken ausbezahlt. Einen 13. Monatslohn gibts nicht. Die Arbeit fällt ihr zunehmend schwer, weil ihre Schulter ständig schmerzt. Zu lange steht sie schon am Bügelbrett, mit den immer gleichen Bewegungen. Milena Helbling sagt: «Ich mache die Arbeit gerne. Aber ich fühle mich ausgenutzt.»
Recherchen des K-Tipp zeigen: In privaten Wäschereien sind Löhne zwischen 3300 und 3600 Franken brutto normal. Das bestätigen mehrere Kaderleute der Branche im Gespräch mit K-Tipp.
Dabei ginge das auch anders. Die Zentralwäscherei Zürich etwa bezahlt mindestens 3850 Franken für ein Vollpensum. 85 Prozent der Angestellten verdienen gemäss Angaben des Geschäftsleiters Peter Gabathuler über 4000 Franken brutto. Die Zentralwäscherei Zürich gehört ihren Hauptkunden, der Stadt Zürich, dem Unispital Zürich und dem Kantonsspital Winterthur.
Das Unispital Genf wäscht intern, ihre Angestellten verdienen mindestens 4029 Franken. Auch das Kantonsspital Baselland wäscht selber und zahlt aktuell nur Löhne über 4200 Franken.
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