Bernhard Küng (Name geändert) aus Solothurn ist bei der CSS-Tochter Sanagate grundversichert. Er wählte das Sparmodell «Sanacall». So spart er gegenüber dem Standardmodell rund 530 Franken pro Jahr. Es handelt sich um ein Telmed-Modell, bei dem er vor einer Arztkonsultation in der Regel zuerst eine medizinische Hotline anrufen muss. Davon ausgenommen sind etwa Notfallbehandlungen oder Konsultationen beim Augenarzt.
Doch nun bereut der 58-jährige Solothurner, dass er dieses Sparmodell abgeschlossen hat. Grund: Küng erlitt Ende letzten Jahres einen Herzinfarkt. Er wurde notfallmässig ins Unispital Basel eingeliefert und musste sich einer Bypassoperation unterziehen. Das Spital organisierte für die Zeit danach einen Reha-Aufenthalt in der Klinik Barmelweid AG. Diese erhielt dafür von Sanagate eine Kostengutsprache.
Die Kasse beschloss dann trotzdem, dass Küng die rund 4000 Franken für die Reha selber zahlen müsse: Er habe nicht wie vorgesehen vorher bei Medgate angerufen. Im Vertrag heisst es: Der Versicherte «muss das Zentrum für Telemedizin spätestens innert 5 Arbeitstagen informieren, falls der Arzt eine weitere Konsultation, die Überweisung zu einem anderen Arzt oder die Einweisung in ein Spital vorschlägt.»
Küng ist entsetzt: «Ich war schwer krank und hatte anderes zu tun, als Telefonanrufe zu tätigen.» Er wehrt sich nun mit Hilfe seiner Anwältin gegen die Verfügung. Sanagate äusserte sich nicht zum laufenden Verfahren.
Nicht alle Kassen verweigern bei einem Regelverstoss die Leistungen (siehe Kasten). Versicherte sollten daher ein Modell wählen, bei dem die Behandlungskosten auch dann übernommen werden.
Sparmodelle: Diese Sanktionen drohen bei Regelverstössen
Die Versicherungsbedingungen der Gesellschaften zeigen, was passieren kann, wenn man die Regeln von Sparmodellen nicht beachtet. Nicht alle Krankenkassen bestrafen ihre Versicherten bei Regelverstössen. Die Praxis von zehn Kassen im Überblick.
Die Assura sieht vor, dass die versicherte Person «ihren Leistungsanspruch verliert», wenn sie gegen die Regeln verstösst. Eine Umteilung ins Standardmodell ist nicht vorgesehen. Eine Verwarnung erhalten die Versicherten nicht.
Im Kleingedruckten der Hausarztversicherung von Concordia heisst es: «Beanspruchen myDoc-Versicherte ausserhalb einer Notfallsituation direkt ambulante oder stationäre Behandlungen ohne vorherige Anweisung durch Ihren myDoc-Arzt, tragen sie sämtliche damit verbundenen Kosten selber.» Bei «wiederholtem reglementwidrigen Verhalten» könne Concordia den Versicherten aus dem Modell ausschliessen. Laut einer Sprecherin hat Concordia bisher keine Leistungen verweigert. Nach drei Verstössen erfolge der Ausschluss.
Die CSS und die Tochtergesellschaft Arcosana können bei einem Regelverstoss die Leistung verweigern. Laut einer Sprecherin von CSS und Arcosana werden Versicherte zuerst verwarnt. Die Kürzung beschränke sich auf 500 Franken pro Rechnung.
Die Groupe Mutuel kann bei «Supracare»-Versicherten die Leistung verweigern. Dies geschieht laut einem Sprecher ohne Vorwarnung. Bei den Versicherungen «Sanatel», «Calldoc» oder «Primapharma» ist eine Umteilung ins Standardmodell vorgesehen. Dies passiere erst nach «mehreren Mahnungen».
Die Helsana sagt, bei einem Regelverstoss könne sie Versicherte des Hausarztmodells «Benefit Plus» «unter Berücksichtigung der Verhältnismässigkeit» für mindestens 12 Monate aus dem Modell ausschliessen. Sie sei berechtigt, «Kosten für Leistungen nicht zu übernehmen, die nicht durch den koordinierten Leistungserbringer ausgeführt oder angeordnet wurden». Man kürze aber keine Leistungen. Versicherte würden nach einer Verwarnung ins Standardmodell umgeteilt.
Die Vertragsbedingungen von KPT und Swica sehen bei Regelverstössen eine Leistungskürzung um 50 Prozent und eine Umteilung ins Standardmodell vor. Die Swica kürzt laut einer Sprecherin keine Leistungen. Beim dritten Regelverstoss würden die Versicherten ins Standardmodell umgeteilt. Anders tönt es bei der KPT: Die Kunden würden beim ersten Verstoss schriftlich an das korrekte Vorgehen erinnert. Eine Kürzung erfolge ab dem zweiten Verstoss, ein Ausschluss nach dem dritten.
Die Sanitas sieht keine Leistungskürzungen vor. Sie teilt Versicherte nach einmaliger Mahnung ins Standardmodell um.
Die Visana reagiert auf Regelverstösse je nach Sparmodell unterschiedlich. Im Vertrag von «Med Call» steht, dass die Versicherten vor jeder Behandlung «telefonischen Kontakt» mit Medi24 aufnehmen müssen: «Verletzen die Versicherten ihre Mitwirkungspflichten, entfällt die Leistungspflicht für Behandlungskosten.» Auch die Modelle «Med Direct» und «Managed Care» haben solche Klauseln. Zudem kann die Visana Versicherte «in gravierenden Fällen» aus dem Sparmodell ausschliessen. Die Modelle «Tel doc» und «Tel care» sehen bei Verstössen lediglich einen Ausschluss vor. Laut einem Sprecher erfolgt die Leistungsverweigerung oder der Ausschluss beim zweiten Verstoss.