Spend es nicht per Telefon!
Telefonieren und gleichzeitig spenden: Mit diesem Angebot geht Profitel auf Kundenfang. Vom Spendengeld zwackt die Firma aber einiges ab.
Inhalt
K-Tipp 13/2006
23.08.2006
Raphaël Amrein, Bennie Koprio
Eine gute Tat, die Sie nichts kostet», so die Werbung. «Als Kunde von Pro?tel spenden Sie 10 Prozent Ihrer Telefonrechnung einer Hilfsorganisation Ihrer Wahl.»
Das hielt Martin Genter für eine gute Idee. Er wechselte von seinem Festnetz-Abo zu Pro?tel und setzte als Spendenempfänger den Jugendkultur?lm-Verein Linth in St.Gallenkappel ein. Aber: Von seiner Spende im Jahr 2005 hat der Filmclub bis heute nichts gesehen - das konnte Genter als Präsident des Vereins überprüfen....
Eine gute Tat, die Sie nichts kostet», so die Werbung. «Als Kunde von Pro?tel spenden Sie 10 Prozent Ihrer Telefonrechnung einer Hilfsorganisation Ihrer Wahl.»
Das hielt Martin Genter für eine gute Idee. Er wechselte von seinem Festnetz-Abo zu Pro?tel und setzte als Spendenempfänger den Jugendkultur?lm-Verein Linth in St.Gallenkappel ein. Aber: Von seiner Spende im Jahr 2005 hat der Filmclub bis heute nichts gesehen - das konnte Genter als Präsident des Vereins überprüfen.
Dazu die erstaunliche Auskunft von Pro?tel: Es hätten sich noch keine 100 Franken angesammelt. Erst danach, das heisst im darauffolgenden Quartal, werde der Betrag an den Verein überwiesen. Anders ausgedrückt: Die Pro?tel überweist die Spende erst, wenn der Kunde für über 1000 Franken telefoniert hat. Bei einem Festnetz-Tarif von 10 Rappen pro Minute entspricht dies 10 000 Minuten bzw. einem siebentägigen Dauertelefonat.
Doch auch nach diesem Plaudermarathon bekommt der Verein keine 100 Franken. Die Pro?tel zieht 50 Franken für Administratives ab. Und: Wechselt der Kunde zu einem anderen Anbieter, riskiert er, die ganze Spende zu verlieren. Ist der Betrag nämlich bei Vertragsauflösung nicht höher als 100 Franken, bleibt das Geld bei der Profitel.
Über all diese Hindernisse wird der Kunde vor Vertragsabschluss nicht aufgeklärt. Und wer nicht wie Martin Genter Einblick in die Finanzen des Empfänger-Vereins hat, der erfährt auch nie etwas.
«Spendenpolitik ist intransparent»
Roger Hürlimann, Geschäftsführer der Pro?tel, sagt dazu: Der Abzug für administrative Arbeiten sowie die 100-Franken-Limite seien «nicht für den Kunden relevant, sondern für die Vereine - deshalb erfährt der Kunde nichts davon». Laut Hürlimann überweist die Pro?tel mehrere hunderttausend Franken an Non-Pro?t-Organisationen. Genaue Zahlen will er jedoch nicht nennen.
Martina Ziegerer von der Fachstelle für Spenden sammelnde Organisationen (Zewo) kritisiert eine solche Spendenpolitik: «Sie ist intransparent.»
So erleben Sie keine bösen Überraschungen
Wer mit einer Spende anderen helfen und sich selber Ärger ersparen will, sollte ein paar Regeln beachten.
- Klären Sie ab, ob die Organisation transparent informiert. Das Gütesiegel der Stiftung Zewo bietet eine gewisse Gewähr für Seriosität: Die Mitglieder müssen Bilanzen und Tätigkeitsberichte offen legen und die Jahresrechnung von unabhängigen Revisoren prüfen lassen. Allerdings: Es gibt auch seriöse Organisationen, die nicht bei der Zewo sind.
- Lassen Sie sich nicht auf der Strasse oder an der Haustür zum Spenden drängen. Nehmen Sie sich Zeit und schauen Sie die Unterlagen der Organisation genau an.
- Vorsicht vor Spenden per Lastschriftverfahren (LSV)! Wer sich dazu überreden liess, einer Organisation per LSV periodisch vom Konto einen bestimmten Betrag zukommen zu lassen, kann dies jederzeit widerrufen.
- Übernehmen Sie keine Patenschaften für Einzelkinder. Laut Zewo werden Kinder oft zu Werbezwecken eingesetzt, eine Patenschaft kann im Umfeld des Kindes auch Neid wecken.
- Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um zu verhindern, dass Sie nach einer Spende mit Bettelbriefen eingedeckt werden. Zahlen Sie nämlich mit einem Zahlungsauftrag oder per E-Banking, teilen Banken und Post dem Hilfswerk Ihren Namen und Ihre Adresse mit. Diese Daten verwendet die Organisation zu Werbezwecken.
Gehen Sie jedoch zum Postschalter, müssen Sie auf dem Einzahlungsschein Ihre Identität nicht preisgeben. Anonym spenden können Sie auch im Internet: Zwar kann der Spender oft nur online bezahlen, wenn er die Felder für Name und Adresse ausfüllt; die Programme akzeptieren aber auch Begriffe wie «anonym» oder «Musterdorf».
Sie können von einem Hilfswerk auch schriftlich verlangen, Sie aus der Datenbank zu streichen. Bei einer Umfrage von K-Geld versicherten diesen Frühling alle angefragten Organisationen, dass sie solche Wünsche respektierten. Nachteil der anonymen Spende: Sie verfügen über keine Spendenbestätigung für die Steuern.
(ko)