Spital: Kleiner Notfall - horrende Rechnung
Das Zürcher Kinderspital verlangt von einer Familie aus Dubai für eine Kurzbehandlung über 10 000 Franken - ein spezieller Ausländertarif.
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K-Tipp 17/2006
18.10.2006
Vera Sohmer - vera.sohmer@ktipp.ch
So hatte sich Familie Jabri aus Dubai das Wochenende in Zürich nicht vorgestellt: Aufgekratzt vom langen Flug tobte die 5-jährige Sophia im Hotelzimmer herum und stiess sich den Kopf an. Das Kind lag bewusstlos am Boden. Diagnose in der Notaufnahme des Kinderspitals: leichte Gehirnerschütterung.
Der Arzt empfahl, Sophia solle vorsichtshalber eine Nacht zur Beobachtung im Spital bleiben. Die Eltern waren einverstanden, sie übernachteten im Krankenzimmer. Während der Nacht in d...
So hatte sich Familie Jabri aus Dubai das Wochenende in Zürich nicht vorgestellt: Aufgekratzt vom langen Flug tobte die 5-jährige Sophia im Hotelzimmer herum und stiess sich den Kopf an. Das Kind lag bewusstlos am Boden. Diagnose in der Notaufnahme des Kinderspitals: leichte Gehirnerschütterung.
Der Arzt empfahl, Sophia solle vorsichtshalber eine Nacht zur Beobachtung im Spital bleiben. Die Eltern waren einverstanden, sie übernachteten im Krankenzimmer. Während der Nacht in der allgemeinen Abteilung mass eine Krankenschwester regelmässig Sophias Blutdruck. Am Nachmittag des nächsten Tages konnte das Mädchen das Spital wieder verlassen.
Als die Spitalrechnung kam, traute Sophias Vater, Karim Jabri, seinen Augen nicht: Für den Kurzaufenthalt waren über 10 000 Franken verrechnet worden.
«Das ist unmöglich», schrieb Jabri dem Kinderspital. Seine Tochter sei weder eingehend untersucht worden, noch habe man ihr Medikamente gegeben. Auch war sie in einem Raum mit anderen Kindern untergebracht gewesen.
Das Kinderspital verrechnet aber tatsächlich solche Summen: Kommen Patienten aus Ländern ausserhalb des EU- und Efta-Raums und haben sie keinen Versicherungsnachweis, werden sie als Selbstzahler eingestuft.
Familie Jabri muss demnach für den Aufenthalt von Sophia zwei Tagestaxen von je 1069 Franken sowie eine Fallpauschale von 7892 Franken bezahlen. Das ist für die Jabris nicht nachvollziehbar.
«Für die Betroffenen ist das bitter», räumt Klinikdirektor Felix Sennhauser ein. Die selbstzahlenden Patienten würden jedoch darauf hingewiesen, dass die Rechnung hoch werden könne. Die Klinik bereichere sich aber nicht an diesen Ausländern. Es werde mit den gleichen Pauschalen gerechnet wie bei den Patienten, die auf der allgemeinen Abteilung liegen und über eine obligatorische Grundversicherung verfügen, behauptet Sennhauser.
Tarife für Ausländer: «Oft Goldgräberei»
Doch die für Tarife zuständige «Gemeinsame Einrichtung KVG» sagt, dass in diesem Fall ein höherer Ausländertarif berechnet worden sei. Eine Einschätzung, die die Schweizerische Patientenorganisation teilt. Ihr Kritikpunkt: Kliniken können die Ausländertarife selbst festlegen, oft werde «Goldgräberei» betrieben. Die Zürcher Gesundheitsdirektion fühlt sich nach eigenen Angaben für die Selbstzahlertarife nicht zuständig.
Zum Vergleich: Wäre einem Schweizer Kind aus dem Kanton Zürich der gleiche Notfall passiert, hätte die Spitalrechnung 2347 Franken betragen. Für ein Kind aus dem EU-Raum wären 7693 Franken verrechnet worden.
Aufgepasst bei Übersee-Reisen
Für Reisen in Europa reicht für Schweizer in der Regel die Grundversicherung. Ein Spitalaufenthalt in Übersee kann jedoch kostspielig werden. Bei Reisen nach Nordamerika, Afrika, Australien oder Japan sind die Arzt- und Spitalkosten oft nur mit Zusatzversicherungen gedeckt. Die Versicherung lässt sich für die Dauer der Ferien abschliessen und kostet für 14 Tage bei der CSS 50, bei der Visana 80 Franken (für eine Familie mit zwei Kindern).