Das dritte Kind von Anita Buchli aus Boswil AG sollte eigentlich zu Hause auf die Welt kommen. Die Geburt verlief aber nicht wie geplant. Die Hebamme verlegte Buchli ins Spital Muri AG. Dort erblickte Sohn Jon gesund das Licht der Welt. Die 32-jährige Mutter verliess das Spital mit ihrem Baby nach rund sechs Stunden.
Die Krankenkasse Assura übernahm die Spitalrechnung für die Mutter in der Höhe von knapp 2000 Franken in vollem Umfang – also wie gesetzlich vorgeschrieben ohne Kostenbeteiligung der Versicherten. Das Spital stellte aber auch für das neugeborene Kind eine Rechnung. Dafür verlangte die Assura die Franchise von 500 Franken sowie 10 Prozent Selbstbehalt, insgesamt 540 Franken. Vater Flurin Buchli wunderte sich: «Bei der stationären Geburt unserer ersten beiden Kinder hatte die Krankenkasse alles übernommen.»
Gesetz gilt auch bei ambulanter Geburt
Die Assura rechnete die Kosten über die Police des Sohns ab, weil die Geburt ambulant erfolgte. Doch das Gesetz unterscheidet nicht zwischen den Kosten einer ambulantenund einer stationären Geburt. Danach muss die Grundversicherung der Mutter die Kosten für «die Pflege und den Aufenthalt des gesunden Neugeborenen, solange es sich mit der Mutter im Spital aufhält», ohne Franchise und Selbstbehalt übernehmen. Ueli Kieser, Professor an der Uni St. Gallen, sagt: «Die Assura muss auch bei einer ambulanten Geburt die Leistungen für das gesunde Kind ohne Kostenbeteiligung über die Police der Mutter abrechnen.» Das Bundesamt für Gesundheit ist gleicher Ansicht. Auf Nachfrage des K-Tipp lenkte die Assura ein, korrigierte die Rechnung und verzichtete auf Franchise und Selbstbehalt.
Die Assura ist nicht die einzige Krankenkasse, die junge Mütter nach einer ambulanten Geburt im Spital zur Kasse bitten will. Auch Atupri, CSS und Helsana sagten gegenüber dem K-Tipp zunächst, die Kosten für die medizinische Betreuung des gesunden Neugeborenen seien bei einer ambulanten Geburt über die Grundversicherung des Kindes mit Kostenbeteiligung abzurechnen. CSS und Helsana krebsten später aber zurück. Auch andere Kassen rechnen die Kosten einer ambulanten Geburt ohne Kostenbeteiligung über die Police der Mutter ab – etwa Concordia, EGK, Groupe Mutuel, KPT, Sanitas, Swica und Visana.
Gut zu wissen: Sobald Mutter und Kind das Spital verlassen, ist für weitere medizinische Leistungen zugunsten des Kindes dessen Kasse zuständig. Die Untersuchung des Gehörs oder der Hüftknochen etwa wird dann mit Kostenbeteiligung über die Police des Kindes abgerechnet.
Krankenkassen: Das gilt für Neugeborene
- Eltern haben nach der Geburt eines Kindes drei Monate Zeit, um für das Baby eine Grundversicherung abzuschliessen.
- Kinder müssen keine Franchise zahlen. Die Prämie sinkt aber, wenn eine Franchise von 100 bis 600 Franken gewählt wird. Der Selbstbehalt beträgt 10 Prozent und maximal 350 Franken pro Jahr.
- Eltern und Kinder müssen nicht bei der gleichen Krankenkasse versichert sein. Es kann sich lohnen, vor dem Abschluss der Krankenkasse für das Kind die Prämien zu vergleichen. Der Prämienrechner des Bundes ist zu finden auf www.priminfo.ch.