Ende November 2021 klingelt bei Monika Philipp in Landquart GR das Telefon. Ein Vertreter der Firma Wefox in Roggwil BE will der 64-Jährigen eine Krankenkasse aufschwatzen. Die Frau ist irritiert. Ihre Nummer im Telefonbuch ist dank einem Sterneintrag für Werbeanrufe gesperrt. Im Gespräch mit dem Anrufer zeigt sich: Wefox kennt Philipps Nummer, weil sie an einem Wettbewerb teilnahm. Dabei waren Ferien zu gewinnen. Monika Philipp: «Mir war nicht bewusst, dass ich damit meine Adressdaten freigebe.»
Wie Philipp lassen viele Leute ihre Telefonnummer mit einem Stern versehen oder veröffentlichen sie nicht im Telefonbuch, weil sie keine Werbeanrufe wünschen. Die Adressen sind dann laut Gesetz für Werbeanrufe tabu.
Das eröffnet ein neues Geschäftsfeld. Werbeagenturen beschaffen sich Adressen und Telefonnummern durch Wettbewerbe oder Gratisangebote im Internet. Die gewonnenen Daten verkaufen sie dann an Krankenkassen und andere Unternehmen. Diese kaufen etwa bei der BeeFirst GmbH in Freienwil AG für bis zu 160 Franken eine Adresse mit Zusatzinformationen zu potenziellen Kunden. Die Käufer erhalten neben der Adresse Angaben zu Jahrgang, Haushaltsgrösse, vorhandenen Zusatzversicherungen, Anstellungsverhältnis, Sparpotenzial sowie Infos, ob die Person bereit ist, die Versicherung zu wechseln.
Als Sofortpreis eine Finanzberatung
Die erwähnte Firma Wefox betreibt die Website Kkumfrage.ch. «Sie wollen uns helfen, die Leistungen und den Service der Krankenkassen zu optimieren?», ist dort zu lesen. Wer seine Personalien angebe und an einer «Umfrage» teilnehme, könne einen Reisegutschein im Wert von 3000 Franken gewinnen. Laut Teilnahmebedingungen gewinnt jeder Teilnehmer «als Sofortpreis eine Gesamtberatung im Bereich Versicherungen und Finanzen». Im Klartext: Wenig später ruft ein Versicherungsvertreter an.
Andere Firmen versuchen, über Vergleichsportale zu Adressen zu kommen. So wirbt die Cleverness GmbH in Baar ZG auf der Website Leadwinner.ch damit, dank einem Krankenkassenvergleichsportal Kunden zu gewinnen. Zu finden ist der Vergleich auf dem Portal Smiile.ch. Wer dort seine Angaben eintippt, sieht nur sein angebliches Sparpotenzial. Für ein genaueres Angebot muss man zusätzlich Adresse, Telefonnummer, Geburtsdatum und Haushaltsgrösse angeben. Die Cleverness GmbH steckt auch hinter der Website Wir-schenken-freude.ch. Zu gewinnen gibt es dort Ferien in Dubai. Wer das Kleingedruckte anklickt, erfährt: Die Cleverness GmbH nutzt die Daten zu Werbezwecken.
Adressdaten werden an Firmen verkauft
Auch die Oneline GmbH in Cham ZG betreibt eine Plattform für Wettbewerbe. Auf Win4win.ch können Besucher aktuell an Wettbewerben von Pink Lady, Yallo oder Schuler Weine teilnehmen. Oneline wirbt für die Wettbewerbe zurzeit im Newsletter der Postauto AG. Zu gewinnen gibt es Wellness- oder Reisegutscheine, Küchenmaschinen oder Wein. Oneline verkauft die so gewonnenen Daten an bis zu sechs Firmen, wie aus dem Kleingedruckten hervorgeht.
Einige Firmen geben vor, wegen einer Umfrage anzurufen: Die Beratungsfirma Pegasos etwa kontaktiert Konsumenten für eine Meinungsumfrage. Darauf meldet sich ein Finanzberater für ein Verkaufsgespräch (K-Tipp 3/2022).
Tipps: Wer keine Werbeanrufe will, sollte im Internet möglichst keine persönlichen Angaben machen und nicht an Wettbewerben teilnehmen. Unabhängige Vergleichsrechner für Krankenkassenprämien sind zu finden auf www.ktipp.ch.