Das Nein zur Rentenreform am 24. September hatte auch Auswirkungen auf die Mehrwertsteuer: Am 1. Januar sank der Normalsatz von 8 auf 7,7 Prozent. Vollmundig verkündete die «Coop-Zeitung» daraufhin: «1200 Artikel günstiger.» Und das «Migros-Magazin» schrieb: «Die Migros gibt nach dieser Mehrwertsteuer-Senkung sämtliche Vorteile in Form von tieferen Preisen an ihre Kunden weiter.» Auch dem K-Tipp gegenüber hatten mehrere Händler angekündigt, ihre Preise zu senken (K-Tipp 16/2017).
Der K-Tipp hat noch im alten Jahr die Preise von teuren Produkten erhoben, um nun zu prüfen, ob Konsumenten tatsächlich profitieren können. Die Mehrwertsteuer-Senkung wirkt sich nur bei hohen Preisen deutlich aus. Bei einem Warenpreis von 18 Franken würde die Senkung nur 5 Rappen ausmachen.
Das Ergebnis der Stichprobe:
Bei Coop Bau + Hobby und der Coop-Tochter Interdiscount verfolgte der K-Tipp die Preise von 25 Produkten – vom Staubsauger für 599 Franken bis zum Fernseher für 19 999 Franken. Sämtliche Preise blieben gleich – obwohl beispielsweise der Fernseher 56 Franken günstiger hätte werden müssen. Coop behauptet nun: «Wir haben Produkte im Preis gesenkt, die besonders beliebt sind oder die gerade Saison haben.»
Bei der Migros kosten die vom K-Tipp beobachteten Produkte – vom E-Bike über die Spiegelreflexkamera bis zur Kaffeemaschine – noch immer gleich viel. Die Migros sagt, die Preissenkungen würden «auf gezielten Sortimenten gestaffelt vorgenommen». Zum Teil erst Mitte Februar.
Die Küchengeräte von Bauknecht, Bosch, Miele, Siemens und V-Zug schlugen auf Anfang Jahr sogar auf. Die fünf Firmen begründen das mit höheren Rohstoffpreisen und dem höheren Euro-Kurs.
Die Konkurrenten AEG und Electrolux hingegen geben ihren Kunden die Einsparung weiter.
Das Gleiche gilt eigentlich auch für die C-Klasse von Mercedes. Die Preise der Top-Ausführungen wurden aber erhöht.
Schwer nachvollziehbar ist die Preispolitik der Amag: Dort wurden die verschiedenen Ausführungen des VW Golf 50 um bis 150 Franken günstiger. Beim VW Tiguan sanken die Preise um bis zu 350 Franken. Bei gewissen Modellen dagegen stiegen sie um 50 bis 100 Franken. Eine Erklärung dafür gab es von der Amag nicht.
BMW sackt den Mehrwertsteuer-Vorteil selbst ein, zum Beispiel beim teuersten 2er-Gran-Tourer: Im neuen Jahr erhöhte der Autohersteller den Preis des Modells ohne Mehrwertsteuer auf 45 859 Franken. So blieb der Preis mit Mehrwertsteuer gleich wie im alten Jahr: 49 390 Franken. BMW rechtfertigt das folgendermassen: «Die Umstellerei wäre eine grössere Übung gewesen», heisst es. Deshalb habe sich BMW entschieden, die Preise nicht zu senken, sondern den Käufern einen entsprechenden Gutschein für Service oder Zubehör auszuhändigen.
Übrigens: Die genannten Beträge mögen klein wirken. In der Summe geht es aber um viel Geld. Laut der Eidgenössischen Steuerverwaltung um rund 800 Millionen Franken – pro Jahr.