Stau: Doppelter Benzinverbrauch
Zehntausende von Fahrzeugen stehen in der Schweiz täglich im Stau. Das kostet die Automobilisten nicht nur Zeit und Nerven, sondern wesentlich mehr Benzin – und belastet die Umwelt.
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saldo 03/2011
13.02.2011
Letzte Aktualisierung:
15.02.2011
Thomas Lattmann
Schauplatz A 1, Zürich-Nordring: Fast jeden Abend staut sich der Verkehr auf der Autobahn vor dem Gubristtunnel. Immer wieder stockt der Verkehr, die Autos müssen anhalten. Die Nordumfahrung Zürich–Winterthur ist der Stauschwerpunkt Nummer eins auf dem Schweizer Autobahnnetz.
Fast ein Drittel aller Staustunden entfällt auf diesen Abschnitt. Insgesamt hat das Bundesamt für Strassen im Jahr 2009 auf den Schweizer Autobahnen 11 829 Staustu...
Schauplatz A 1, Zürich-Nordring: Fast jeden Abend staut sich der Verkehr auf der Autobahn vor dem Gubristtunnel. Immer wieder stockt der Verkehr, die Autos müssen anhalten. Die Nordumfahrung Zürich–Winterthur ist der Stauschwerpunkt Nummer eins auf dem Schweizer Autobahnnetz.
Fast ein Drittel aller Staustunden entfällt auf diesen Abschnitt. Insgesamt hat das Bundesamt für Strassen im Jahr 2009 auf den Schweizer Autobahnen 11 829 Staustunden gezählt – 18 Prozent mehr als im Vorjahr.
Nicht nur der Verbrauch, auch der CO2-Ausstoss verdoppelt sich
Die Stop-and-go-Fahrweise auf Autobahnen kostet Zeit und Treibstoff. Ein saldo-Selbsttest zeigt: Für die rund 10 Kilometer lange Strecke zwischen Zürich-Seebach und Zürich-Affoltern gibt der Bordcomputer eines Ford Focus Diesel bei Stau einen Verbrauch von 6,7 Litern pro 100 Kilometer an.
Zum Vergleich: Wird die Strecke flüssig mit 100 Stundenkilometern befahren, beträgt der Verbrauch laut Computer nur 3,1 Liter pro 100 Kilometer. Im Stau ist der Dieselverbrauch also mehr als doppelt so hoch.
Ein Mehrverbrauch in diesem Ausmass ist laut Experten plausibel. Das Bundesamt für Raumentwicklung berechnete, dass der Treibstoffverbrauch bei Staus auf Autobahnen von 9,7 auf 18,2 Liter pro 100 Kilometer zulegt (gewichtetes Mittel von Benzin und Diesel).
Der Mehrverbrauch beläuft sich also auf den Faktor 1,88. Als Staugeschwindigkeit wird dabei 10 Stundenkilometer angenommen. Noch grösser ist die Differenz zwischen flüssigem Verkehr und Staus auf Strassen innerorts: Die Treibstoffmenge steigt im Schnitt von 10,1 auf 27,9 Liter pro 100 Kilometer – eine Zunahme um den Faktor 2,76.
Auch die Abgase sind mehr als doppelt so hoch. Innerorts nimmt der Ausstoss von CO₂ im Stau bei einem Personenwagen von 242 auf 665 Gramm pro Kilometer zu. Das entspricht einem zusätzlichen CO₂-Ausstoss von 4,23 Kilogramm pro Stunde und Fahrzeug. Auf der Autobahn sind es 2,33 Kilogramm extra.
Abgase in der Luft: Grosse Belastung für die Anwohner
Die höheren Abgaswerte bekommen die Anwohner der betroffenen Strassen deutlich zu spüren. Seit Jahren liegt etwa der Luftbelastungsindex vor dem Autobahnzubringer Schöneichtunnel in Zürich auf der Stufe hoch bis sehr hoch.
2009 hat die Überwachungsorganisation Ostluft an dieser Messstelle ein Jahresmittel des Stickstoffdioxids von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter ermittelt. Zum Vergleich: Der gesetzliche Grenzwert beträgt 30 Mikrogramm.
Wie viele Autos täglich wie lange im Stau stehen, ist in der Schweiz nicht statistisch erfasst. Mit Hilfe von Verkehrsmodellen hat das Bundesamt für Raumentwicklung die Staus auf Schweizer Strassen für das Jahr 2005 auf 31,8 Millionen Fahrzeugstunden geschätzt (ohne Lieferwagen und Lastwagen).
Inzwischen dürfte eine solche Schätzung viel höher ausfallen, weil die Zahl der Personenwagen seither um rund 5 Prozent zugenommen hat.
Tipps: Treibstoff sparen im Stau
Wer oft im Stau steht, verpufft viel zusätzlichen Treibstoff und produziert mehr Abgase. Mit einer angepassten Fahrweise lässt sich der Mehrverbrauch reduzieren – und damit Umwelt und Portemonnaie schonen. Peter Koch vom Driving Center Schweiz gibt folgende Stau-Tipps:
- Nicht zu lange im ersten Gang fahren. Nach maximal einer Wagenlänge einen Gang höher schalten.
- Vorausschauend fahren, um unregelmässige Fahrweise zu vermeiden.
- In der Beschleunigungsphase nach dem Hochschalten das Gaspedal halb bis drei Viertel durchdrücken.
- Bei einem Benziner spätestens bei 2500, bei einem Dieselfahrzeug bei 1500 Umdrehungen pro Minute in den nächsten Gang schalten.
- Wenn der Verkehr steht, den Motor abstellen. Ein Benzinmotor verbraucht im Leerlauf zwischen 0,75 bis 1,0 Liter pro Stunde.
Auch technische Neuerungen helfen, den Treibstoffverbrauch im Stau zu mindern. Zum Beispiel die Start-Stopp-Automatik: In immer mehr Fahrzeugen ist diese Funktion serienmässig eingebaut.
Die Automatik stellt den Motor ab, sobald das Auto steht und man – bei Handschaltung – die Kupplung loslässt. Dabei ist nur der Motor ausgeschaltet, die elektrischen Geräte wie Radio oder Lüftung funktionieren weiterhin.
Laut Christian Bach, Autospezialist bei der Empa, sind Hybridfahrzeuge für Staus besonders geeignet. Sie können Bremsenergie in elektrische Energie umwandeln und 1 bis 2 Kilometer elektrisch fahren.
Umgekehrt sind Dieselautos in staugefährdeten Gebieten und für den Stadtverkehr eine schlechte Wahl. Der Verbrauch steigt bei tiefen Geschwindigkeiten massiv an und der Partikelfilter funktioniert nicht mehr richtig.