Strahlung, die keiner will
Swisscom, Sunrise und Orange wollen tausende UMTS-Antennen aufstellen, oft gegen den Willen der Einwohner. Die Stadt Langenthal wehrt sich für sie.
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K-Tipp 5/2005
09.03.2005
Markus Kellenberger - mkellenberger@ktipp.ch
Darf jemand, nur weil er viel Geld bezahlt hat, die Gesundheit anderer aufs Spiel setzen? Er darf! Zumindest im Bereich der Mobiltelefonie.
Über 150 Milliarden Franken allein an Lizenzgebühren hat die Mobiltelefonbranche in Europa bezahlt, um neue UMTS-Antennen aufstellen zu können, auch in der Schweiz. UMTS ermöglicht den drahtlosen Internet-Zugang und den Empfang von TV-Sendungen mit dem Handy.
Ein grosser Teil der Bevölkerung will das aber nicht. Ihr genügt...
Darf jemand, nur weil er viel Geld bezahlt hat, die Gesundheit anderer aufs Spiel setzen? Er darf! Zumindest im Bereich der Mobiltelefonie.
Über 150 Milliarden Franken allein an Lizenzgebühren hat die Mobiltelefonbranche in Europa bezahlt, um neue UMTS-Antennen aufstellen zu können, auch in der Schweiz. UMTS ermöglicht den drahtlosen Internet-Zugang und den Empfang von TV-Sendungen mit dem Handy.
Ein grosser Teil der Bevölkerung will das aber nicht. Ihr genügt es, mit dem Handy telefonieren sowie SMS und MMS verschicken zu können. Kommt dazu: Studien weisen darauf hin, dass die Strahlung von UMTS-Antennen Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel auslösen kann.
Doch oft ist egal, wie sehr sich die Betroffenen wehren - die örtlichen Baubehörden schützen die Mobilfunkbetreiber. Guten Mutes wollen Swisscom, Sunrise und Orange darum zusätzlich zu den bestehenden tausende weiterer UMTS-Antennen aufstellen - Gesuche, die kaum abgelehnt werden, weil die Behörden meist nur darauf achten, dass alle baurechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.
Das weiss auch die Stadtregierung von Langenthal BE. Doch statt sich stur ans Baurecht zu halten, probt sie den Aufstand.
Langenthal legt Baugesuche auf Eis
«Was juristisch rechtens ist, muss es moralisch noch lange nicht sein», sagt Stadtschreiber Daniel Steiner. Darum hat Langenthal vor kurzem ein Moratorium für UMTS-Antennen auf Gemeindegebiet erlassen. Das heisst im Klartext: Die von Swisscom und Sunrise eingereichten Antennen-Baugesuche werden vorläufig auf Eis gelegt und nicht behandelt.
Als Behörde wäre die Stadtverwaltung zwar dazu verpflichtet. «Aber», so Steiner, «als Stadtrat sind wir auch die oberste Polizeibehörde - und somit für den Schutz der Bevölkerung zuständig.» Und so lange nicht klar sei, wie schädlich UMTS-Strahlen seien, gehe die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger vor.
Das Moratorium ist bis kommenden Herbst befristet. Dann soll eine - zur Hälfte von den Mobilfunkunternehmen finanzierte - Studie der ETH Zürich vorliegen. Thema: Auswirkungen von UMTS-Strahlen auf die Gesundheit. Der Stadtrat wird dann neu entscheiden.
Doch das dauert den Mobilfunkanbietern zu lange. Innert Kürze wollen sie mit der Langenthaler Regierung das Gespräch suchen. Es dürfte aber harzig werden: Fast ein Drittel der Einwohner hat per Unterschriftensammlung bekundet, dass sie hinter der Regierung steht.
Trotz Widerstand oft 1:0 für Netzbetreiber
Das ist nicht aussergewöhnlich: Die Netzbetreiber treffen vielerorts auf Widerstand. Aber sie setzen sich meistens durch. «Der Trend, immer schneller zu kommunizieren, lässt sich nicht aufhalten», meint dazu Swisscom-Sprecher Josef Frey (siehe auch Interview).
Vielleicht doch. Seit dem Moratoriumserlass haben sich in Langenthal über 20 Gemeinden nach dem Vorgehen erkundigt. Und: Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt bereitet eine Standesinitiative vor, die eine landesweite befristete Denkpause für UMTS-Anlagen verlangt.
«Uns liegt vor allem die Mobilität am Herzen»
K-Tipp: Josef Frey, die Stadt Langenthal hat ein Moratorium für UMTS-Antennen erlassen und entspricht damit dem Wunsch eines grossen Teils der Bevölkerung. Beeindruckt Sie das?
Josef Frey: Das mit dem grossen Teil der Bevölkerung sagen Sie. Es sind immer Gruppierungen, die sich wehren.
Gruppierungen? Gegen 4000 Menschen - fast ein Drittel der Einwohner - haben eine Petition unterschrieben und die Stadt darin unterstützt, das Moratorium zu erlassen.
Das sind wahrscheinlich 4000 Leute, die nicht allzu vertieft Informationen haben. Deshalb betrachten sie UMTS undiskutiert als etwas Schädliches. Das ist es aber mit Bestimmtheit nicht.
Können Sie beweisen, dass die durch UMTS neu entstehende Strahlung nicht schädlich ist?
Das können wir genauso wenig beweisen wie das Gegenteil. Swisscom hält sich an die gesetzlichen Bestimmungen und Vorschriften von Bund, Kantonen und Gemeinden.
Was liegt Ihnen mehr am Herzen: Geld - oder die Gesundheit Ihrer Kundschaft?
Uns liegt vor allem die Mobilität am Herzen.