Stromfresser bevorteilt
Geldbeutel schonen und Strom sparen – schön wärs! Denn viele Elektrizitätswerke fördern die Stromverschwendung geradezu. Doch man kann sich wehren.
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K-Tipp 15/2008
15.09.2008
Letzte Aktualisierung:
16.09.2008
Darko Cetojevic
Der Spartipp kommt von oberster Stelle: «Waschen Sie in den Nachtstunden zum Niedertarif», rät das Bundesamt für Energie (BFE). Der Hintergrund: Wer in den Nachtstunden wäscht und trocknet, trägt zu einer gleichmässigeren Auslastung des Stromnetzes bei und profitiert zugleich vom günstigeren Niedertarif.
Familie Meier aus Glarus befolgt den Spartipp seit dem Bau ihres Hauses vor vier Jahren. Doch das zahlt sich für sie nic...
Der Spartipp kommt von oberster Stelle: «Waschen Sie in den Nachtstunden zum Niedertarif», rät das Bundesamt für Energie (BFE). Der Hintergrund: Wer in den Nachtstunden wäscht und trocknet, trägt zu einer gleichmässigeren Auslastung des Stromnetzes bei und profitiert zugleich vom günstigeren Niedertarif.
Familie Meier aus Glarus befolgt den Spartipp seit dem Bau ihres Hauses vor vier Jahren. Doch das zahlt sich für sie nicht aus: Denn das Elektrizitätswerk von Glarus gewährt den Meiers gar keinen Niedertarif für ihren Stromverbrauch in der Nacht und am Wochenende. Meiers zahlen rund um die Uhr den teuren Hochtarif.
Die Begründung der Werkbetriebe Glarus: Wer keine Stromfresser wie Elektroboiler und Elektrospeicherheizungen im Einsatz hat, bekommt auch keinen Niedertarif.
Zum Vergleich: Der Hochtarif beträgt in Glarus 21 Rappen pro Kilowattstunde (kWh) im Winter, 18,6 Rappen im Sommer. Der Niedertarif beträgt 10,5 Rappen im Winter, 8,6 Rappen im Sommer.
Sparpotenzial weg – trotz Niedertarif
Käme Familie Meier in den Genuss dieses Niedertarifs, würde sie bei ihrem aktuellen Verbrauch von 5000 kWh pro Jahr, der zu 40 Prozent auf die Niedertarif-Zeit entfällt, mehr als 200 Franken sparen. Den Niedertarif gibts aber nur, wenn sich die Meiers einen Stromfresser wie zum Beispiel einen Elektroboiler zulegten. Diese Anschaffung kostete mit Installation über 3000 Franken. Zudem stiege der Stromverbrauch um rund 3000 kWh pro Jahr. Folge: Das Sparpotenzial würde dahinschmelzen – trotz des Niedertarifs.
Der ökologisch unsinnige Mehrverbrauch wird aber belohnt. Mit einem Elektroboiler bekäme Familie Meier den Strom für rund 8 Rappen pro Kilowattstunde günstiger.
Mit dieser Tarifpolitik untergraben viele Elektrizitätswerke die Ziele des BFE. Dieses wirbt mit viel Steuergeld für mehr Effizienz und Sparsamkeit. Dabei betont das BFE, dass insbesondere Elektrospeicherheizungen und Elektroboiler energetisch der falsche Weg zur Erzeugung von Wärme bzw. Warmwasser seien.
Weiter kommuniziert das BFE, dass die Tarife Anreize geben sollten, um Strom zu sparen statt zu verschwenden. Dass es kundenfreundlicher geht als in Glarus, zeigt die Nachbargemeinde Ennenda: Dort zwingt das EW niemanden, einen Stromfresser zu kaufen, um vom Niedertarif zu profitieren. Nötig ist einzig die Installation eines entsprechenden Zählers, der rund 140 Franken kostet. Dort würde sich für Familie Meier Waschen in den Nachtstunden auszahlen.
Fünf Jahre Kampf für Niedertarif
Die Elektrizitätswerke (EW) in der Schweiz legen ihre Tarife eigenständig fest. Aber die Kunden können das EW nicht selbst wählen. Trotzdem kann es sich von Fall zu Fall lohnen, bei ihnen vorstellig zu werden, wie das folgende Beispiel zeigt:
Nachdem sich Michel Seuret aus Zuchwil SO eine Sonnenkollektorenanlage, kombiniert mit einer Pelletsheizung, einbauen liess, verweigerte ihm die AEK Energie AG während fünf Jahren den Niedertarif. Die Begründung des Solothurner Elektrizitätswerks lautete gleich wie in Glarus: Er habe keine Geräte mit hohem Stromverbrauch im Einsatz. «Erst unter massivem Druck lenkte die AEK ein», sagt Seuret gegenüber dem K-Tipp.
Wer sein Geräte zu 40 Prozent während der Niedertarif-Zeit benutzt, kann in einem Jahr bei den grössten Stromfressern so viel sparen:
- Kühlen und Gefrieren 20.–
- Herd und Backofen 18.–
- Geschirrspüler 18.–
- Beleuchtung 18.–
- Waschen und Trocknen 30.–
- Brenner und Pumpen in Einfamilienhäusern 16.–