Das gibt es nur beim Studiengang «Soziale Arbeit»: Anwärter über 30 Jahre und ohne Matura müssen vor dem eigentlichen Aufnahmeverfahren bei der Privatperson Regula Villari ein sogenanntes «Atelier» besuchen. Dort erstellen sie unter Anleitung von Lehrpersonen in mehreren Lektionen ein «Bilanzkompetenzdossier». Darin sollen sie zeigen, wie sie ihre Lebensjahre genutzt haben. Kostenpunkt: 2600 Franken.
Eine von Villari selbst empfohlene Expertenkommission beurteilt das Dossier. 20 Prozent der Kandidaten erhalten keine Empfehlung, wie sie für die Bewerbung an einer Fachhochschule obligatorisch ist. Und: Selbst eine Empfehlung garantiert noch keine Aufnahme an einer Fachhochschule.
Nach dem «Atelier» müssen die Interessenten die Aufnahmeprüfungen und Eignungsabklärungen der Fachhochschulen absolvieren – wie die Kandidaten mit Matura. Die Fachhochschulen für Soziale Arbeit erheben dafür nochmals Gebühren. Die Zürcher Hochschule für Soziale Arbeit verlangt zum Beispiel eine Anmeldegebühr von 100 Franken sowie 600 Franken für die Eignungsabklärung. Fazit: Wer das Aufnahmeverfahren nicht besteht, hat bis zu 3300 Franken zum Fenster hinausgeworfen.
Ein Monopol auf die Zulassung
Stossend: Regula Villari hat eine Monopolstellung. Die «Ateliers» werden nur von ihr angeboten. Sie hat Verträge mit sämtlichen Deutsch- und Westschweizer Fachhochschulen für Soziale Arbeit abgeschlossen. Nur die Tessiner Fachhochschule macht nicht mit.
Villari ist nicht irgendwer: Als ehemalige Geschäftsleiterin der Fachkonferenz Soziale Arbeit (Sassa) hat sie das Aufnahmeverfahren selbst entwickelt. «Der Staat legte den Fachhochschulen für Soziale Arbeit im Jahr 1999 nahe, ein einheitliches Aufnahmeverfahren für Nichtmaturanden anzubieten», sagt Villari. Also habe sie das Konzept mit den «Ateliers» erarbeitet: «Ab 2004 habe ich das Angebot als Freischaffende ausserhalb, aber unter Aufsicht der Sassa angeboten.»
Zusammengefasst: Villari hat das obligatorische Aufnahmeverfahren entwickelt, sie ist die einzige Anbieterin, und sie empfiehlt die Mitglieder der Expertenkommission, die darüber entscheidet, wer eine Empfehlung bekommt.
Jahresumsatz von 130 000 Franken
Der K-Tipp hätte gerne von den Fachhochschulen gewusst, wie sie als staatliche Bildungsinstitutionen diese Machtkonzentration auf nur eine Person verantworten können. Doch alle Fachhochschulen der Deutsch- und der Westschweiz verweigerten eine Stellungnahme.
Etwa 50 Personen besuchen jährlich ein «Atelier» von Villari. Sie macht damit einen Jahresumsatz von rund 130 000 Franken. Miete muss Villari nicht bezahlen – die Fachhochschulen stellen die Kursräume gratis zur Verfügung.
Tipp: Bei der Fachhochschule Luzern kann man das Aufnahmeverfahren parallel zur Vorabklärung für den Besuch des «Ateliers» machen. So fallen die Kosten für das «Atelier» erst an, wenn man von der Fachhochschule grundsätzlich akzeptiert ist – sofern man im «Atelier» eine Empfehlung erhält.