Laut Website soll das Zertifikat «Qualitätsmanagement Schweizer Fleisch (QM)» des Schweizerischen Bauernverbands den Konsumenten «beste Qualität und Sicherheit» bieten. Das Fleisch wird in den Läden unter dem Label «Suisse Garantie» verkauft.
Doch ein Gerichtsverfahren zeigt: Zwischen dem zertifizierten und dem konventionellen Fleisch besteht kein Qualitätsunterschied. Zudem ist für Schlachthöfe nicht überprüfbar, ob das Fleisch wirklich von einem QM-zertifizierten Hof stammt. Der Bauernverband überprüft nur alle vier Jahre, ob die Bestimmungen des Labels eingehalten werden.
Für Bauern ist das Label finanziell interessant: Pro QM-Schwein erhält der Züchter vom Schlachthof 9 Franken mehr. Deshalb kann sich Tricksen bezahlt machen. Das Kreisgericht See-Gaster in Uznach SG hat letzte Woche zwar einen Schweinezüchter freigesprochen. Doch der Staatsanwalt ist vom Urteil enttäuscht und kündigte an, das Urteil ans Kantonsgericht St. Gallen weiterzuziehen.
Hintergrund: Der Landwirt aus der Ostschweiz mästete auf insgesamt 16 Betrieben Schweine. Nur 2 der 16 Höfe waren QM-zertifiziert. Bevor der Züchter die Schweine zum Schlachter brachte, sammelte er sie auf seinen beiden QM-Höfen und deklarierte sie mit der QM-Vignette. Zwischen 2007 und 2009 hatte er insgesamt 18 938 QM-Schweine an die Fleischverarbeiter Ernst Sutter AG und Bell Schweiz AG geliefert.
Übrigens: Als der Schlachthof bei einigen Tieren Körperschäden wie Abszesse und abgebissene Schwänze feststellte, erstattete der Kantonstierarzt Anzeige. Wegen Tierquälerei ist der Bauer dann teilweise schuldig gesprochen worden.
Klage auf Betrug und Urkundenfälschung
Die St. Galler Staatsanwaltschaft sah in der Verwendung der QM-Zertifikate für alle Schweine Betrug und Urkundenfälschung: Sie beantragte für den Bauern eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren, eine Geldstrafe und eine Busse.
Der Bauer habe die Fleischverarbeiter und die Konsumenten getäuscht, so der Staatsanwalt. Mindestens 9333 Schweine seien nämlich auf konventionellen Höfen gemästet worden. Der Bauer habe folglich ungerechtfertigt 83 997 Franken an QM-Prämien einkassiert.
Der angeklagte Züchter behauptete an der Gerichtsverhandlung, er habe für alle seine Höfe eine QM-Zertifizierung besessen. Bei zwei Höfen liege die Zertifizierung schriftlich vor. Für die anderen Höfe habe er eine mündliche Vereinbarung mit dem Bauernverband. Die zwei schriftlich zertifizierten Höfe seien zudem nicht mehr kontrolliert worden als die anderen.
Das Gericht schreibt dazu in der Kurzbegründung des Urteils: «Es ist durchaus möglich, dass die Schweine, wie vom Beschuldigten ausgeführt, von anderen Ställen stammen, die ebenfalls QM-zertifiziert waren.» Etwas anderes sei mangels Dokumenten nicht zu beweisen. Und: Bei Ablieferung eines Schweins im Schlachthof müssten Dokumente vorgelegt werden, «wo das Schwein als Letztes gewesen ist», schreibt das Gericht. Im Dokument sei aber nicht erwähnt, wie lange das Schwein in diesem Stall gewesen sei.
In einem Punkt waren sich Staatsanwalt, Verteidiger und Gericht einig: Zwischen QM-Fleisch und konventionellem Fleisch besteht kein Qualitätsunterschied. Die Zertifizierung besage hauptsächlich, dass sich der Schweinezüchter verpflichte, das Tierschutzgesetz einzuhalten, so das Gericht. Das müssen alle anderen Betriebe jedoch auch.
«QM Schweizer Fleisch ist kein Label»
Auch Bell Schweiz bestätigt dem K-Tipp: «Für den Konsumenten gibt es keinen Unterschied zwischen konventionellem und QM Schweizer Fleisch».
Der Bauernverband trat im Strafprozess wegen Missbrauchs des QM-Labels als Nebenkläger auf. Man sei «enttäuscht über das Urteil», sagte Sprecherin Sandra Helfenstein dem K-Tipp. Der Verband bestreitet die Darstellung des Züchters: Die Geschäftsstelle QM habe noch nie mündliche Vereinbarungen getroffen. Zur Einschätzung des Gerichts, dass kein Unterschied zu anderem Fleisch bestehe, sagt Helfenstein: «Der Konsument kauft konventionelles Fleisch. Denn QM ist kein Label, sondern ein Programm zur Qualitätssicherung.»