Surfer als Milchkühe
Kunden von Bluewin, Sunrise und Co. müssen höhere Internetgebühren bezahlen, obwohl die Provider nun der Swisscom rund 12 Prozent weniger Verbindungsgebühr abliefern müssen.
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K-Tipp 1/2004
14.01.2004
Marc Meschenmoser - redaktion@ktipp.ch
Michael Büttler (Name geändert) surft im Web über Sunrise. Der K-Tipp-Leser ist verärgert über die Praktiken des zweitgrössten Telecom-Betriebs: «In ihrer Mitteilung vertuscht Sunrise eine massive Preiserhöhung und verkauft damit die Kunden für dumm.»
Was Sunrise als «Tarifanpassung an die zeitlichen Surfvorlieben der Kunden» anpreist, entpuppt sich bei näherem Hinschauen als saftige Preiserhöhung: Seit 1. Januar zahlen 200 000 Kunden, die sich herkömmlich über die...
Michael Büttler (Name geändert) surft im Web über Sunrise. Der K-Tipp-Leser ist verärgert über die Praktiken des zweitgrössten Telecom-Betriebs: «In ihrer Mitteilung vertuscht Sunrise eine massive Preiserhöhung und verkauft damit die Kunden für dumm.»
Was Sunrise als «Tarifanpassung an die zeitlichen Surfvorlieben der Kunden» anpreist, entpuppt sich bei näherem Hinschauen als saftige Preiserhöhung: Seit 1. Januar zahlen 200 000 Kunden, die sich herkömmlich über die Telefonleitung ins Internet einwählen (analog), tagsüber 32 Prozent mehr. Statt bisher Fr. 1.67 pro Stunde, verlangt Sunrise im Normaltarif von 8-16 Uhr neu Fr. 2.20.
Kunden zahlen mehr - die Provider weniger
Dies obwohl die Provider ihre eigenen Kosten auf Anfang 2004 massiv senken konnten, wie der K-Tipp weiss. Denn die Verbindungsgebühr, die sie der Swisscom bezahlen müssen, ist ab diesem Jahr rund 12 Prozent günstiger. Die Marge von Sunrise und Co. steigt, selbst wenn sie von ihren Kunden keine höhe-ren Minutentarife verlangen würden.
Dazu Ralf Beyeler vom Internetvergleichsservice Comparis: «Mit ein Grund für die Preiserhöhung ist, dass Sunrise mehr Kunden für ADSL gewinnen will.» Solche Breitband-Anschlüsse sind für eine Telefongesellschaft attraktiv - sie bringen mindestens ein Jahr lang fixe Monatseinnahmen, unabhängig davon, wie viel jemand online ist. Zudem: Wer sich bei Sunrise für ADSL anmeldet, muss auch über die Gesellschaft telefonieren.
Econophone und Tele 2 sind kundenfreundlich
ADSL ist die kommende Technologie und derzeit im Markt preislich hart umkämpft. Ende November wählten sich noch 44 Prozent der Schweizer analog ins Internet ein, während bereits 21 Prozent einen schnelle-ren ADSL-Anschluss hatten. Beyeler ist überzeugt, dass die derzeit tiefen ADSL-Preise von allen anderen Benutzern mitfinanziert würden.
Auch andere Beispiele zeigen: Die Mehrheit der gelegentlichen Surfer finanziert den hart umkämpften ADSL-Bereich mit. Provider Green plant ebenfalls, die analogen Internetpreise um rund 10 Prozent zu erhöhen, wie Geschäftsleitungsmitglied Robert Signer bestätigt. Dies obwohl auch Green von tieferen Verbindungsgebühren profitiert.
Signers Begründung: «Immer mehr Leute wechseln zu ADSL. Deshalb sinkt der Ertrag bei den Analogkunden, und diese Einbusse kann man mit den neuen ADSL-Abos nicht wettmachen.»
Doch es geht auch anders: Auf Anfang Jahr hat Econophone seinen Normaltarif von Fr. 2.10 auf 1.71 gesenkt. Damit ist Econophone und nicht mehr Sunrise tagsüber am günstigsten. Dies zeigt ein K-Tipp-Vergleich der sechs grössten Anbieter (siehe Tabelle).
Samuel Gross, Econophone-Geschäftsführer: «Wir konnten die Kundenpreise auf 2004 senken, weil unsere Verbindungsgebühren sinken und wir diesen Preisvorteil weitergeben wollen. Es ist noch Luft drin in den analogen Internetpreisen.»
Auch Tele 2 will die gelegentlichen Internetbenützer nicht zusätzlich zur Kasse bitten und überlegt sich Preissenkungen. Verkaufsleiter Beat Geiser: «Es ist nicht fair, die Analogtarife künstlich heraufzusetzen, damit Gelegenheitssurfer die ADSL-Angebote querfinanzieren.»