Swiss zahlt nun doch
Swiss hat zwei um Flüge geprellte Kunden entschädigt – aber erst, nachdem diese Klagen eingereicht hatten.
Inhalt
K-Tipp 12/2010
12.06.2010
Letzte Aktualisierung:
22.06.2010
Gery Schwager
Die Praxis sorgt immer wieder für Ärger: Swiss und andere Fluggesellschaften erklären Tickets für ungültig, wenn die Teilstrecken nicht lückenlos und in der gebuchten Reihenfolge abgeflogen werden (Verfallsklausel).
Allerdings: Bereits vor eineinhalb Jahren hat das Zivilgericht Basel-Stadt Swiss verpflichtet, eine betroffene Passagierin vollumfänglich zu entschädigen. Die Frau hatte – obwohl im Besitz eines gültigen Retourtickets &...
Die Praxis sorgt immer wieder für Ärger: Swiss und andere Fluggesellschaften erklären Tickets für ungültig, wenn die Teilstrecken nicht lückenlos und in der gebuchten Reihenfolge abgeflogen werden (Verfallsklausel).
Allerdings: Bereits vor eineinhalb Jahren hat das Zivilgericht Basel-Stadt Swiss verpflichtet, eine betroffene Passagierin vollumfänglich zu entschädigen. Die Frau hatte – obwohl im Besitz eines gültigen Retourtickets – für den Rückflug ein zweites Mal zahlen müssen, weil sie den Hinflug hatte verfallen lassen (siehe K-Tipp 1/09).
Der K-Tipp hatte die Betroffene damals vor Gericht unterstützt. Nach der Schlappe argumentierte Swiss, das Basler Urteil betreffe einen Härtefall und sei ohne Musterwirkung. Weitere Urteile zur Verfallsklausel sind seither ausgeblieben. Die Strategie von Swiss lautet offenbar: abwarten, ob geschädigte Passagiere Klage einreichen. Falls Ja: zahlen, bevor es zur Gerichtsverhandlung kommt.
So geschehen im Fall von Heinz Husi, Vorstandsmitglied der Reisebüro-Vereinigung Star, der einen Musterprozess gegen die Verfallsklausel hatte provozieren wollen. So ge-schehen auch im Fall von K-Tipp-Leser Marco Tremp (Name geändert). In beiden Fällen erklärte sich Swiss unmittelbar vor Prozessbeginn am Zivilgericht Basel-Stadt bereit, die eingeklagten Forderungen zu begleichen.
Zur Sache Tremp nimmt Swiss nicht Stellung – laut Sprecherin Sonja Ptassek aus Datenschutzgründen. Und zu Heinz Husi sagt Ptassek, Swiss habe gezahlt, weil Husi bei der telefonischen Buchung «wahrscheinlich nicht optimal» über die Verfallsklausel informiert worden sei.
Übrigens: Der K-Tipp hat für Passagiere, die klagen wollen, ein Merkblatt zusammengesellt. Download unter www.ktipp.ch.
Rechtsschutzversicherung krebst zurück
Über das Einlenken von Swiss auf seine Klage war Marco Tremp nicht besonders erfreut. Er hätte sich im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten ein klares Gerichtsurteil gewünscht. Tremp konnte sich vorstellen, in vergleichbaren Fällen erneut gegen Swiss zu klagen. Deshalb erkundigte er sich bei seiner Rechtsschutzversicherung Assista TCS, ob er dabei – wie im bereits erledigten Fall – auf sie zählen dürfte.
Doch die Assista TCS teilte ihm mit, dass sie am 5. November 2009 entschieden habe, «Streitigkeiten mit Fluggesellschaften im Zusammenhang mit einem Flug ab diesem Datum künftig weder durch den ETI-Schutzbrief noch über die Privat- oder Verkehrsrechtsschutzversicherung zu decken».
Ist das branchenüblich? Offenbar nicht. «Solche Streitfälle decken wir sowohl im Privat- als auch im Verkehrsrechtsschutz», sagt Pascal Hollenstein, Sprecher der Rechtsschutzversicherung Winterthur-Arag. Ähnlich äussert sich Daniel Eugster, Geschäftsführer von Cap Rechtsschutz: «Wir haben viele Fluggesellschaften betreffende Fälle, und die sind versichert.» Mit dem Standardprodukt von Cap seien vertragliche Streitigkeiten jeder Art gedeckt.
Bei der Coop Rechtsschutz AG hingegen wäre Marco Tremp möglicherweise auch aufgelaufen. «Unsere Versicherungsbedingungen halten fest: Vorsätzlich herbeigeführte Rechtsschutzfälle sind nicht versichert», so Daniel Siegrist, Vorsitzender der Geschäftsleitung.