Die SRG verkündete im Sommer grossspurig: «Die Schweizer Fussballfans können die Highlights der Champions League bis 2024 weiterhin bei den Sendern der SRG im frei empfangbaren Fernsehen verfolgen.» Schon im Nachsatz relativierte die SRG: Sie präsentiere «direkt nach Abpfiff der 21-Uhr-Partien ausführliche Matchberichte aller Spiele». Im Klartext: Das Schweizer Fernsehen zeigt nur noch Teilaufzeichnungen – und zwar nach 23 Uhr. Live-Spiele gibts ab nächstem Sommer nicht mehr.
Grund: Die Swisscom- Tochter Teleclub hat sich die Rechte an der Champions League vom europäischen Fussballverband Uefa für die drei Saisons von 2021 bis 2024 gesichert und zeigt sie auf Blue Sport. Teleclub verkaufte zwar die Rechte an sieben Spielen weiter – aber nicht an die SRG, sondern an das Medienunternehmen CH-Media. Es betreibt unter anderem die Sender 3+ und TV24. Dort werden die sieben Spiele gratis zu sehen sein. In der Romandie und im Tessin auf Blue-Zoom. Fast alle Haushalte in der Schweiz können diese Sender empfangen.
Die Swisscom hat sich die Übertragungsrechte einiges kosten lassen. Offizielle Zahlen sind nicht erhältlich. Laut Roland Mägerle, Sportchef des Schweizer Fernsehens, werden Zahlen von über 28 Millionen Franken pro Saison herumgeboten.
Staatsnaher Betrieb übergeht SRG
Teleclub ist eine 100-prozentige Swisscom-Tochter. Und die Swisscom ist wiederum zu 51 Prozent im Besitz des Bundes. Dieser hat mit der Aktienmehrheit am Unternehmen das alleinige Sagen. Die Swisscom bezeichnet sich gerne als börsenkotierte AG, aber letztlich ist sie ein halbstaatlicher Betrieb. Und sie hat die SRG beim Weiterverkauf der Übertragungsrechte übergangen.
Die SRG ihrerseits ist auf dem Papier ein privater Verein. Aber sie hat einen Leistungsauftrag des Bundes. Und sie erhält Gebührengelder. Der eine staatsnahe Betrieb – die Swisscom – sorgt also dafür, dass der andere staatsnahe Betrieb – die SRG – keine Champions-League-Spiele mehr live zeigen kann. Zum Schaden der Zuschauer, die immer mehr zahlen (siehe Kasten).
Swisscom-Sprecher Sepp Huber sieht es positiv: «Hätte die Swisscom die Rechte nicht erworben, wären sie mit grosser Wahrscheinlichkeit von einem ausländischen Pay-TV-Veranstalter auch für die Schweiz miterworben worden – mit unbekanntem Resultat für die Schweiz.»
Die SRG stört sich nicht an der Konkurrenzsituation: «Ein Modell, in dem sich das Pay-Angebot und das frei empfangbare Grundangebot ergänzen, ist am sinnvollsten», sagt Sportchef Mägerle. Die SRG zeige ausgewählte Spiele.
Doch bei der Champions League klappt das nicht mehr, obwohl die SRG pro Jahr rund 46 Millionen Franken für Sport-Übertragungsrechte ausgibt. Denn das Geld reicht nirgends mehr hin – weil die Preise für die Übertragungsrechte seit Jahren steigen. Mägerle sagt: «Um weiterhin Live- Spiele übertragen zu können, hätte die SRG ein Mehrfaches der heutigen Summe bezahlen müssen. Die SRG kann und will das nicht.»
«Verlierer ist das Publikum»
Roland Mägerle kritisiert die halbstaatliche Swisscom: «Sie verschiebt die Spiele der besten Fussballer Europas zunehmend ins Bezahl-Fernsehen. Verlierer der Swisscom-Strategie ist das Publikum.»
Das zuständige Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation von Simonetta Sommaruga äussert sich zurückhaltend. Der Bundesrat nehme «die ungünstigen Entwicklungen bei den Rechtepreisen ernst». Und: «Er wird die Entwicklung verfolgen und Massnahmen prüfen, sollte dieser Teil des Service public nicht mehr effektiv zu erfüllen sein.»
«Es geht nur ums Geld»
Die steigenden Preise für die Übertragungsrechte könnten dazu führen, dass die SRG künftig auch weniger Fussball und Eishockey aus der Schweiz überträgt. Die Swiss Football League hat die Rechte an ihren Spielen im September ausgeschrieben. In den vergangenen Jahren kassierte die Swiss Football League von Teleclub 30 bis 35 Millionen Franken pro Saison. Ein Fussballspiel pro Runde verkaufte Teleclub an die SRG. Ob die SRG das künftig noch zahlen kann und will, ist offen. Denn kürzlich sagte Football- League-Chef Claudius Schäfer der NZZ: «Für uns als Liga muss es immer das Ziel sein, mehr zu erhalten.» Mägerle vom Schweizer Fernsehen kritisiert: «Es geht nur ums Geld.»
Die Rechte an den Spielen der Fussball-Nationalmannschaft sind noch bis Ende 2022 bei der SRG. Danach ist alles offen. Klar ist nur, dass Spiele der Welt- und der Europameisterschaft sowie die Qualifikationsspiele auch künftig gratis zu sehen sein werden. Denn das Radio- und Fernsehgesetz schreibt vor, dass «Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung frei zugänglich» sein müssen. Übertragen muss aber nicht unbedingt die SRG, es kann auch ein wenig bekannter Nischensender sein.
Auch Hockeyklubs wollen mehr Geld
Offen ist auch, wie es im Eishockey weitergeht. Bisher vergab der Verband die Rechte für die Spiele der Schweizer Meisterschaft und der Nationalmannschaft als Ganzes. Neu möchte die Liga die Rechte selbst verkaufen. Die Klubs hoffen, so mehr herausholen zu können.
Zuletzt stieg der Preis für die Eishockey-Rechte rasant. In zehn Jahren soll er sich auf rund 35 Millionen Franken pro Saison vervierfacht haben. Ob sich UPC die Rechte wieder sichert, ist offen. Dem Vernehmen nach rechnet sich das Eishockey für UPC nicht. Aber mit CH-Media und Blick-TV stehen weitere Bewerber in den Startlöchern. Für die SRG wird es jedenfalls nicht einfacher.
So viel kostet Sport im Fernsehen
Swisscom-Kunden: Sie können für Fr. 29.90 pro Monat «Blue Sport» abonnieren und alle Spiele der Super League, der Challenge League sowie der Champions League anschauen. Wer kein TV-Basis-Abo bei der Swisscom hat, kann das Paket über die App «Blue TV Air free» abonnieren. Die Mindestlaufzeit des Abos beträgt sechs Monate, die Kündigungsfrist drei Monate. Zudem besteht die Möglichkeit, einzelne Spiele zu schauen. Die Swisscom erhöhte den Preis dafür kürzlich von Fr. 5.– auf Fr. 7.90 (internationale Spiele Fr. 9.90).
UPC-Kunden: Das Sportpaket «Mysports Pro» kostet Fr. 25.– pro Monat. Dafür brauchts ein TV-Grund-Abo von UPC oder einem Partner von Swissdigital. Gezeigt werden alle Eishockeyspiele der höchsten Schweizer Liga. Die Mindestvertragsdauer beträgt drei Monate mit einer Kündigungsfrist von ebenfalls drei Monaten. Es ist auch möglich, für Fr. 9.– ein 24-Stunden-Ticket zu lösen.
Seit kurzem können Swisscom- und UPC-Kunden auch die kostenpflichtigen Sportangebote des jeweils anderen Unternehmens ansehen. Die Preise sind gleich. Einzige Ausnahme: Swisscom-Kunden können den 24-Stunden-Abruf von UPC noch nicht nutzen.