Bei Marcel Arpagaus aus Gutenswil ZH erhöhte Sunrise die monatliche Gebühr beim Abo «Happy Home 300». Für Internet, Festnetz und TV sollte er neu 109 statt 79 Franken zahlen. Arpagaus reklamierte beim Kundendienst. Dieser bot ihm das Abo «Happy Home 600» für zwei Jahre zum Preis von 59 Franken an, gültig ab Mai 2023.
Doch auf der Mai-Rechnung verlangte Sunrise erneut 109 Franken. Erst im Juni erhielt Marcel Arpagaus das Abo für 59 Franken. Im Juli erhöhte Sunrise den Preis auf Fr. 62.30. Arpagaus bestand auf dem versprochenen Preis von 59 Franken ab Mai. Er reklamierte erneut, jedoch ohne Erfolg.
Winfried Neumann aus Stäfa ZH erhielt im Juni keine Rechnung für sein Internetabo. Auf der Juli-Rechnung verlangte Sunrise von ihm dennoch 30 Franken Mahngebühren. Neumann beschwerte sich beim Kundendienst. Ein Mitarbeiter versicherte ihm: Die Gebühr sei ein Versehen und werde gestrichen.
Doch die Mahngebühr war auch auf der nächsten Rechnung als «Offener Betrag aus Vormonat» ausgewiesen. Neumann musste mehrmals per Telefon und im Sunrise-Laden nachfragen. Erst Ende August strich Sunrise die Gebühr.
Eine Kundin aus Winterthur ZH erkundigte sich bei Sunrise telefonisch nach einem günstigeren Abo für TV und Internet. Bis dahin zahlte sie 79 Franken im Monat. «Internet und TV können wir für 73 Franken machen», lautete das Angebot am Telefon. Dazu bekomme sie gratis ein Handy-Abo. Die Leserin akzeptierte. Doch das Handy-Abo war nicht kostenlos. Sunrise berechnete der Kundin dafür Fr. 30.95 im Monat. Internet und TV allein hätten nur Fr. 46.90 gekostet. Doch das hatte der Sunrise-Mitarbeiter verschwiegen.
Mehrere K-Tipp-Leser wollten im Juni dieses Jahres ihre bestehenden Verträge mit Sunrise kündigen, weil die Firma die Preise für verschiedene Abos erhöhte. Rechtlich ist eine Kündigung in solchen Fällen immer möglich und darf nichts kosten. Der Kundendienst von Sunrise bestätigte dies gegenüber dem K-Tipp (10/2023).
Dennoch verlangte der Telecomkonzern von Kunden, die kündigten, zum Teil hohe Kosten für Abogebühren bis zum ursprünglich vereinbarten Vertragsende. Beispiele: Bei Arnold Götz aus Lützelflüh-Goldbach BE waren es 601 Franken, bei einer Kundin aus Dübendorf ZH 979 Franken und bei Christos Papadopoulos aus Jona SG 741 Franken. Er musste beim Kundendienst nicht weniger als neun Mal telefonisch nachhaken, bis ihm Sunrise die Gebühren erliess.
«Falsche Versprechen sind nicht akzeptabel»
Christoph Richartz, Chef Kundendienst bei Sunrise, nimmt Stellung zu den zahlreichen Beschwerden von Kunden.
Kein Unternehmen sorgt auf Reklamation.ch für mehr Beschwerden als Sunrise. Ihre Firma hat ein grosses Problem mit dem Kundenservice.
Das entspricht nicht unserem Qualitätsanspruch. Wir brachten mit Sunrise und UPC zwei Unternehmen zusammen. Das war eine grosse Herausforderung. Zum Beispiel kannten Sunrise-Mitarbeiter die Produkte von UPC zunächst nicht und umgekehrt.
Erfahrungen von vielen K-Tipp-Lesern zeigen: Der Kundendienst von Sunrise hält Versprechen nicht ein. Zum Beispiel ist das Abo auf der Monatsrechnung plötzlich teurer als am Telefon abgemacht.
Jeder dieser Fälle ist ein Fall zu viel. Aber das betrifft nur einen marginal kleinen Teil der Kundenanfragen.
Was heisst «marginal»? Es gibt sehr viele Beschwerden von Kunden.
Ja, aber man kann deswegen nicht sagen, der gesamte Kundenservice sei schlecht. Das zeigen Branchentests, bei denen Sunrise gut abschneidet. Falsche Versprechen sind aber klar nicht akzeptabel. Das passiert leider immer wieder.
Weshalb?
Während der Covid-Pandemie wechselten viele Mitarbeiter aus dem Tourismus in unsere Callcenter. Als der Tourismus wieder anlief, verloren wir diese Mitarbeiter wieder, etwa in Ägypten, der Türkei oder dem Kosovo. Das heisst: Wir mussten viele Leute neu einstellen. Darunter gab es einzelne, die den Service zu wenig ernst nahmen. Um das zu verbessern, hören wir uns Kundendienstgespräche an. Diese Qualitätskontrollen haben wir in den letzten Monaten verstärkt.
Haben Sie die Mitarbeiter der Callcenter falsch instruiert, die bei einer Kündigung wegen erhöhten Abopreisen noch Geld verlangen?
Nein. Wir geben den Mitarbeitern klare Anweisungen. Darin steht etwa, dass Kunden nach einer Preiserhöhung kündigen können, ohne dass dafür Gebühren berechnet werden.
Warum kommt es trotzdem oft vor, dass Sunrise von Kunden unzulässige Gebühren verlangt?
Die Mitarbeiter des Kundendienstes müssen die zuständige Abteilung informieren, dass es sich um eine Kündigung ohne Kostenfolge handelt. Wenn das vergessen geht, werden die Kosten trotzdem berechnet.
Das erklärt nicht, weshalb so viele Kunden mehrmals reklamieren mussten.
Das ist eine Katastrophe, dafür kann ich mich nur entschuldigen. Das darf nicht passieren. Um das zu verhindern, haben wir unter anderem unser Anreizsystem angepasst. Mitarbeiter im Callcenter haben neben dem Fixlohn einen variablen Lohnbestandteil. Darin wurde der Verkauf zu hoch gewichtet. Wir belohnen die Servicequalität nun stärker – zum Beispiel, wenn ein Mitarbeiter ein Problem bereits im ersten Anlauf lösen kann. Beim grössten Teil der Anfragen gelingt das.
Wann wird der Kundendienst von Sunrise kein Ärgernis mehr sein?
Ich kann nicht versprechen, dass wir alle Probleme lösen können. Aber in einem halben Jahr werden wir besser sein als heute.