Reto Webers Mutter lebt seit fünf Jahren im Tertianum Bergsicht in Kirchlindach BE. So lange bezahlt er die Heimrechnungen schon per Internet. Doch seit diesem Jahr kostet ihn das jeden Monat 20 Franken mehr, weil Tertianum für Zahlungen ohne Lastschriftverfahren neu 20 Franken verlangt.
Tertianum gehörte 2013 bis 2020 der grössten Immobiliengesellschaft der Schweiz, der Swiss Prime Site AG. Vor drei Jahren verkaufte sie die Aktien an die Capvis AG. Dabei handelt es sich um eine Firma, die ihre Gewinne mit dem Kauf und Verkauf von Beteiligungen erwirtschaftet.
Im November vergangenen Jahres verschickte die Tertianum-Gruppe ein Schreiben an ihre Kunden. Darin drohte sie: «Wenn Sie Ihre Rechnungen noch nicht mit Lastschriftverfahren (Banken) oder Direct-Debit (Post) begleichen, wird Ihrer Abrechnung ab Januar 2023 monatlich eine administrative Gebühr von 20 Franken zugefügt.» Bewohner müssen also pro Jahr 240 Franken zusätzlich zahlen, wenn sie dem Unternehmen nicht direkten Zugriff auf ihr privates Konto gewähren. Betroffen sind mehr als 5000 Bewohner von über 80 Tertianum-Heimen der Schweiz.
Reto Weber bezahlte den Zuschlag bisher, weil er Nachteile für seine Mutter befürchtete. Doch er wehrt sich gegen die Pflicht zum Lastschriftenverfahren. Zu Recht: In den Allgemeinen Bestimmungen zu seinem Pflegevertrag steht zwar, dass die Gäste verpflichtet seien, fürs Zahlen der Rechnungen ein Lastschriftverfahren abzuschliessen. Für den Fall, dass dies jemand nicht umsetzt, fehlt aber die Vereinbarung einer Gebühr. Reto Weber zahlte die Heimkosten fünf Jahre lang ohne Beanstandungen via E-Banking. Der Aargauer findet das Vorgehen von Tertianum unverschämt: «Beim E-Banking entstehen dem Heim gar keine Kosten.»
Reto Weber beanstandete das Vorgehen gegenüber Tertianum mehrmals. Vergeblich. Dem K-Tipp antwortet Tertianum lapidar: «Wir haben zum Jahreswechsel unsere Verträge angepasst.» Weber erhielt jedoch keinen neuen Vertrag. Er müsste ihn auch nicht einfach akzeptieren. Karl Kümin, Leiter Recht des K-Tipp, stellt klar: «Eine neue Gebühr ist nur geschuldet, wenn beide Vertragspartner zustimmen.» Reto Weber könnte den Zuschlag also ablehnen, auch wenn er neue Allgemeine Geschäftsbedingungen erhalten würde. Bei Ablehnung gilt der bisherige Vertrag weiter – ohne Zuschlag bei E-Banking-Zahlungen.
Abrechnung des Pflegeheims: Diese Punkte sollte man überprüfen
- Pflegestufe: Stimmen Einstufung und Pflegebedarf überein? Wird diese Leistung auch erbracht?
- Pensionstaxe: Ist die Pensionstaxe angemessen? Als Richtwert dient der Höchstwert, der durch die Ergänzungsleistung bezahlt wird. Auskunft gibt die kantonale Stelle für Ergänzungsleistungen.
- Betreuungstaxe: Wird sie korrekt berechnet? 2018 betrug die durchschnittliche Betreuungstaxe in der Schweiz Fr. 34.08 pro Tag.
- Individuelle Ausgaben: Stimmen die Beträge für private Konsumation, Fahrdienste oder Coiffeur?
- Bei Abwesenheiten: Welche Kosten sind etwa bei auswärtiger Verpflegung eines Heimbewohners laut Pflegevertrag wirklich geschuldet?
- Pflegematerial: Werden Hilfsmittel wie Inkontinenzmaterial bis zum festgelegten Kostendach direkt mit der Krankenkasse abgerechnet und nur die übersteigenden Kosten weiterbelastet?
- Bei Kündigung oder im Todesfall: Welche Kosten sind laut Vertrag geschuldet?