Wer an einer Schnellladestation einen Tesla Model S auftankt, kann angeblich nach rund einer halben Stunde wieder mehrere Hundert Kilometer weit fahren. So warb der US-amerikanische Hersteller Tesla in den vergangenen Jahren. Im eigenen Schnellladenetz, den sogenannten Superchargern, war der Strom gratis. Für K-Tipp-Leser Reto Wyss aus Oberönz BE Grund genug, im Jahr 2018 für 56 000 Franken einen Tesla Model S mit 85-Kilowatt-Batterie zu kaufen: «Das Auto war drei Jahre alt, ich habe es direkt von Tesla Schweiz gekauft. Die Garantie auf den Akku lief noch bis 2023. Ich konnte damals den Akku in rund 45 Minuten für eine Reichweite von 520 Kilometern aufladen.»
Tesla verweigert Reparatur
Doch damit ist es vorbei: Heute dauere eine Vollladung drei Mal so lange wie nach dem Kauf – volle 140 Minuten, sagt Reto Wyss. Und die Reichweite sank auf rund 400 Kilometer. «Das Auto ist so für mich nicht mehr alltagstauglich.»
Wyss brachte das Auto Ende des vergangenen Jahres zum Tesla-Service in Bern und wollte es auf Garantie kostenlos reparieren lassen. Doch Tesla verweigerte das. Begründung: Der Akku funktioniere einwandfrei. Und eine Garantie auf die Ladegeschwindigkeit gebe es nicht. Reto Wyss gab sich damit nicht zufrieden und forderte Tesla per Anwalt auf, die ursprüngliche Ladeleistung der Batterie wiederherzustellen. Tesla lehnte dies ab, räumte in der Antwort aber ein, die Ladegeschwindigkeit reduziert zu haben: «Im Mai 2019 führte Tesla ein neues Schnellladungsprofil ein», das «die Spitzenladerate geringfügig reduziert». Damit würden die «Ladung, die Batterieleistung und die Lebensdauer der Batterie» optimiert. Wyss ärgert sich: «Mit dem Update hat Tesla die Ladegeschwindigkeit meines Autos verschlechtert.»
Die Fahrzeuge des grössten Elektroautohändlers der Schweiz sind ständig mit dem Internet verbunden. Tesla liefert regelmässig Softwareupdates aus, welche die Fahrer selber installieren sollen. Viele tun das, ohne sich genau über das Update zu informieren. Unklar ist, welche Folgen es hat, wenn man die neue Software nicht installiert.
Gerichte geben Tesla-Kunden recht
Reto Wyss ist kein Einzelfall. Im Ausland haben mehrere Tesla-Besitzer das gleiche Problem. In Norwegen klagten 31 Betroffene gegen den Elektroautohersteller. Die Kläger hatten wie K-Tipp-Leser Wyss einen Tesla unter anderem mit Baujahr 2015 gekauft. Christian Hagen Tønsberg ist Anwalt der Kläger. Er sagt: «Meine Klienten stellen fest, dass ihre Autos an Teslas Schnellladestationen langsamer aufgeladen werden. Das Update habe «das Ladeverhalten verändert». Tesla habe die Eigentümer nicht über die Änderung informiert. Tønsbergs Mandanten bekamen letztes Jahr von einem Gericht in Oslo recht. Die Richter verdonnerten Tesla zu einer Entschädigung von rund 13 000 Franken pro Fahrer. Das Gericht schreibt: «Die Autos sollten nach einem Update nicht schlechter sein als beim Kauf.» Tesla hat das Urteil an die nächste Instanz weitergezogen.
Im US-Staat Kalifornien klagten 2019 rund 1700 Betroffene nach einem Softwareupdate über weniger Reichweite und eine verschlechterte Ladeleistung. Tesla stimmte vor kurzem einem Vergleich zu und muss den Teslafahrern jetzt insgesamt 1,5 Millionen Dollar zahlen. Das US-Gericht hielt fest: «Das Update führt zu einer eingeschränkten Batterieleistung.»
Tesla nahm zu Fragen des K-Tipp nicht Stellung.
Leseraufruf
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Rundumüberwachung mit autokameras
Die Zeitschrift «Saldo» belegte vor zwei Jahren in einem Praxistest, dass die in Tesla-Autos eingebauten Kameras während der Fahrt permanent die Umgebung filmen («Saldo» 19/2020). Auch auf dem Parkplatz wird das Geschehen rund ums Auto mit Kameras kontrolliert. Der Fahrer kann die Aufnahmen ansehen, speichern und bearbeiten. Die Deutsche Verbraucherzentrale Bundesverband hat nun beim Landgericht Berlin Klage gegen Tesla erhoben.
Tipp: Teslafahrer sollten Aufnahmen von Autokameras im öffentlichen Raum weder veröffentlichen noch aufbewahren. Das ständige Filmen von Autokennzeichen und Personen ist unverhältnismässig und verletzt die Persönlichkeitsrechte der gefilmten Personen, was zu einer Anzeige führen kann. Aufnahmen dürfen nur bei «überwiegendem Interesse an einer Beweissicherung» gespeichert werden, zum Beispiel bei einem Unfall.