Die Experten im Labor fanden in 21 der 70 Eiswürfelproben die Darmbakterien Enterokokken und Escherichia coli. Diese Fäkalbakterien können Durchfall oder Erbrechen auslösen. Acht Proben enthielten beide Fäkalkeime, darunter das Eis aus dem Zürcher Vegi-Restaurant Hiltl. Laut der schweizerischen Hygieneverordnung dürfen in Eiswürfeln keine Darmbakterien vorkommen.
Für Leute mit geschwächtem Immunsystem riskant
Das gilt auch für den Eiter-Erreger Pseudomonas aeruginosa. Das Labor entdeckte ihn in drei Proben: im Coop-Restaurant Emmenbrücke LU, im Entrecôte Café Fédéral in Bern und im Nix in der Krone, Lengnau AG. Der Keim deutet auf eine schleimige Schicht in Wasserleitungen und Eismaschinen hin. Bei Leuten mit geschwächtem Immunsystem kann er Harnwegsinfektionen, Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen verursachen.
Fast jede vierte Eiswürfelprobe wies zu viele Keime auf. Eine erhöhte Gesamtkeimzahl zeigt an, dass die Betriebe das Eis unhygienisch verarbeiteten. Erlaubt sind laut der Hygieneverordnung maximal 3000 koloniebildende Einheiten (KBE) pro Milliliter. Die Probe aus dem Restaurant Rose in Baden AG enthielt mehr als das Zehnfache: 35 000 KBE pro Milliliter (die detaillierten Ergebnisse in der Tabelle im PDF).
Immerhin: 40 der 70 Proben hielten alle Toleranzwerte ein. Laut dem Prüflabor waren davon 26 Proben «mikrobiologisch einwandfrei». Bei diesen fanden die Experten nur eine sehr geringe Anzahl Keime. Das saldo-Urteil: sehr gut (siehe unten).
Auch die kantonalen Laboratorien überprüften letztes Jahr die Eiswürfelqualität in Verpflegungsbetrieben. Sie beanstandeten jede vierte Probe. Otmar Deflorin, Präsident der Kantonschemiker, nennt mögliche Ursachen: mangelhafte Reinigung und Wartung der Eismaschinen, Wasser aus langen Leitungen mit stehendem Wasser oder ein unhygienischer Umgang mit dem Eis.
«Das Ergebnis der Stichprobe ist erschreckend, aber nicht überraschend», urteilt der Lebensmittelingenieur Rolf Bertschy. Er prüft im Auftrag der Firma Almedica für medizinische Diagnostik und Hygiene in Galmiz FR auch Eiswasser von Lokalen. In vielen Gastrobetrieben lasse die Hygiene «generell zu wünschen übrig».
Bakterien sterben nicht durch das Einfrieren. Ihr Wachstum wird nur stark verlangsamt. Sobald die Eiswürfel im Getränk sind, vermehren sich die Bakterien wieder schneller – vor allem in zuckerhaltigen Getränken.
Betriebe geben Maschinen oder Personal die Schuld
saldo hat bei den 30 problematischen Lokalen Stellungnahmen eingeholt. 11 Betriebe gaben keine Antwort. Von den andern orten die meisten das Problem bei ihren Eismaschinen. Im Café Mühleisen in Liestal BL war der Abfluss des Geräts verstopft. Das Restaurant Gfeller am Bärenplatz in Bern hält eine Überlastung der Maschine aufgrund warmer Temperaturen für möglich. Die Bäckerei Knobel in Altendorf SZ kritisiert das reinigungsunfreundliche Gerät. Viele Lokale versprechen, ihre Maschinen umgehend warten zu lassen oder ein neues Modell zu kaufen. Andere Betriebe vermuten Fehler beim Personal. Das Romantik-Hotel Säntis in Appenzell AI mutmasst, dass das Eis von Hand abgefüllt wurde. Laut dem Hotel Burestadl in Buochs NW hat eine Angestellte die Eismaschine nicht nach Vorschrift gereinigt. Ein Betrieb lässt die Mitarbeiter keine WC-Schlüssel mehr an die Gäste aushändigen.
Coop erklärt, dass das Eis in den Coop-Restaurants ausschliesslich zur Kühlung der Waren verwendet werde: «Wir gehen davon aus, dass die Abgabe des Eises irrtümlich erfolgte.» Man kläre, ob eine ungenügende Reinigung oder die Wasserqualität schuld am schlechten Ergebnis war.
Lukas Uehlinger vom Entrecôte Café Fédéral ist «sehr überrascht»: «Wir haben eine neue Eismaschine, das langjährige Personal kennt die Hygienevorschriften.» Künftig lasse man die Eiswürfel selber testen.
Das Restaurant Hiltl in Zürich bedankt sich für die Hinweise und überprüft nun die Reinigungsintervalle. Zudem werde ein Labor beauftragt, um unangekündigt ebenfalls Proben zu nehmen.
Schlecht abgeschnitten haben auch das Restaurant Terrasse in Zürich und das National in Winterthur. Sie gehören beide zur Bindella AG. Das Unternehmen sagt, es lasse seine Eismaschinen unangemeldet von einem unabhängigen Labor kontrollieren. Es hat nun eine ausserplanmässige Wartung veranlasst und will die Mitarbeiter «erneut auf dieses wichtige Thema» hinweisen.
Diese Lokale servierten hygienisch unbedenkliches Eis
Aargau:Sorell Hotel Arte, Spreitenbach; Spaghetti Factory, Aarau; McDonald’s, Baden; Tuchlaube Café und Bar, Aarau;China City Restaurant, Wettingen
Appenzell AR: Restaurant Countries, Herisau
Baselland: Restaurant Rössli, Itingen
Basel-Stadt: Hotel Euler, Basel
Bern: Park Café Kleine Schanze, Bern;Gasthof zum goldenen Löwen, Langnau im Emmental
Glarus: City Restaurant, Glarus; Seerestaurant Zur Brauerei, Mühlehorn
Graubünden: Raststätte Marché Heidiland, Maienfeld-Fläsch
Luzern:Restaurant Piccard im Verkehrshaus, Luzern; Hotel Kreuz, Schüpfheim
Nidwalden: Wirtschaft zur Rosenburg, Stans
Sankt Gallen: Restaurant Bierhof, St. Gallen; Hotel Churfirsten, Walenstadt
Schaffhausen: ManoraRestaurant, Schaffhausen
Schwyz: Dany’s Restaurant, Ibach; Bäckerei Schefer, Einsiedeln; Gasthaus Stausee, Innerthal
Solothurn: Hotel Martinshof, Zuchwil;Bärgbeiz Gempenturm, Gempen; Hotel Zunfthaus zu Wirthen, Solothurn
Thurgau: Hotel Rotes Kreuz, Arbon; Brauhaus Sternen, Frauenfeld
Uri: Burger King, Altdorf
Zug:Restaurant Edlibacherhof, Edlibach
Zürich:Migrol-Tankstelle, Dielsdorf (Ruchwiesenstrasse); Gartenrestaurant Al Fresco, Widder Hotel, Zürich; Gasthof Hirschen, Zürich; Burger King, Rümlang; Restaurant Markthalle im Viadukt, Zürich; Zum Alten Löwen, Zürich;Restaurant Kronenhalle, Zürich; Kaufleuten Bar, Zürich; Santa Lucia Bellevue, Zürich; Starbucks (Bahnhof), Winterthur; Globus Restaurant Bellevue, Zürich
Die Proben dieser Lokale haben keinen Toleranzwert überschritten.
Sehr gut: Gesamtkeimzahl bis 300 KBE/ml
Gut: Gesamtkeimzahl unter 3000 KBE/ml (von 354 KBE/ml in der Kronenhalle in Zürich bis 2900 KBE/ml im Brauhaus Sternen in Frauenfeld) Rangierung innerhalb der Kantone nach Wert Gesamtkeimzahl
Die Stichprobe
Die Testpersonen fragten in 70 Lokalen nach Eiswürfeln. Die Proben wurden gekühlt in Behältern innert 24 Stunden ins Labor gebracht. Die Experten ermittelten die Anzahl Keime pro Probe und untersuchten das geschmolzene Eis auf die Bakterien Enterokokken, Escherichia coli und Pseudomonas aeruginosa. Die Stichprobe fand zwischen dem 22. und 28. Juni statt.