Es gibt in der Schweiz keine rechtlichen Vorschriften zur Zusammensetzung von Fischstäbchen. Die Hersteller sind frei, welchen Fisch sie verarbeiten und wie viel Fisch ein Stäbchen enthalten soll. Die Qualität ist den Produkten nicht anzusehen. Deshalb untersuchte ein auf Fisch spezialisiertes Labor in Cuxhaven (D) für den K-Tipp 16 Packungen der Grossverteiler (siehe Kasten «So wurde getestet»). Die günstigsten Fischstäbchen kosteten pro 100 Gramm 38 Rappen, die teuersten Fr. 2.50. Bei letzeren handelte es sich um Bio-Zuchtfisch von Migros und Coop. Alle anderen Produkte wurden mit Fisch aus Wildfang hergestellt.
Das Testresultat: Der Fischanteil ist in allen Stäbchen eher bescheiden. Am meisten Fisch (je 62 Prozent) steckte in den Findus «Fish Sticks» und den «Fischstäbchen» von Lidl. Die beiden Produkte schneiden mit der Gesamtnote 5 am besten ab. Der Unterschied: Das Findus-Produkt enthält Fischfilet, das Lidl-Produkt «Fischmus» – das sind Fischstücke, die beim Entgräten anfallen.
Zwei Produkte mit unappetitlicher Füllung
Fünf Produkte enthielten nur 57 Prozent Fisch. Die Coop Naturaplan «Bio Fish Sticks» waren mit 55 Prozent Fisch am spärlichsten gefüllt. Zum Vergleich: Das gleiche Produkt enthielt im letzten Fischstäbchen-Test vor drei Jahren noch über 75 Prozent Bio-Pangasius pro Stäbchen (K-Tipp 16/2016). Der Preis blieb gleich. Neun andere Produkte enthielten im früheren Test ebenfalls mehr Fisch.
Die «Pelican Fischstäbchen Dorsch» der Migros und die «Fish Fingers» von Aldi enthielten je zwei Fadenwürmer pro 250 Gramm Fisch. Die Parasiten nisten sich in Bauchhöhlen und Innereien von Fischen ein. Für diese unappetitliche Füllung gab es eine ungenügende Teilnote.
Punkto Würmern schneiden die Fischstäbchen aber besser ab als Fischfilets: 6 von 15 gefrorenen Filets enthielten im letzten Test Würmer (K-Tipp 4/2018). In 250 Gramm Migros-Wildlachsfilets steckten gar 44 Stück.
13 der 16 Fischstäbchen enthielten Spuren des giftigen Methylquecksilbers. Die Coop Qualité & Prix «Fish Sticks» wiesen einen vergleichsweisen erhöhten Gehalt auf. Das Produkt erhielt dafür eine halbe Note Abzug. Der Test zeigt, dass es auch unbelastete Fischstäbchen gibt.
Fischmenge zum Teil falsch deklariert
Die Eigenmarken von Aldi, Denner und Volg enthielten über 5 Prozent weniger Fisch als auf der Verpackung versprochen. Laut dem Labor ist es durchaus normal, dass der Fischanteil in den Stäbchen während der Produktion abnimmt – beispielsweise, weil der Fisch beim Vorfrittieren Wasser verliert. Eine Reduktion von über 5 Prozent weise jedoch auf eine fehlerhafte Deklaration oder zu wässrigen Fisch hin. Dafür gab es 0,2 Noten Abzug.
Die Hersteller geben an, den Fischanteil seit dem letzten K-Tipp-Test nicht reduziert zu haben. Gemäss Volg ist der Fischanteil korrekt deklariert. Laut Migros kann es in der Produktion «zu unterschiedlich starken Übergängen von Fischgewebewasser in die Panade kommen». Gemäss Aldi kommt es trotz «sorgfältiger Kontrollen» vor, dass kleine Wurmlarven nicht entdeckt werden». Alaska-Seelachs sei ein Naturprodukt: «Würmer sind nicht ganz auszuschliessen.»Sabine Rindlisbacher
«Ein Filet kann trotz aller Sorgfalt Fadenwümer enthalten»
Interview mit Andree Osterloh, Inhaber des Labors Cuxhaven in Deutschland.
Viele Leute gehen davon aus, dass in Fischstäbchen «Abfall-Fisch» landet. Stimmt das?
Nein, das ist falsch. Fischstäbchen bestehen in der Regel aus hochwertigen Fischfilets.
Die Fischstäbchen im Test enthielten deutlich weniger Würmer als gefrorene Fischfilets (K-Tipp 4/2018). Wie erklären Sie sich das?
Das kann Zufall sein. Fadenwürmer sind nicht gleichmässig im Fischgewebe verteilt. In bestimmten Fischteilen finden sich gehäuft Fadenwürmer, zum Beispiel im Bauchlappen. Ein Filet kann also trotz aller Sorgfalt mehrere Fadenwürmer enthalten, wogegen andere frei davon sind.
In den Stäbchen steckt immer weniger Fisch. Deckt sich das mit Ihren Analysen?
Uns fällt in der Tat auf, dass in den letzten Jahren der analysierte Fischanteil geringer ausfällt. Gründe dafür könnten sein, dass der Fisch heute bei der Herstellung öfters eingefroren wird und somit mehr (Fremd-)Wasser enthält. Beim Vorbraten geht dieses Wasser verloren. Das führt zu einem geringeren Fischanteil.
Weshalb greifen viele Hersteller für Fischstäbchen zu Alaska-Seelachs?
Zuerst: Der sogenannte Alaska-Seelachs ist kein Lachs, sondern ein Verwandter des Kabeljaus. Ursprünglich wurden Fischstäbchen hauptsächlich aus Kabeljau beziehungsweise Dorsch hergestellt. Mittlerweile wird zum grössten Teil Alaska-Seelachs verwendet. Er ist deutlich günstiger als Kabeljau.
Der Fisch in den Stäbchen reiste oft durch die halbe Welt. Warum?
Ein grosser Teil der Fisch-Verarbeitung wird von Hand erledigt. Die Arbeitskosten in Ländern wie Deutschland sind vergleichsweise hoch. Also lagern Produzenten einzelne Tätigkeiten in Niedriglohnländer aus. So werden beispielsweise Fische in Gewässern vor Russland oder den USA gefangen, in China filetiert und zu Blöcken geformt, vielfach in Deutschland oder Polen geschnitten, paniert, vorgebraten und verpackt. Vorteile hat diese Auslagerung nicht – ausser dass die Fischstäbchen günstiger werden.
Wie viele Kilo Fisch analysiert Ihr Labor pro Jahr?
Insgesamt sind es mehrere Tonnen Fisch.
So wurde getestet
Das Fisch-Labor in Cuxhaven (D) analysierte für den K-Tipp 16 Packungen Fischstäbchen. Die Testkriterien im Überblick.
Anteil Fisch: Wie viel Fisch steckt in der Panade? Die Experten entfernten das Paniermehl von den Stäbchen und wogen anschliessend das Gewicht von Fisch und Panade.
Fadenwürmer: Starke Hitze und Kälte töten sie ab. Das Labor suchte die Produkte nach den Parasiten ab. Zudem liess es je 250 Gramm Fischfilets mit Enzymen verdauen, um die Würmer zählen zu können.
Methylquecksilber: Das giftige Schwermetall Quecksilber wird besonders durch im Wasser lebende Mikroorganismen in das noch schädlichere Methylquecksilber umgewandelt. Durch Wasserorganismen gelangt es in Fische. Es wirkt hauptsächlich auf das Nervensystem – mit Seh- und Hörstörungen als Folge.
Deklaration: Das Labor verglich den auf den Verpackungen deklarierten Fischanteil mit der gemessenen Menge Fisch.
PFOS/PFOA: Die giftigen Chemikalien Perfluoroctansulfonsäure und Perfluoroctansäure reichern sich im Körper an und stehen im Verdacht, Krebs zu erzeugen. Erfreulich: Keine Probe im Test wies PFOS oder PFOA auf.
Dioxine: Sie gelangen durch Verbrennung und andere industrielle Prozesse in die Umwelt. Menschen nehmen die giftigen Stoffe hauptsächlich über tierische Lebensmittel auf. Fisch gilt als wichtigste Quelle. Dioxine reichern sich im menschlichen Fettgewebe an, einige gelten als krebserzeugend. Keine der gestesteten Proben enthielt Dioxine.