Hände waschen, wo immer Sie möchten!» Mit diesem Slogan wirbt die Firma B. Braun Medical für ihre Desinfektionstüchlein «New desinfect». Auf dem Werbeposter kauert, vom dicken Stamm eines Baumes leicht verdeckt, auf offener Wiese ein Mann. Offensichtlich verrichtet er hier sein Geschäft, um dann mit einem Hygienetüchlein die Hände zu reinigen.
Solche Desinfektionsartikel sind nicht neu. Es gibt sie in Spitälern und Arztpraxen. Inzwischen werden die Desinfektionsmittel für die Hände auch in Apotheken und Drogerien an Privatpersonen verkauft. Für kräftige Gratiswerbung sorgen dabei Arztserien im Fernsehen, wie «Dr. House», der am Bildschirm immer wieder die gründlich desinfizierende Handreinigung zelebriert. Auch Gesundheitskampagnen, die häufiges Händewaschen als vorbeugende Massnahme gegen ansteckende Krankheiten empfehlen, wirken absatzfördernd.
Erhältlich sind verschiedene Produkte von Herstellern wie B. Braun, Bode, Galephar, Herome, Vifor und 3M. Es gibt sie als Gel, Feuchttüchlein, Flüssigkeit oder in der Spraydose. Unbestritten ist ihre Wirksamkeit: Hautkeime werden innerhalb von Sekunden stark reduziert, Bakterien, Pilze und Viren weitgehend abgetötet. In Spitälern, Arztpraxen und Pflegeheimen sind die meist alkoholhaltigen Gels und Lösungen praktisch und notwendig. Doch gilt das auch für den Normalverbraucher im Alltag? Kathrin Mühlemann, Professorin für Infektiologie und Leiterin der Spitalhygiene am Inselspital Bern, schüttelt den Kopf: «Im Privatbereich ist das Händewaschen mit Seife völlig ausreichend.»
Sie verweist auf eine Studie der Universität Melbourne in Australien. Diese hat ergeben, dass mit Seife und Wasser die Hände mindestens so effizient gereinigt werden können wie mit den handelsüblichen Desinfektionsmitteln. Stellt man auf die Ergebnisse der Studie ab, wird klar: Die Verwendung von Desinfektionsmitteln ist schlicht unnötig. Zudem sind die Desinfektionsmittel viel teurer als Seifen. Beispiel: Die 100-ml-Dose Sterilium von Bode – eines der günstigsten Produkte – kostet Fr. 6.–, das «New desinfect» mit 14 Reinigungstüchlein Fr. 10.90. Eine milde Pflegeseife gibts beim Grossverteiler schon für 1.20 Franken.
Händehygiene auf Reisen
Auch für die Hygiene auf Reisen gilt: Spezielle Desinfektionsmittel sind nicht nötig. Die Hände kann man nach den gleichen Regeln wie zu Hause reinigen – also immer dann mit Seife und Wasser waschen, wenn sie sichtbar verschmutzt sind, sowie nach der Toilette, vor dem Zubereiten von Speisen, vor dem Essen. «Wichtig ist, dass nicht nur die Innenflächen der Hände, sondern auch Finger, Fingerkuppen, Fingerzwischenräume und Handrücken gründlich gereinigt werden», so Kathrin Mühlemann, Professorin für Infektiologie und Leiterin der Spitalhygiene am Inselspital Bern.