Das vergangene Geschäftsjahr spülte den Stromriesen Ax-po, Alpiq und BKW schwindelerregende Summen in die Kassen: Zusammen erzielten sie einen Gewinn von 3,033 Milliarden Franken. Das sind über 2,3 Milliarden mehr als im Vorjahr.
Am stärksten legte die Axpo zu. Ihr Geschäftsjahr fällt – anders als bei Alpiq und BKW – nicht mit dem Kalenderjahr zusammen, sondern dauert jeweils von Oktober bis September. Der ausgewiesene operative Jahresgewinn der Axpo erhöhte sich um 1,23 Milliarden auf 1,745 Milliarden Franken. Die Berner BKW steigerte ihren operativen Gewinn um 644 Millionen auf 1,039 Milliarden Franken. Und bei Alpiq wuchs er auf 249 Millionen, nach einem Verlust von 203 Millionen im Vorjahr.
Preise sind im Jahr 2022 explodiert
Für den Geldsegen entscheidend waren die gestiegenen Strompreise: 2022 lagen die Marktpreise für Elektrizität in Europa weit über dem zuvor üblichen Niveau von etwa 50 bis 70 Euro pro Megawattstunde (MWh). Der Krieg in der Ukraine, der Ausfall mehrerer französischer Atomkraftwerke wegen Rostschäden und Wartungsarbeiten sowie der trockene Sommer führten zu düsteren Prognosen von angeblich drohendem Strommangel. Das liess die Preise regelrecht explodieren. An der Strombörse in Leipzig (D) erreichten sie Ende August Spitzenwerte von über 1000 Euro pro MWh.
Die Stromproduzenten konnten deshalb ihre Elektrizität auf dem Markt so teuer verkaufen wie noch nie. Und die grossen drei erzeugten im vergangenen Jahr stattliche Mengen: die Axpo rund 35 Millionen, Alpiq 17,5 Millionen und die BKW 9,1 Millionen MWh. In der Summe ist das etwa so viel Strom, wie die Schweiz pro Jahr verbraucht.
Berner Haushalte und Gewerbebetriebe in der Grundversorgung können sich glücklich schätzen: Die BKW schlug nicht auf. Sie beliefert im Unterschied zu Axpo und Alpiq rund 400'000 Kunden direkt mit Elektrizität aus eigenen Kraftwerken. BKW-Kunden zahlen nicht mehr als im vergangenen Jahr, weil sich der Tarif in der Grundversorgung nach den Beschaffungskosten richten muss. Und diese wurden für die BKW nicht höher.
Haushalte zahlen die Zeche
Viele andere Haushalte können von stabilen Strompreisen zurzeit nur träumen. Sie zahlen seit Anfang Jahr teils doppelt oder gar dreimal so viel. Denn ihre Lieferanten überwälzten die hohen Preise für die Strombeschaffung auf dem Markt fast ungeschmälert auf ihre Kunden. Die Stromkosten betragen heute für einen Durchschnittshaushalt in einigen Gemeinden mehr als 1500 Franken pro Jahr («Saldo» 14/2022).
Bei einem knappen Haushaltseinkommen fällt das massiv ins Gewicht. So sagte kürzlich eine 40-jährige alleinerziehende Mutter zweier Teenager gegenüber dem K-Tipp: Sie wasche Geschirr fast nur noch von Hand ab, um den Strom für den Geschirrspüler zu sparen (K-Tipp 2/2023). Ihr Lohn beträgt netto 3500 Franken pro Monat.
Sicher ist: Die hohen Marktpreise für Elektrizität bescherten vielen Haushalten schmerzhaft teure Stromrechnungen – während sich mancher Stromproduzent eine goldene Nase verdiente. Entsprechend populär ist die Forderung, einen Teil der Gewinne von Energiekonzernen mit einer Sondersteuer abzuschöpfen und damit Haushalte und Betriebe zu entlasten. Das verlangen etwa Vorstösse der Nationalräte Balthasar Glättli (Grüne) und Lukas Reimann (SVP), die im Parlament noch hängig sind.
Allerdings: Der Bundesrat wollte bisher von einer Sondersteuer zugunsten von Haushalten und Unternehmen nichts wissen: Weder die Wirtschaftslage noch die Inflation würden eine solche Intervention rechtfertigen, fand die Regierung Ende 2022. Davon profitieren die Stromkonzerne. Sie sind zu einem grossen Teil im Besitz der Bevölkerung, auf deren Rücken die hohen Gewinne erzielt werden.
Die Axpo gehört zu 100 Prozent Kantonen und kantonalen Elektrizitätswerken, Alpiq zu rund zwei Dritteln Gemeinden, kantonalen und kommunalen Stromlieferanten und die BKW zu knapp 53 Prozent dem Kanton Bern und zu 10 Prozent dem Westschweizer Stromunternehmen Groupe E.
Kein Herz für die Stromkonsumenten
- Die Stromunternehmen erhalten einen Zins für ihr ins Leitungsnetz investiertes Kapital. Er beträgt seit Jahren 3,83 Prozent und bringt ihnen jährlich über 800 Millionen Franken ein. Das Geld zahlen die Konsumenten mit den Netzgebühren auf der Stromrechnung.
- Preisüberwacher Stefan Meierhans kritisiert schon lange, dieser Zins sei zu hoch. Im vergangenen Sommer empfahl er dem Bundesrat eine sofortige Senkung, um Haushalte und Gewerbebetriebe von den stark gestiegenen Stromkosten zu entlasten («Saldo» 14/2022).
- Der Ruf des Preisüberwachers verhallte ungehört – und der Bundesrat erhöhte den Zins kürzlich sogar noch. Er steigt per Anfang des nächsten Jahres auf 4,13 Prozent. Das kostet die Schweizer Konsumenten weitere 60 bis 65 Millionen Franken.