Trotz des ungünstigen Wechselkurses: Mindestens jeder zehnte Haushalt kauft regelmässig im grenznahen Raum ein.
Künftig dürfte diese Zahl eher noch zunehmen: Seit Ende Januar gelangt kein brasilianisches Rindfleisch mehr in die EU, ebenso wenig in die Schweiz. Und bereits sind die Preise für Edelstücke wie Filet in der Schweiz spürbar stärker gestiegen als ennet der Grenze. Im Grosshandel betrage der Preisschub für Filet bis zu 40 Prozent, hält der Schweizer Fleisch-Importeur GVFI International AG fest.
Grosshandel verlangt pro Kilo Fr. 10.– mehrDiesen Preisschub spürt auch Marcel Gutknecht, der eine Metzgerei in der Stadt Zürich betreibt. Anfang Januar zahlte er im Grosshandel für ein Kilo argentinisches Rindsfilet Fr. 53.–. Mitte Februar hatte er dafür bereits Fr. 10.50 mehr zu berappen.
Zum Vergleich: Im österreichischen Dornbirn zahlte Metzger Jürgen Fontain Mitte Februar fürs gleiche Produkt im Ankauf Fr. 43.–. Das sind nur Fr. 5.– mehr als zu Beginn des
Jahres.
Metzger Gutknecht hat bis heute darauf verzichtet, die höheren Preise an die Kunden weiterzugeben. Das Kilo argentinisches Filet kostet bei ihm nach wie vor Fr. 82.–.
Ganz anders ists bei der Migros: Seit April 2007 habe der Detailhandelskonzern, so Sprecherin Martina Bosshard, den Kilopreis für argentinisches Rindsfilet um Fr. 3.50 auf Fr. 82.– erhöht. Sie meint damit einen Durchschnittswert, denn der Preis in den Filialen variiert von Region zu Region. Beispiel: Wer sich am 14. Februar in den Stadtzürcher Migros-Filialen Limmatplatz und Wengihof umsah, fand in den bedienten Metzgereien kein Rindsfilet, das pro Kilo weniger als Fr. 90.– kostete (siehe auch
diesen Artikel aus dem aktuellen K-Tipp).
Coop: Importfleisch nur über die FesttageKonkurrent Coop hat die Preise für edelste Stücke vom Rind seit Anfang Jahr ebenfalls angehoben. Statt Fr. 99.– zahlt der Kunde nun Fr. 102.– fürs Kilo. Coop-Sprecher Takashi Sugimoto: «Importware vekaufen wir nur über die Festtage. Die Preise beziehen sich auf Schweizer Natura-Beef.»
Während Coop und Migros die Ware verteuern, verzichten Anbieter im benachbarten Ausland bislang auf eine Erhöhung der Rindsfilet-Preise. In einer Hieber’s-Filiale bei Lörrach (D) kostet das Kilo aus Argentinien seit Monaten Fr. 52.60.
In der Schweiz sorgen unter anderem ein kompliziertes Importverfahren sowie eine künstliche Verknappung des Angebots dafür, dass die Preise im europäischen Vergleich unverhältnismässig hoch sind und bleiben (siehe unten). Giulio Bianchi, Co-Chef vom Lebensmittelhändler G. Bianchi AG, fordert, dass der Branchenverband Proviande höhere Importkontingente zulässt. Von der künstlichen Verknappung profitierten vor allem die Grossverteiler.
Fleisch-Import: Proviande am DrückerDie Schweiz importierte 2006 knapp 13 000 Tonnen Rindfleisch. Rund 70 Prozent davon stammten aus Brasilien.
Wer sich innerhalb des Importkontingents mit Fleisch eindecken will, muss es beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) ersteigern. Das Magazin Saldo berechnete, dass diese Steigerungskosten (inkl. Zoll und MwSt.) das Kilo Rindsfilet bis zu Fr. 19.– verteuern. Davon profitiert die Bundeskasse mit jährlichen Einnahmen von rund 150 Millionen Franken.
Beim Fleischimport spielt auch die Branchenorganisation Proviande eine wichtige Rolle. Monatlich beantragt sie beim BLW die zu importierende Fleischmenge. Pikant: In der Proviande sitzen neben zehn Repräsentanten der Landwirtschaft auch solche von Coop und Migros.