Tiefe Preise - keine Ware
Bei Schnäppchenjägern sind Online-Auktionen sehr beliebt. Auch Betrüger wissen das - und werfen hier gezielt ihre Köder aus.
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K-Tipp 14/2003
03.09.2003
Gery Schwager - gschwager@ktipp.ch
Powerbooks von Apple haben ihren Preis. Das Modell, für das sich Sarah Hirter (Name geändert) interessiert, kostet im Laden gut 5000 Franken.
Umso betörender waren die Angebote, die Hirter auf der Online-Auktionsplattform eBay entdeckte: Hier boten nacheinander mehrere Verkäufer Hirters Wunschcomputer zum Sofort-Kaufpreis von 2400 Franken an.
Diese Chance wollte sich Hirter nicht entgehen lassen. Sie trat mit fünf Verkäufern per E-Mail in Kontakt, um sich übe...
Powerbooks von Apple haben ihren Preis. Das Modell, für das sich Sarah Hirter (Name geändert) interessiert, kostet im Laden gut 5000 Franken.
Umso betörender waren die Angebote, die Hirter auf der Online-Auktionsplattform eBay entdeckte: Hier boten nacheinander mehrere Verkäufer Hirters Wunschcomputer zum Sofort-Kaufpreis von 2400 Franken an.
Diese Chance wollte sich Hirter nicht entgehen lassen. Sie trat mit fünf Verkäufern per E-Mail in Kontakt, um sich über die Geschäftsabwicklung zu besprechen. Gleichzeitig erkundigte sie sich nach den Gründen für die tiefen Preise. Resultat:
- Zwei Anbieter behaupteten unabhängig voneinander, sie seien gerade in Italien und versuchten, die Lagerbestände eines konkursiten Computershops zu verkaufen. Ihre Aufenthaltsadresse gaben beide nicht preis.
- Ein Verkäufer argumentierte, in Spanien, wo er sich derzeit aufhalte, seien die Powerbooks halt so günstig. Die von ihm genannte Adresse erwies sich als falsch.
- Zwei Anbietern schlug Sarah Hirter ein Treffen vor. Sie wäre bereit gewesen, dazu nach Italien beziehungsweise Deutschland zu reisen. Doch in beiden Fällen erhielt sie eine abschlägige Antwort.
- Ein Verkäufer schliesslich erklärte, das Powerbook-Angebot stamme gar nicht von ihm. Offenbar sei sein eBay-Mitgliedskonto von Unbefugten missbraucht worden.
Das alles gab Hirter ziemlich zu denken: «Vielleicht bin ich ja zu misstrauisch, aber ich vermute, dass da eine veritable Betrugsgeschichte läuft.»
Beim Auktionshaus eBay beeilt man sich, die Betrugsproblematik zu relativieren. Die Zahl der Problemfälle auf dem eBay-Marktplatz sei dank diverser Sicherheitsmassnahmen auf deutlich unter ein Prozent gesunken, so Sprecherin Maike Fuest. Zu Hirters konkretem Erfahrungsbericht hingegen gibts kaum Auskünfte: «Aus datenschutzrechtlichen Gründen können wir keine spezifischen Informationen zu den einzelnen Verkäufern geben.»
Fuest räumt aber immerhin ein, dass eBay vereinzelt Fälle bekannt seien, «in denen es Dritten möglich war, Kontrolle über bestehende Mitgliedskonten zu erlangen». Viele eBay-Mitglieder würden leider etwas unvorsichtig agieren und zum Beispiel für den Zugang zu ihrem Konto ein Passwort wählen, das allzu leicht zu erraten sei.
Geld erst nach Erhalt der Ware überweisen
Ein Kontomissbrauch steht auch am Anfang der «Leidensgeschichte» von Markus Fliegner. Der Arzt aus Uster im Kanton Zürich hatte bei eBay einen günstigen iMac-Computer entdeckt. Erfreut stellte er zudem fest, dass dessen Verkäufer schon 115 ausschliesslich positiv bewertete Geschäfte via eBay getätigt hatte.
Doch später stellte sich dann heraus: Dieser Verkäufer hatte mit dem iMac-Angebot nichts zu tun. Sein eBay-Konto war offenbar von einem Betrüger missbraucht worden. Das Auktionshaus stoppte deshalb sämtliche noch über dieses Konto laufenden Transaktionen.
Markus Fliegner nützte das allerdings nichts. Er hatte dem Betrüger, der das Geschäft plötzlich ausserhalb von eBay abwickeln wollte, bereits rund 2150 Franken per Western Union nach Spanien überwiesen. Den Computer aber erhielt er nie (siehe Kasten).
Der Fall zeigt einmal mehr: Grössere Beträge vor Erhalt der Ware zu überweisen ist riskant. Besser ist es, sich mit dem Verkäufer zur Geschäftsabwicklung persönlich zu treffen. Verweigert ein Verkäufer ein solches Treffen, dann gilt: Übung abbrechen (siehe auch K-Tipp 10/03).
Der Weg via Western Union erwies sich als Falle
Der Geldtransferdienst Western Union zahlt Beträge aus, ohne die Echtheit des Empfängerausweises abzuklären.
Markus Fliegner, der im Internet einen günstigen Computer entdeckt hatte, ging vor wie vereinbart: Er überwies per Western Union 2150 Franken nach Spanien, gab als Empfängerin seine Frau an und teilte dem Verkäufer des Computers hernach die Geldtransfernummer mit.
Dieses Vorgehen sei für beide Seiten von Vorteil, hatte der Verkäufer versichert: Er als Verkäufer könne sich so bei Western Union erkundigen, ob das Geld überwiesen worden sei. Beziehen könne er es aber erst, wenn Fliegner ihn anstelle seiner Frau als Empfänger bezeichne. Und damit könne Fliegner zuwarten, bis der Computer in der Schweiz eingetroffen sei.
Doch alles kam anders, Fliegner dürfte einem Betrüger auf den Leim gekrochen sein (siehe Haupttext). Dieser behändigte die 2150 Franken höchstwahrscheinlich mit einem gefälschten, auf den Namen von Fliegners Frau lautenden Ausweis. Der Fall liegt jetzt bei der Polizei.
Die Echtheit des Dokuments hat die spanische Western-Union-Auszahlstelle nicht abgeklärt. Sie begnügte sich damit, dessen Daten auf das Auszahlungsformular zu notieren und zu bestätigen, man habe das Original eingesehen.
Nach Ansicht von Western Union reicht das aus: «Aus juristischer Sicht kann die Sorgfaltspflicht bei einer "Eilüberweisung" unseres Erachtens keineswegs bedeuten, bei den Behörden Erkundigungen über die Authentizität des vorgelegten Dokuments einzuholen.» Man gehe aber stets «in Einklang mit allen im jeweiligen Land gültigen Bestimmungen» vor und achte darauf, ob die präsentierten Ausweise glaubwürdig seien.