Tierisch schlecht beraten
In Zoohandlungen kommt Kommerz oft vor Tierschutz. Eine K-Tipp-Stichprobe deckt krasse Mängel bei der Beratung auf.
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K-Tipp 1/2004
14.01.2004
Georges Müller - gmueller@ktipp.ch
Tiere sind kein Spielzeug, betont der Schweizer Tierschutz (STS) immer wieder. Das Gesetz verlangt, Tiere seien «so zu halten, dass ihre Körperfunktionen und ihr Verhalten nicht gestört werden und ihre Anpassungsfähigkeit nicht überfordert wird». Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass Heimtiere nicht tiergerecht gehalten werden. Der K-Tipp wollte deshalb wissen, wie gut Zoohandlungen ihre Kunden beim Tierkauf beraten.
Ein K-Tipp-Redaktor besuchte kurz vor Weihnachten zehn ...
Tiere sind kein Spielzeug, betont der Schweizer Tierschutz (STS) immer wieder. Das Gesetz verlangt, Tiere seien «so zu halten, dass ihre Körperfunktionen und ihr Verhalten nicht gestört werden und ihre Anpassungsfähigkeit nicht überfordert wird». Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass Heimtiere nicht tiergerecht gehalten werden. Der K-Tipp wollte deshalb wissen, wie gut Zoohandlungen ihre Kunden beim Tierkauf beraten.
Ein K-Tipp-Redaktor besuchte kurz vor Weihnachten zehn verschiedene Zoofachgeschäfte. Dort gab er sich jeweils als Götti eines achtjährigen Mädchens aus, das er zu Weihnachten mit einem Wellensittich, einem Meerschweinchen, einem Zwergkaninchen oder gleich beiden Nagern zusammen überraschen wolle.
Gegen solche Wünsche müsse das Beratungspersonal eines guten Fachgeschäfts gleich dreifach protestieren, verlangt die Zoologin Eva Waiblinger vom STS.
Tiere verkümmern apathisch im Käfig
- Alle drei Tierarten leben in Gruppen und sollten nicht einzeln gehalten werden.
- Ein Haustier als Überraschungsgeschenk ist eine denkbar schlechte Idee. Alle Familienmitglieder sollten damit einverstanden sein, und es muss klar sein, wer das Tier versorgt und pflegt.
- Kaninchen und Meerschweinchen passen nicht zusammen. «Das ist etwa so, als ob man einen Menschen und einen Schimpansen zusammensperren würde», zieht Eva Waiblinger einen Vergleich.
Doch auf diese Auskünfte wartete der K-Tipp mehrfach vergeblich. Einzelverkauf und die Abgabe als Überraschung wurden zwar nur in einem Fall akzeptiert. Hingegen wehrte sich das Verkaufspersonal in vier Fällen nicht gegen die Idee, Kaninchen und Meerschweinchen in einem Käfig halten zu wollen (siehe Tabelle).
Heimtiere, die fälschlicherweise allein gehalten werden, neigen laut Waiblinger zu Depressionen und zeigen bald extreme Verhaltensänderungen. Statt Lebensfreude zu verbreiten, sitzen sie apathisch im Käfig. Zur Tiertragödie kommt der finanzielle Aspekt: Die mehreren hundert Franken für Tier, Käfig und Futter sind hinausgeworfenes Geld.
Vignette für gute Zoohandlungen
Der K-Tipp stellte die Ergebnisse der Stichprobe allen zehn überprüften Zoofachgeschäften zu. Sechs davon reagierten. Dabei behaupteten die Inhaber, die entsprechenden Auskünfte wären später beim eigentlichen Verkaufsgespräch schon noch gekommen. Ein Fachgeschäft sollte aber in einem solchen Fall die Chance zur Fachberatung nutzen.
Das Ergebnis der Stichprobe zeigt, dass der Spagat zwischen Tierschutz und kommerziellen Interessen nicht überall gleich gut gelingt. Der STS hat deshalb zusammen mit dem Verband Zoologischer Fachgeschäfte VZFS eine Vignette geschaffen, die mit über hundert Kriterien für Haltung und Verkauf von Heimtieren zur Verbesserung der Situation beitragen soll. Von 180 Zoohandlungen in der Schweiz erfüllt rund ein Drittel diese Bedingungen und darf die STS/VZFS-Vignette an die Ladentür kleben.
Dass man der Vignette nicht blind trauen darf, hat die K-Tipp-Stichprobe allerdings auch gezeigt: Einerseits haben nicht alle Vignetten-Geschäfte makellos abgeschnitten, anderseits gehört zu den beiden Tierhandlungen, die bei der K-Tipp-Stichprobe keine Negativ-punkte erhielten, auch eine Zoohandlung ohne die Qualitätsauszeichnung (Tropic Zoo in Wohlen AG).
«Das Ergebnis der Stichprobe bestätigt uns, dass wir dieses Thema weiterhin intensiv bearbeiten müssen», sagt deshalb STS-Zoologin Waiblinger.
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