Hummer gilt als Delikatesse. Bis er auf dem Teller landet, muss er leiden – zum Teil stunden- oder tagelang. Denn der Transport ist alles andere als tiergerecht: Die Tiere stehen senkrecht in Styroporkisten, wie Flaschen in einem Weinkarton. Die Scheren sind mit Gummibändern gefesselt. Und die Antennen, die den Hummern als Sinnesorgane dienen, können abbrechen.
Zudem werden die Tiere nicht in Wasser transportiert. Sie können zwar eine gewisse Zeit an der Luft atmen, ersticken dabei aber langsam.
Die Tierschutzorganisation Fair-Fish sagt, wenn die Hummer in der Schweiz ankommen würden, seien sie je nach Herkunftsgebiet 12 bis 24 Stunden unterwegs gewesen. Bis zu einem Drittel der Tiere würden schon beim Transport sterben. Diejenigen, die überleben, werden schliesslich in den Restaurants ins kochende Wasser geworfen. Denn in der Küche gilt: Hummer muss lebend gekocht werden, damit er optimal schmeckt.
«Leiden der Tiere nicht gerechtfertigt»
Doch dies entbehrt laut den Schweizer Kantonstierärzten jeglicher Grundlage. In einem kürzlich veröffentlichten Bericht schreiben sie: «Es bestehen weder lebensmittelhygienische noch geschmackliche Erfordernisse, die die Einfuhr lebender Hummer notwendig machen.» Im Gegenteil: Tiefgefrorene Hummer «gewährleisten eine andauernde hochstehende Qualität». Der Gebrauch lebender Hummer als Luxusgut rechtfertige das Leiden der Tiere nicht.
Zudem schreiben die Kantonstierärzte, dass diese Transporte gegen das Tierschutzgesetz verstossen. Und: Die Hummer würden nach der Ankunft bis zu drei Tagen in den Boxen gelagert, bevor sie im Kochtopf landeten. Oder sie würden im Detailhandel auf Eis liegend präsentiert, was den Tieren Schmerzen zufüge. Die Kantonstierärzte fordern deshalb vom Bundesrat ein Importverbot für lebenden Hummer.
Das Importverbot wird bald auch die Politiker in Bern beschäftigen: Nationalrätin Maya Graf (Grüne/BL) hat – gestützt auf den Bericht der Kantonstierärzte – Mitte September im Nationalrat einen Vorstoss eingereicht. Der Restaurant- und Hotelverband Gastrosuisse findet jedoch: «Ein Importverbot für gewisse Delikatessen halten wir für nicht angebracht.»
Dass es tierfreundlich geht, zeigt Coop: Seit 2011 verkauft der Grossverteiler nur noch Hummer, der sofort nach dem Fang mittels Stromschlag getötet und anschliessend tiefgekühlt wurde. Die Kantonstierärzte schätzen dieses Verfahren als «wohl zurzeit beste Methode» ein, um Hummer innert weniger Sekunden fachgerecht zu töten.