Die achtjährige Katze Louise wurde von einem Auto angefahren. Ein Tierarzt der Tierklinik Aarau West stellte einen Oberschenkelbruch und einen Bauchwandabriss fest. Die Tierhalterin liess Louise für rund 2800 Franken operieren. Die Katze ist seither wohlauf und musste nur noch zum Impfen in die Praxis. Hätte sich eine Tierversicherung gelohnt?
Fünf Versicherer für Hunde und Katzen
Es gibt in der Schweiz fünf Versicherungsgesellschaften, die Hunde und Katzen ab einem Alter von drei Monaten gegen Krankheit und Unfall versichern. Die Helvetia etwa zahlt bei einer Versicherungsvariante pro Jahr maximal 2000 Franken pro Unfall und Krankheit. Mit einem Selbstbehalt von 100 Franken kostet die Versicherung für Katzen Fr. 360.30 pro Jahr. Die Helvetia hätte also 2000 Franken an Louises Operation bezahlt, die Tierhalterin hätte 100 Franken Selbstbehalt und die restlichen 700 Franken übernehmen müssen. Die Leistung der Versicherung entspräche also weniger als sechs Jahresprämien.
Weiteres Beispiel: Die Vaudoise hat die Tierversicherung «Animalia» mit einem Selbstbehalt von 250 Franken plus 10 Prozent der Heilungskosten mit unbeschränkter Deckungssumme im Angebot. Für die Operation von Louise hätte sie 2295 Franken bezahlt, die Tierhalterin hätte rund 505 Franken übernehmen müssen. Die Leistung der «Animalia» entspricht bei der Classic-Deckung knapp neun und bei der Comfort-Deckung sechs Jahresprämien.
Die Tierhalter können Prämien sparen, wenn sie sich stärker an den Kosten beteiligen. Die günstigste Versicherung für Katzen hat Epona mit Fr. 61.75 pro Jahr im Angebot. Der Selbstbehalt beträgt 1000 Franken plus 10 Prozent der verbleibenden Kosten. In Louises Fall hätte sie 1620 Franken der OP-Kosten übernommen, das entspricht 26 Jahresprämien.
Viele Kosten werden nicht übernommen
Aber Vorsicht: Die Versicherungen übernehmen längst nicht alle Behandlungskosten. Beispiele:
Animalia (Vaudoise): Anbringen von Microchips, Zahnleistungen (ausser unfallbedingte oder Zahnsteinentfernung mit Obergrenze), Seuchen und Epidemien, Diätbehandlungen, tierärztliche Berichte und Ausweise.
Epona: Honorare für die Aufnahmeuntersuche und tierärztliche Berichte, Implantation eines Mikrochips, korrektive Eingriffe bei Augen, Nase, Gebiss, Ohren, Schwanz usw., ansteckende Krankheiten bei unterbliebener Impfung.
Helvetia: Verletzungen bei Wettkämpfen oder Trainings, Behandlungen der Aggressivität des Tiers, Invalidität, Geburtsgebrechen und/oder Erbkrankheiten, Trächtigkeit, Wurf, Zahnpflege, Impfungen und Kremation.
Mobiliar: Erbkrankheiten, Verhaltensstörungen, Zahnpflegeleistungen und Zahnsteinbehandlungen, Trächtigkeit, Geburt, Kastration und Sterilisation, Futter und Futterzusätze, Impfungen, Wurmkuren, Flohbekämpfung.
Wau-Miau (Europäische Reiseversicherung): Honorare für Vorsorgeuntersuchungen, Kosten für Mikrochip, Impfungen, chronische Krankheiten, die bei Abschluss bestehen oder vor Ablauf der Karenzfrist auftreten, Diätbehandlungen, Trächtigkeit, Wurf, Kastration und Sterilisation und Folgen, Verhaltens- und Entwicklungsstörungen.
Eine Tabelle mit allen Konditionen und ausgeschlossenen Leistungen findet man unter www.ktipp.ch/ausschluesse.
Statt Prämien zahlen: Geld zur Seite legen
Stefan Thurnherr, Versicherungsexperte beim Vermögenszentrum, bezeichnet das Preis-Leistungs-Verhältnis von Tierversicherungen als «oft ungünstig». Zudem seien Tierarztkosten «nicht existenzbedrohend», deshalb brauche es diesen Versicherungsschutz nicht. Der Tipp von Thurnherr: Statt Prämien zu bezahlen, könnten Tierhalter für teurere Eingriffe selber Geld zur Seite legen.
Mit diesen Tierarztkosten müssen Katzen- und Hundebesitzer rechnen
Die meisten Routinebehandlungen bei Tierärzten kosten einige Hundert bis mehrere Tausend Franken.
Laut Marie Müller, der Präsidentin der Schweizerischen Vereinigung für Kleintiermedizin, gehören bei Katzen Autounfälle und Bissverletzungen zu den häufigsten Gründen für eine ärztliche Behandlung. Zudem würden entzündete Augen, Darmverschlüsse, Diabetes, Erbrechen und Durchfall, Hautentzündungen, Spulwürmer, Zahn- und Zahnfleischerkrankungen häufig den Gang zum Tierarzt notwendig machen.
Bei Hunden seien vor allem Arthrose, Lähmungen, Ohrentzündungen, Hautprobleme, Augenerkrankungen, Erbrechen und Durchfall sowie Stoffwechsel- und Herzerkrankungen für Tierarztbesuche verantwortlich.
Die Behandlungskosten hängen vom Tarif des jeweiligen Tierarztes ab. Es gibt keinen einheitlichen Tarif. Wie viel Behandlungen kosten, müssen die Ärzte auf einer Liste festhalten. Diese ist im Wartezimmer oder im Eingangsbereich der Praxis aufzulegen.
Knochenbruch kostet bis zu 5000 Franken
Die meisten Routinebehandlungen kosten laut den Preislisten diverser Kleintierpraxen normalerweise einige Hundert bis mehrere Tausend Franken: Die Behandlung einer Katze mit einer Blasenentzündung beispielsweise kostet in der Regel zwischen 120 und 300 Franken. Für eine Bindehautentzündung muss mit 150 bis 300 Franken gerechnet werden. Bei den Hunden schlägt eine Ohrenentzündung mit etwa 150 bis 400 Franken zu Buche, die Behandlung von einer Zahnentzündung mit Zahnziehung kostet zwischen 400 und 800 Franken. Teuer sind bei Hunden beispielsweise ein Kreuzbandriss mit Operationskosten bis zu 3000 Franken oder Knochenbrüche bis zu 5000 Franken.
Laut der Haushaltsbudgeterhebung des Bundesamts für Statistik gaben Schweizer Haushalte in den Jahren 2015 bis 2017 durchschnittlich 140 Franken pro Jahr für den Tierarzt aus. In etwa einer Million der gesamthaft rund 3,8 Millionen Haushalte lebt ein Hund oder eine Katze. Bei der Erhebung wurden alle Haushalte mitgezählt. In wie vielen Haushalten andere Haustiere leben, erfasst die Statistik nicht.