Tödliche Konsequenzen
Seit zwei Jahren kommen Töfffahrer leichter zu ihrem «Billett». Und seither steigen die Unfallzahlen dramatisch.
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K-Tipp 5/2005
09.03.2005
Marco Diener - mdiener@ktipp.ch
Während des vergangenen Jahres kamen insgesamt 114 Töfffahrer auf den Schweizer Strassen ums Leben. Das sind 30 Prozent mehr als im Jahr 2002. Als die Statistiker 2003 erstmals eine starke Zunahme von Toten und Verletzten feststellten, sagten etliche Fachleute noch, der Jahrhundertsommer sei der Grund dafür - weil damals mehr Töfffahrer unterwegs waren.
Doch sie lagen falsch. Der Sommer 2004 war nicht sonderlich schön. Und trotzdem fiel die Unfallbilanz noch trauriger aus als...
Während des vergangenen Jahres kamen insgesamt 114 Töfffahrer auf den Schweizer Strassen ums Leben. Das sind 30 Prozent mehr als im Jahr 2002. Als die Statistiker 2003 erstmals eine starke Zunahme von Toten und Verletzten feststellten, sagten etliche Fachleute noch, der Jahrhundertsommer sei der Grund dafür - weil damals mehr Töfffahrer unterwegs waren.
Doch sie lagen falsch. Der Sommer 2004 war nicht sonderlich schön. Und trotzdem fiel die Unfallbilanz noch trauriger aus als 2003. Naheliegend ist daher, dass die plötzliche Zunahme mit den neuen Führerausweis-Kategorien zu tun hat.
Seit dem 1. April 2003 dürfen nämlich
- 16-Jährige ungedrosselte 50er-Töffs
- und Autofahrer ohne Prüfung 125er-Töffs fahren,
- 18-Jährige direkt auf schwere Maschinen steigen
- und 25-Jährige sogar auf schwere Maschinen ohne PS-Beschränkung.
7 Prozent mehr Töffs - 30 Prozent mehr Tote
Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) hatte damals im K-Tipp gewarnt, sie befürchte «eine Zunahme schwerer und tödlicher Verletzungen». Auch die Unfallforschung der Winterthur-Versicherung hatte den erleichterten Einstieg für Autofahrer kritisiert: «Auto und Motorrad sind zwei verschiedene Paar Schuhe.» Doch beim federführenden Bundesamt für Strassen (Astra) ging man unbeirrt von «positiven Auswirkungen auf das Unfallgeschehen» aus.
Und was ist jetzt, zwei Jahre später, aus dem Astra zu hören? Sprecher Thomas Rohrbach weist darauf hin, dass detaillierte Zahlen zu den Unfällen im Jahr 2004 noch nicht vorlägen. «Unsere Verantwortung verbietet es, gestützt auf unvollständige Daten über mögliche Ursachen zu spekulieren und daraus Massnahmen abzuleiten», sagt er.
Rohrbach betont indessen, dass nicht nur die Zahl der Toten und der Verletzten zugenommen habe, sondern auch die Zahl der Motorräder. Nur: Seit 2002 ist die Zahl der Motorräder nicht einmal um 7 Prozent gestiegen; die Zahl der Toten hingegen wie erwähnt um 30 Prozent.
Immerhin zeigen die Zahlen fürs Jahr 2003, dass sich die neuen Führerausweiskategorien aufs Unfallgeschehen bei den Motorrädern mit einem Hubraum bis 125 Kubikzentimeter nicht negativ ausgewirkt haben. Dafür umso dramatischer bei den schweren Töffs. So waren Lenker und Lenkerinnen, die über 25 Jahre alt und seit weniger als einem Jahr im Besitz des Ausweises waren, im Jahr 2003 in 344 Unfälle verwickelt. Im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2002 waren es 174 gewesen, rechnete das Bundesamt für Statistik schon vor einem Jahr vor. Zunahme: 98 Prozent.
Im Bundesamt tut man vorerst - nichts
«Wir haben die grosse Befürchtung, dass die gestiegenen Unfallzahlen tatsächlich auf die neue Kategorien-Einteilung zurückzuführen sind», sagt BfU-Direktorin Brigitte Buhmann. Darauf deute die starke Zunahme bei den schweren Motorrädern hin, wo der Einstieg besonders stark erleichtert worden sei.
Was ist also zu tun? Buhmann macht sich keine Illusionen: «Gemeinsam mit den Motorradverbänden suchen wir nun nach möglichen Lösungen. Doch Massnahmen, die zahlbar, wirksam und von den Betroffenen einigermassen akzeptiert sind, lassen sich nur schwer finden.» Und die neue Kategorien-Einteilung lasse sich auch nicht ohne weiteres rückgängig machen.
Damit hat sie bestimmt Recht. Im Astra will man ja vorderhand «nicht spekulieren und Massnahmen ableiten».
Was sollten die Behörden Ihrer Ansicht nach gegen die rasant steigende Zahl der Motorrad-Toten unternehmen? Diskutieren Sie mit auf www.ktipp.ch.