Die Krankenkassen verlangen auch fürs nächste Jahr wieder höhere Prämien. In den vergangenen Jahren betrug der Aufschlag durchschnittlich 3,9 Prozent. Nächstes Jahr zahlen Erwachsene mit 300 Franken Franchise und Unfalldeckung im Durchschnitt 2,7 Prozent mehr.
Störend: Die 57 Krankenkassen der Schweiz häuften in den letzten Jahren mit zu hohen Prämien enorme Reserven an. Das zeigen Zahlen des Bundesamts für Gesundheit. Die Reserven stiegen allein in den vergangenen zwei Jahren von 6,9 auf 8,3 Milliarden Franken. Das sind 1,5 Milliarden Franken mehr. Die Versicherten zahlten also zwangsweise auf Vorrat.
Die Krankenkassen müssen von Gesetzes wegen Reserven bilden, um unvorhergesehene Kosten, wie eine allfällige Pandemie, abfedern zu können. Das Bundesamt wacht darüber, dass jede Kasse eine vorgeschriebene Mindesthöhe an Reserven einhält. Doch die Kassen haben Reserven gehortet, die weit darüber hinausgehen: Für 2018 wären 4,485 Milliarden Franken vorgeschrieben. Tatsächlich sind es aber 8,362 Milliarden – also 86 Prozent mehr. Die überschüssigen Reserven stiegen damit von 1,905 Milliarden im Jahr 2016 auf 3,887 Milliarden im Jahr 2018. Der Überschuss hat sich also in nur zwei Jahren mehr als verdoppelt.
«Kosten unerwartet wenig gestiegen»
Das Bundesamt sagt dazu: «Im Nachhinein stellte man fest, dass die Kosten im Jahr 2017 unerwartet wenig gestiegen sind.» Zudem sei die Börse 2017 überdurchschnittlich gut gewesen.
Nur zwei Kleinstkassen wiesen 2018 Reserven unter dem gesetzlichen Minimum aus: die KVF Krankenversicherung AG sowie die Krankenkasse Birchmeier. Mehr als jede dritte Kasse häufte übermässige Reserven an – auch grosse Krankenkassen:
Progrès von der Helsana-Gruppe: 448,1 Millionen Franken Reserven statt der erforderlichen 184,2 Millionen – also 2,43 Mal so viel, wie gesetzlich vorgeschrieben.
Sanitas: 463,4 Millionen Reserven statt 202,8 Millionen. 2,29 Mal so viel wie nötig.
Visana: 1,041 Milliarden Reserven statt 379,2 Millionen. 2,75 Mal so viel.
Concordia: 980,8 statt 363,8 Millionen. 2,7 Mal so viel.
Vivao Sympany: 216,5 statt 81,9 Millionen. 2,64 Mal so viel.
Bei derart enormen Reserven könnten die Krankenkassen im nächsten Jahr weitgehend auf eine Prämienerhöhung verzichten. Doch das dürfen sie nicht. Denn das Gesetz schreibt vor, dass die Prämien die Kosten decken müssen, die voraussichtlich anfallen werden. Allerdings: Laut Bundesamt könnten Kassen mit genügend Reserven ihre Prämien knapper kalkulieren.
Seit 2016 ist es den Kassen erlaubt, überschüssige Reserven an ihre Versicherten auszuzahlen. Doch nur Vivao Sympany und Concordia machten bisher davon Gebrauch. Letztere will auch 2019 Reserven von 55 Millionen Franken rückvergüten. Das Geld wird den Versicherten von der Monatsprämie abgezogen, jedem Erwachsenen 10, einem Kind 2 Franken.
Die Helsana schreibt, sie prüfe bei Progrès eine Rückzahlung überschüssiger Reserven für 2019. Sanitas entschied sich dagegen, weil dies «administrativ sehr aufwendig» sei. Die Visana erklärt, eine «möglichst realistische Prämiengestaltung» sei besser als eine «nachgelagerte Auszahlung».
Fazit: Die Kassen horten weiterhin Geld ihrer Versicherten. Denn es gibt keine gesetzlich festgelegte Obergrenze für Reserven. Am 25. September lehnte die Krankenkassenlobby im Nationalrat eine Initiative des Kantons Genf ab, die eine Begrenzung der Reserven bei Krankenkassen gefordert hatte.
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