Chefs von Betrieben, die ganz oder mehrheitlich im öffentlichen Besitz sind, sollen nicht mehr verdienen als ein Bundesrat: Das war eine der Forderungen der K-Tipp-Initiative «Pro Service public», über die 2016 abgestimmt wurde. Der Jahreslohn eines Bundesrats samt Spesen liegt bei 504 576 Franken.
Vor der Abstimmung beschwichtigte der Bundesrat: Ein Lohndeckel sei nicht nötig. Bundesbetriebe wie die Post, SBB und Swisscom bekämpften die Initiative mit allen Mitteln, die Bevölkerung lehnte sie mit rund 68 Prozent Nein-Stimmen ab.
Auch der Nationalrat wollte die Löhne begrenzen, doch der Ständerat versenkte das Vorhaben. Der Bundesrat versprach damals in einer Stellungnahme, er werde die Entlöhnung der Geschäftsleitungen «kontrollieren» und «die Steuerungsmöglichkeiten des Bundes stärken». So könne er «politisch und gesellschaftlich vertretbare Löhne sicherstellen». Doch der Bundesrat liess keine Taten folgen.
Die Folge: Die Cheflöhne bei den Bundesbetrieben Swisscom, SBB, Post, Postfinance, Finma, Ruag, Nationalbank und bei der vom Gebührenzahler finanzierten SRG sanken zum grössten Teil nicht, sondern stiegen sogar. Das zeigt eine K-Tipp-Auswertung der aktuellen Geschäftsberichte. Von den acht Betrieben erhöhten 2022 sechs die Lohnzahlungen an die Mitglieder der Geschäftsleitung im Vergleich zum Vorjahr: SBB, Post, Postfinance, Nationalbank, Finma und SRG. Nur bei der Ruag und der Swisscom sank die Gesamtvergütung.
Drei Mal so viel Salär wie ein Bundesrat
Den grössten Lohnzuwachs gab es mit einem Plus von 17 Prozent bei der Nationalbank. Die achtköpfige Konzernleitung verdiente im Jahr 2022 total 6 462 900 Franken. Im Jahr zuvor waren es noch 5'545'700 Franken. Der Lohn des Nationalbank-Präsidenten Thomas Jordan belief sich auf über 1,3 Millionen Franken.
Den höchsten CEO-Lohn bekam Swisscom-Chef Urs Schaeppi: Er erhielt im letzten Jahr über 1,8 Millionen Franken. Das ist mehr als das Dreifache eines Bundesrats. Dabei war Schaeppi 2022 nur fünf Monate Konzernleiter und gab seinen Posten per 1. Juni an Christoph Aeschlimann ab.
Die Swisscom schreibt dem K-Tipp, Urs Schaeppi habe keinen «goldenen Fallschirm» erhalten. Der Lohn enthalte die geschuldeten Vergütungen für das ganze Jahr. Im Durchschnitt verdiente jedes der sechs Geschäftsleitungsmitglieder 1,3 Millionen Franken. Im April 2023 vergrösserte die Swisscom die Konzernleitung auf neun Personen.
Erstklass-Abos für die ganze Familie
Auch die SBB erhöhten die Vergütungen der Konzernleitung deutlich. Grund dafür ist gemäss SBB, dass die Sozialversicherungsbeiträge neu eingerechnet werden. Der Bahnbetrieb will im Dezember die Billettpreise erhöhen (K-Tipp 8/2023). Die Verantwortlichen werden das aber nicht spüren: Die Manager erhalten etwa Erstklass-GAs im Wert von 6300 Franken für sich und alle Familienmitglieder.
SBB-Chef Vincent Ducrot bezog im vergangenen Jahr ein Erstklass-GA für sich und drei Kinder – zeitweise auch für seine Frau und zwei weitere Kinder. Kostenpunkt: über 18 000 Franken. Ducrots Gesamtlohn betrug etwas mehr als 1 Million Franken.
Die Bundesbetriebe schreiben dem K-Tipp, man zahle «marktorientierte» Löhne und halte die geltende Kaderlohnverordnug des Bundes ein. Die Swisscom etwa teilt auf Anfrage mit: Die Bezüge des Konzernchefs lägen «am unteren Ende» im internationalen Vergleich.