Trügerische Sicherheit
Alkohol-Selbsttest-Geräte zeigen meist zu tiefe Werte an, wie eine K-Tipp-Stichprobe zeigt. Dennoch verkauft selbst der Wirteverband ein solches Produkt.
Inhalt
K-Tipp 1/2004
14.01.2004
Marc Meschenmoser - redaktion@ktipp.ch
Fahren im angetrunkenen Zustand: 2002 mussten deshalb 15809 Autolenker ihren Fahrausweis abgeben - und 93 Menschen starben, weil die Unfallverursacher Alkohol im Blut hatten.
Viele Autolenker unterschätzen die Gefahr. Wer 0,6 Promille Alkohol intus hat, verdoppelt sein Unfallrisiko, mit 0,8 Promille ist es viermal höher als im nüchternen Zustand. Und wer nach dem 1. Januar 2005 mit mehr als den erlaubten 0,5 Promille in eine Polizeikontrolle gerät, ist seinen Führerschein fü...
Fahren im angetrunkenen Zustand: 2002 mussten deshalb 15809 Autolenker ihren Fahrausweis abgeben - und 93 Menschen starben, weil die Unfallverursacher Alkohol im Blut hatten.
Viele Autolenker unterschätzen die Gefahr. Wer 0,6 Promille Alkohol intus hat, verdoppelt sein Unfallrisiko, mit 0,8 Promille ist es viermal höher als im nüchternen Zustand. Und wer nach dem 1. Januar 2005 mit mehr als den erlaubten 0,5 Promille in eine Polizeikontrolle gerät, ist seinen Führerschein für mindestens einen Monat los.
Bereits jetzt reissen sich Autolenker um die verschiedenen Selbsttestgeräte auf dem Markt: «Safe Mate» wurde letztes Jahr 50 000-mal verkauft. Und das Blaue Kreuz setzte 100 000 Blassäcke der Marke Contralco ab. Für die Geräte braucht es aber weder eine Bewilligung, noch sind sie staatlich geprüft. Trotzdem werben einige Importeure mit flotten Sprüchen für ihre Produkte: «Kontrollieren Sie selbst, bevor die Polizei es tut.» Oder: «Wann ist ein Bier zu viel? Überlassen Sie nichts dem Zufall!»
0,2 Promille nach einem Glas Apfelsaft
Solche Werbeaussagen sind der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) ein Dorn im Auge. Vizedirektor Raphael Huguenin warnt: «Alkohol-Selbsttester bergen die Gefahr, dass sich Autofahrer an die Promillegrenze herantrinken.» Das sieht der TCS genauso und das Bundesamt für Strassen rät gar «dringend vom Gebrauch der Tester ab».
Gekauft werden sie trotzdem. Allein im ersten Monat hat die Migros 5000 Delsana-Alkoholtester abgesetzt.
Autolenker tun aber gut daran, sich nicht auf die Geräte zu verlassen, wie eine K-Tipp-Stichprobe zeigt. Fünf Selbsttester wurden mit einem geeichten Referenzgerät verglichen, wie es die Polizei in 21 Kantonen verwendet. Zuvor trank ein 80 kg schwerer Mann auf nüchternen Magen drei Stangen Bier. Resultate:
Das Referenzgerät zeigte 0,55 Promille Blutalkoholgehalt an, der Blassack des Blauen Kreuzes weniger als 0,5 Promille. Besonders gross waren die Abweichungen nach fünf Stangen Bier.
Auf «Safe Mate» war bei beiden Tests kein Verlass: Bei effektiv 0,82 Promille registrierte das Gerät bloss 0,5 Promille. Pikant: Seit November 2003 verkauft der Wirteverband seinen Mitgliedern den «Safe Mate». Brigitte Meier-Schmid, Vizepräsidentin der Gastrosuisse: «Wir haben von Beginn an konsequent gewarnt und darauf hingewiesen, dass sich Gäste nie ausschliesslich auf die Testergebnisse verlassen sollen, um die Fahrtauglichkeit zu bestimmen.»
Ebenfalls zweimal zu tiefe Werte zeigte Contralco an. «Unsere Blassäcke sind in Frankreich geprüft», sagt Walter Liechti, Geschäftsführer Blaues Kreuz Deutschschweiz.
- Das Migros-Gerät Delsana versagte völlig: Es mass konstant zu hohe Werte. Als ein 2-jähriger Knirps reinblies, zeigte es nach einem Glas Apfelsaft 0,2 Promille an! Migros-Sprecher Urs-Peter Naef: «Das Gerät kann nicht mit einem Polizeigerät verglichen werden. Es ist nur ein Hilfsmittel, um Fahren unter Alkoholeinfluss zu verhindern. Eine gewisse Ungenauigkeit deklarieren wir bereits auf der Verpackung.»
Recht zuverlässig funktioniert der CA 2000, das teuerste Gerät in der Stichprobe. Ebenfalls gute Anhaltspunkte liefert die billigste Methode - ein Promilleschieber: Man stellt auf der Drehscheibe sein Körpergewicht ein und liest dann ab, wie viel Alkohol man konsumieren darf.
www.ktipp.ch
Verzichten Sie grundsätzlich auf Alkohol, wenn Sie Auto fahren? Antworten Sie bitte auf www.ktipp.ch.