«Überrissen und gemein»
Wer für sein Haus Geld aus der Pensionskasse bezieht, muss dafür meist eine Gebühr entrichten. Wenn eine Pensionskasse aber Vorauszahlung verlangt, handelt sie illegal.
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K-Tipp 10/2004
19.05.2004
Ernst Meierhofer - emeierhofer@ktipp.ch
Ein bisschen verbittert war Susanna Leuenberger aus Riedholz (SO) schon, als die Wärmepumpe in ihrem Haus den Dienst versagte. Die Hausbesitzerin war von einer Pumpen-Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren ausgegangen - doch das Aus kam bereits nach 14 Wintern.
Die nächste Enttäuschung folgte auf dem Fuss. Sie beantragte bei ihrer Pensionskasse 20000 Franken, um mit diesem Vorbezug von Pensionskassengeld die neue Heizzentrale zu zahlen. Dies kostete sie eine Gebühr von 400 Franken. ...
Ein bisschen verbittert war Susanna Leuenberger aus Riedholz (SO) schon, als die Wärmepumpe in ihrem Haus den Dienst versagte. Die Hausbesitzerin war von einer Pumpen-Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren ausgegangen - doch das Aus kam bereits nach 14 Wintern.
Die nächste Enttäuschung folgte auf dem Fuss. Sie beantragte bei ihrer Pensionskasse 20000 Franken, um mit diesem Vorbezug von Pensionskassengeld die neue Heizzentrale zu zahlen. Dies kostete sie eine Gebühr von 400 Franken. «Für einen solch bescheidenen Vorbezug finde ich das überrissen.»
Völlig daneben findet Susanna Leuenberger, wie «gemein» die Kantonale Pensionskasse Solothurn (PKS) die Gebühr kassierte. Denn diese schrieb ihr: «Eine Ausbezahlung des Vorbezuges erfolgt erst nach Überweisung der Bearbeitungsgebühr.»
Dieses Vorgehen widerspricht einem Bundesgerichtsurteil aus dem Jahre 1998. Damals haben die Lausanner Richter festgehalten, «die Auszahlung von Vorsorgemitteln» dürfe nicht «von der vorgängigen Bezahlung einer Gebühr abhängig gemacht werden».
Immerhin: Die PKS sieht ihren Fehler ein. Die Formulierung zu den Auszahlungsmodalitäten sei «unglücklich» gewesen und werde künftig nicht mehr gebraucht.
Der Pensionskasse Asga in St. Gallen hingegen ist das Urteil des Bundesgerichts egal. Sie schrieb dem K-Tipp, die Vergütung des Vorbezuges erfolge «nach Eingang der Bearbeitungsgebühr». Auch die Basler Versicherung sagt, die Auszahlung erfolge «nach Zahlungseingang».
Gebühr von 0 bis 600 Franken
Ob per Vorauszahlung oder nicht: Wer heute Pensionskassengeld für den Kauf von Wohneigentum oder für wertvermehrende Investitionen vorbeziehen will, muss dafür bei sehr vielen Kassen eine Extra-Pauschalgebühr zahlen. Das ist zulässig, falls dieser Spesenposten im Reglement erwähnt ist. Dazu kommt in jedem Fall noch eine Grundbuchgebühr von rund 20 bis 160 Franken, je nach Kanton.
Eine Umfrage des K-Tipp bei 30 grossen autonomen Pensionskassen und Sammelstiftungen zeigt:
- Die Kantonale Pensionskasse Solothurn sowie die Sammelstiftungen Servisa und Helvetia-Patria kassieren mit maximal 600 Franken den höchsten Betrag. Der Schnitt liegt bei 200 bis 400 Franken.
- Längst nicht alle Pensionskassen verlangen für diese Dienstleistung eine Gebühr. Gratis ist der Vorbezug gemäss Umfrage beispielsweise für die Angestellten von ABB, Berner Kantonalbank, Coop, Credit Suisse Group, Kanton Zug, Migros, Stadt Winterthur, Swisscom, UBS und Zürcher Kantonalbank. Ebenfalls gratis ist der Vorbezug bei den Sammelstiftungen Abendrot, Gemini, Nest, Swisslife und Veska.
Direkter Abzug ist nicht gestattet
Wo die Versicherten eine Gebühr zahlen müssen, stellt sich die Frage: Darf die Pensionskasse diese Gebühr von der ausbezahlten Summe abziehen? Nein, sagt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV). Die Kasse muss also nach Ansicht der zuständigen Aufsichtsbehörde eine Rechnung stellen.
Die Sammelstiftung Servisa kümmert dies nicht. Sie verrechnet die Gebühr trotzdem mit der Auszahlung, «um ein aufwändiges Inkasso- und Mahnverfahren zu vermeiden». Die Helvetia-Patria macht das Gleiche «aus Praktikabilitätsgründen».
Ins Visier des BSV werden wohl auch diverse Freizügigkeitsstiftungen kommen. Hier haben Versicherte ihr Pensionskassengeld zum Beispiel bei einer Berufspause zwischengelagert (siehe K-Tipp 9/04). Auch von solchen PK-Guthaben kann man Vorbezüge für Wohneigentum tätigen - und auch das kostet in der Regel.
Die Freizügigkeitsstiftung der WIR-Bank beispielsweise hat einen Passus im Reglement, der vorsieht, dass die Bearbeitungsgebühren «direkt dem Kontoguthaben» belastet werden. Das BSV hat dieses Reglement zwar früher bewilligt, ist aber im Zuge der K-Tipp-Recherchen zum Schluss gekommen, dass dies nicht zulässig ist - dass also auch Freizügigkeitsstiftungen Rechnung stellen müssen. Das BSV will deshalb mit der WIR-Bank «Kontakt aufnehmen».
Da kommt viel Arbeit auf die BSV-Leute zu, denn gemäss der K-Tipp-Umfrage ziehen auch andere Freizügigkeitsstiftungen die Gebühren vom Kontoguthaben ab - etwa die Stiftungen von Basler und Zürcher Kantonalbank sowie von Credit Suisse, Migrosbank und UBS.