An der Coop-Tomate «Yoom» scheint alles besonders zu sein: die dunkelviolette Farbe, der exotische Name, die Plastikverpackung mit der Aufschrift «Artegusto präsentiert Yoom» – und vor allem der stolze Preis von nahezu 16 Franken pro Kilo. Artegusto sei eine Marke von Schweizer Produzenten, die «sich mit aller Leidenschaft dem lokalen Anbau und der geschmackvollen Essenskunst» widmen, heisst es auf der Verpackung. K-Tipp-Recherchen zeigen jedoch: Hinter der «Yoom»-Tomate steckt ein chinesischer Konzern.
Die Tomate «Yoom» ist als Marke Nr. 722131 beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum eingetragen. Inhaber: der chinesische Agrochemiekonzern Syngenta mit Verwaltungssitz in Basel. Syngenta produziert das Saatgut und lässt «Yoom»-Tomaten in der Schweiz nur von zwei grossen Gemüsebetrieben anbauen – der Stoll Group aus Yverdon VD und Tior aus dem Tessin. Diese bezahlen Lizenzgebühren an Syngenta. Inhaber der Marke Artegusto ist Stoll. «Yoom»-Tomaten gibt es nur bei Coop zu kaufen. «Yoom» gehört mit Fr. 15.80 pro Kilo zu den teuersten Tomaten bei Coop. Ein Kilo normaler Rispentomaten kostet Fr. 4.20.
«Yoom» ist nicht das einzige markengeschützte Gemüse. Das zeigt ein Blick in das Schweizer und das europäische Markenregister:
- Tomaten: Bei den Tomaten gibt es zum Beispiel Red Desire, ein Produkt des niederländischen Herstellers Red Star (bei Coop). Alle sind deutlich teurer als nicht markenrechtlich geschützte Sorten: Für ein Kilogramm Red Desire will Coop Fr. 23.80, für ein Kilogramm normaler Cherrytomaten nur Fr. 9.90.
- Kartoffeln: Die Migros verkauft die Kartoffelmarke Amandine für Fr. 3.30 pro Kilo. Bei Coop heisstdie Markenkartoffel Princesse Celtiane. Sie kostet gleich viel. Zum Vergleich: Normale Kartoffeln gibt es in der Migros schon für Fr. 1.50 pro Kilo, bei Coop sind es Fr. 1.70.
Syngenta schreibt dem K-Tipp, der höhere Preis sei «durch die speziellen, selektiveren Anbaumethoden» bedingt. Auch seien «Yoom»-Tomaten «sehr hochwertig bezüglich Farbe und Geschmack». Ein Kenner der Branche sagt dagegen: «Bei Markengemüse geht es um reine Ökonomie.» Mit der «Exklusivität» lasse sich vom Saatgut über den Anbau bis zum Detailhandel viel mehr Geld herausholen.
Cherrytomaten für 55 Franken pro Kilo
Das bestätigt auch Produzent Looye Kwekers, dessen Cherrytomaten «Honig» bei Jelmoli für 49 Franken und bei Globus für 55 Franken pro Kilo verkauft werden. Die niederländische Firma liess im vergangenen Juni in der Fachpresse verlauten, Markenprodukte würden «Vertrauen und Wiedererkennungswert» schaffen. Dank dem Markenbranding könne Looye deshalb «eine höhere Wertschöpfung für die Honigtomaten betreiben».
Fazit: Markengemüse bringt den Konzernen höhere Gewinne – auf Kosten der Konsumenten.
Jeder siebte Apfel ist ein teures Markenprodukt
Unter dem Titel «Die Apfelsaison ist eröffnet» warb das «Migros-Magazin» kürzlich für den Apfel «SweeTango». Dieser sei «ein echter Star – und der erste Premiumapfel der neuen Saison». Bei «SweeTango» handelt es sich um einen sogenannten Clubapfel, den nur lizenzierte Produzenten anbauen dürfen. «SweeTango»-Äpfel gibt es nur bei Grossverteilern, Bauern dürfen die Früchte in der Regel nicht auf Märkten oder in Hofläden verkaufen. Das verbietet ihnen der Lizenzgeber. Das System sorgt für hohe Preise – ähnlich wie bei Markengemüse: So kostet ein Kilo «SweeTango» in der Migros Fr. 5.20, bei Coop Fr. 5.80. Zum Vergleich: Ein Kilo normale Äpfel kostet rund Fr. 3.30. Laut dem Bundesamt für Landwirtschaft ist fast jeder siebte verkaufte Apfel ein solches Markenprodukt. Dazu gehören auch Äpfel der Sorte Pink Lady (K-Tipp 19/2021).