Der Begriff «Superfood» klingt vielversprechend, er ist aber wissenschaftlich nicht abgestützt. David Fäh, Dozent für Ernährung und Diätetik an der Fachhochschule in Bern, sagt: «Je exotischer die Namen der Produkte, desto eher glauben die Leute den Versprechen der Werbung.»
Exotische Beeren, Samen und Früchte wie Chia, Goji und Quinoa werden in erster Linie wegen ihrer angeblich aussergewöhnlich hohen Vitamin- und Nährstoffkonzentration angepriesen. Laut David Fäh beziehen sich diese Angaben bei einigen Produkten nicht auf das unbehandelte Produkt, sondern auf die daraus hergestellten Extrakte wie Pulver und Tabletten. Diesen wurde das Wasser entzogen, was automatisch zu einer Stoffkonzentration führt.
«Würde man Rüebli oder Broccoli trocknen und pulverisieren, erhielte man mitunter sogar eine höhere Nährstoffkonzentration, als sie in vielen ‹Superfood›-Extrakten zu finden ist», sagt Fäh.
Anstelle von Goji-Beeren empfiehlt er zum Beispiel Himbeeren oder Johannisbeeren. Gojis würden zwar eine «relativ hohe Dichte an wertvollen Nährstoffen wie Vitamin A, B, C und E sowie anderen antioxidativ wirksamen Stoffen» enthalten, so Fäh. «Einheimische Früchte haben aber teilweise sogar höhere Konzentrationen an Nährstoffen zu bieten. Vor allem dann, wenn sie aus dem eigenen Garten stammen. Exotische Beeren aus dem Laden haben oft eine lange Reise hinter sich. Dabei gehen wertvolle Inhaltsstoffe verloren.»
Günstige Alternativen zum «Superfood»
Das «Superfood» kostet ein Vielfaches von vergleichbaren Früchten, Samen und Beeren aus der Region. Die Preise im Vergleich: Ein Kilo Johannisbeeren kostet bei der Migros rund 7 Franken. Die gleiche Menge Himbeeren gibt es dort für 8 Franken. Für ein Kilo Goji-Beeren muss man bei der Migros mit 65 Franken rechnen, bei Coop sogar mit deutlich mehr.
Als Ersatz für Chia-Samen empfiehlt David Fäh Leinsamen. Diese hätten «zwar etwas weniger an pflanzlichen Omega-3-Fettsäuren, sonst aber eine ähnliche Zusammensetzung wie Chia-Samen». Bei Coop gibt es Chia-Samen für rund 20 Franken pro Kilo, bei der Migros für 25 Franken. Gleich viele Leinsamen kosten hingegen bei beiden nur gerade rund 7 Franken.
Als Alternative zu Quinoa-Samen verweist Fäh auf Dinkel – mit der Einschränkung, dass dieser Gluten enthält und Gräser-Allergikern Probleme bereiten könne. Quinoa bringt es bei den Grossverteilern auf einen Kilopreis von gut 12 Franken, während Dinkelflocken für 5 Franken erhältlich sind.
Der Praxistipp von David Fäh für Hobbygärtner: «Die meisten dieser exotischen Samen und Beeren gedeihen in der Schweiz im eigenen Garten relativ problemlos.»
Kartoffel: Einst ein «Superfood»
Es gibt viele Beispiele dafür, dass exotische Gemüse und Früchte in Europa heimisch wurden. Der Ernährungswissenschafter David Fäh sagt: «‹Superfood› ist nur ein neuer Begriff für das alte Phänomen, dass sich bisher unbekannte Lebensmittel plötzlich grosser Beliebtheit erfreuen.»
So brachten Seefahrer im 16. und 17. Jahrhundert nicht nur Gold aus der Neuen Welt mit nach Hause, sondern auch Tomaten, Mais, Chili, Bohnen und Zucchini. Das neuzeitliche «Superfood» schlechthin war aber die Kartoffel, die wahrscheinlich im späten 16. Jahrhundert in Europa erstmals angebaut wurde.