Nach einem Termin in einer Zahnarztpraxis in Erlenbach ZH erhielt ein K-Tipp-Leser aus Küsnacht ZH eine Rechnung über 322 Franken. Darauf entdeckte er eine «Grundtaxe für Arbeitsplatzdesinfektion» für Fr. 38.75. Er wunderte sich. Denn in der Praxis hatte ihm niemand mitgeteilt, er müsse für die Desinfektion einen Zuschlag bezahlen.
Die Grundtaxe ist im Tarif «Dentotar» aufgeführt. Mitglieder der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft wenden diesen Tarif zur Abrechnung mit Patienten und Versicherungen an. Die Grundtaxe für die Desinfektion des Arbeitsplatzes steht erst seit 2018 im Tarifkatalog. Seit diesem Jahr zahlen die Unfallversicherungen die Pauschale nicht mehr. Sie sagen, die Arbeitsplatzdesinfektion sei eine «umstrittene Tarifziffer».
Die meisten Leute haben für Zahnbehandlungen keine Versicherung. Müssen sie den Zuschlag für die Arbeitsplatzdesinfektion bezahlen? Dazu sagt Frédéric Krauskopf, Professor an der Uni Bern: «Eine Zahnarztbehandlung ist rechtlich ein Auftrag. Geschuldet ist, was abgemacht wurde, zum Beispiel mit einer Offerte vor der Behandlung».
Patienten können Pauschale ablehnen
Machen Patient und Arzt nichts ab, dürfe der Zahnarzt das «übliche Honorar» verlangen, sagt Krauskopf. «Das gilt aber nur für Leistungen, bei denen er davon ausgehen kann, dass sie notwendig und vom Patienten gewünscht waren.»
Laut dem Experten gibt es keinen «Automatismus», dass ein Berufstarif wie jener von Zahnärzten stets stillschweigend gelte. Das bedeutet: Patienten können den Zuschlag für die Arbeitsplatzdesinfektion vor der Behandlung beim Zahnarzt ansprechen und verlangen, dass er die Pauschale nicht in Rechnung stellt.
Gut zu wissen: Jede zahnärztliche Leistung hat im Tarif je nach Aufwand und Schwierigkeit eine bestimmte Anzahl Taxpunkte. Diese multipliziert der Zahnarzt bei der Abrechnung mit einem Taxpunktwert, einem Preis pro Taxpunkt. Sowohl bei der Anzahl Taxpunkte als auch beim Taxpunktwert enthält der Tarif eine Unter- und eine Obergrenze.
Für die Arbeitsplatzdesinfektion etwa dürfen Ärzte zwischen 11,8 und 16 Taxpunkten berechnen. Diese werden mit einem Wert zwischen Fr. 1.10 und maximal Fr. 1.70 multipliziert. Das ergibt beispielsweise für das Desinfizieren des Behandlungsstuhls einen Kostenspielraum zwischen Fr. 11.80 und Fr. 27.20.
Kosten «in krasser Weise» zu hoch
Vom K-Tipp-Leser aus Küsnacht verlangte der Zahnarzt in Erlenbach für die Arbeitsplatzdesinfektion 31 Taxpunkte. Das ist fast das Doppelte der Höchstzahl von 16 Taxpunkten gemäss Tarif. Dazu hält die Zahnarztgesellschaft gegenüber dem K-Tipp fest: «Ein Taxpunkt von 31 sprengt den Rahmen in krasser Weise.»
Die Zahnarztpraxis des Lesers krebste schliesslich zurück: Es habe sich ungewollt ein Fehler eingeschlichen. Der Zahnarzt entschuldigte sich beim Patienten und erstattete ihm die zu viel verlangten Kosten.
So können Sie beim Zahnarzt sparen
- Anwendbaren Tarif vereinbaren: Der Preis für eine zahnärztliche Behandlung ist gesetzlich nicht geregelt. Er kann zwischen Zahnarzt und Patient frei vereinbart werden. Fehlt eine Abmachung, schuldet der Patient das «übliche Honorar». Als üblich gilt der Rahmentarif der Schweizerischen Zahnärzte Gesellschaft. Jede Behandlung entspricht bestimmten Taxpunkten. Sie werden mit einem Taxpunktwert multipliziert. Dieser darf zwischen Fr. 1.10 und Fr. 1.70 liegen. Der Taxpunktwert müsste gemäss Gesetz für die Kunden in den Zahnarztpraxen «leicht zugänglich und gut lesbar» angebracht sein. Tipp: Den anwendbaren Taxpunktwert mit dem Zahnarzt bei der ersten Konsultation vereinbaren. Und die Rechnung nach Erhalt kontrollieren.
- Nach günstigeren Alternativen fragen: Häufig gibt es mehrere Möglichkeiten für eine Zahnbehandlung. Nicht jeder Eingriff ist zwingend, nicht jeder Behandlungsschritt medizinisch unbedingt nötig. Es kann sich lohnen, vor der Behandlung mit dem Zahnarzt den Eingriff detailliert zu besprechen und nach günstigeren Alternativen zu fragen. Tipp: Anschliessend schriftlichen Kostenvoranschlag verlangen.
- Zweitmeinung einholen: Bei teuren und planbaren Behandlungen kann es sich lohnen, eine Zweitmeinung einzuholen. Der Beizug eines zweiten Zahnarztes kostet zwar etwas. Eine Zweitmeinung verschafft aber oft Klarheit darüber, ob ein geplanter Eingriff nötig oder zweckmässig ist und ob der Kostenvoranschlag im Rahmen des üblichen Tarifs liegt.
- Sich an Uni-Kliniken behandeln lassen: An den Universitäten Basel, Bern und Zürich führen Studentinnen und Studenten der Zahnmedizin in den letzten zwei Studienjahren unter Aufsicht Behandlungen durch (Zahnfüllungen, Wurzelkanal und Zahnfleischbehandlungen). Diese sind 50 bis 75 Prozent günstiger als beim üblichen Zahnarzttarif.