Unerlaubt scharfe Fotos
Handybesitzer knipsen, wo immer sie wollen. Nun wehren sich Bademeister gegen die Fotohandy-Spanner. Denn niemand muss sich gegen seinen Willen ablichten lassen.
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K-Tipp 18/2005
02.11.2005
Otto Hostettler - otto.hostettler@ktipp.ch
Mit einem Fotohandy haben Voyeure in Hallenbad, Sauna und Solarium leichtes Spiel: Sie geben vor, eine SMS zu schreiben, fotografieren dabei aber unbemerkt. Den Signalton haben sie im Vorfeld ausgeschaltet - so wird es unmöglich zu realisieren, ob ein Spanner abgedrückt hat.
Bisher wurden nur wenige Fälle von Missbrauch publik. An die Öffentlichkeit gelangte unter anderem ein Beispiel eines Fitnesscenters. Dort wurde ein Spanner in flagranti erwischt, wie der eidgenössische D...
Mit einem Fotohandy haben Voyeure in Hallenbad, Sauna und Solarium leichtes Spiel: Sie geben vor, eine SMS zu schreiben, fotografieren dabei aber unbemerkt. Den Signalton haben sie im Vorfeld ausgeschaltet - so wird es unmöglich zu realisieren, ob ein Spanner abgedrückt hat.
Bisher wurden nur wenige Fälle von Missbrauch publik. An die Öffentlichkeit gelangte unter anderem ein Beispiel eines Fitnesscenters. Dort wurde ein Spanner in flagranti erwischt, wie der eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür festhielt.
«Die Dunkelziffer ist gross», sagt Christian Senn, Präsident des Verbands bedienter Sonnenstudios. Er geht davon aus, dass sich viele Opfer nicht getrauen, Anzeige zu erstatten. Und Solariumbetriebe scheuen sich davor, die Problematik zu thematisieren - aus Angst, bei der Kundschaft als Ort für Voyeure zu gelten.
Peinliche Bilder auf einschlägigen Sites
Seit der Lancierung der ersten Mobiltelefone mit eingebauter Digitalkamera vor vier Jahren ist nicht nur die Qualität der Bilder besser geworden. Auch die Verbreitung der Geräte nimmt rasant zu. Von den rund 6,2 Millionen Handys in der Schweiz haben gemäss Schätzungen der Branche bereits über die Hälfte eine Kamera drin. Damit wird die Wahrscheinlichkeit immer grösser, irgendwann selbst ungewollt auf ein Bild zu gelangen.
In der vergangenen Badesaison fielen an mehreren Orten in der Schweiz Badegäste auf, die mit Handys auf leicht bekleidete Mädchen und Frauen zielten. Dies bestätigt auch Hansueli Nievergelt, Präsident des Schweizerischen Bademeister-Verbands: «Wir haben das Problem noch nicht im Griff.»
«Fotohandys sind tatsächlich ein Problem», sagt Kosmas Tsiraktsopulos, Sprecher des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten. Doch auf Massnahmen hat Datenschützer Thür bisher trotzdem verzichtet. Denn die Ausgangslage ist alles andere als einfach: Junge fotografieren sich gegenseitig aus Spass, stellen die Bilder ins Netz und ernten mit ihren Homepages grosse Beachtung. Allerdings ist die Grenze zwischen Fun-Bildern der Partyszene und missbräuchlichen Aufnahmen fliessend. Mittlerweile gibt es unzählige Sites, auf welchen Bilder von leicht bekleideten Frauen veröffentlicht sind, die ganz offensichtlich ohne deren Wissen fotografiert wurden.
Andere machen sich einen Spass daraus, Leute in unvorteilhaften Momenten abzulichten. Auf einschlägigen Homepages ist von schlafenden Zugreisenden in peinlicher Stellung über falsch parkierende Frauen bis zu betrunkenen Geschäftsherren alles zu finden, worüber man sich lustig machen kann - oft versehen mit Kommentaren unter der Gürtellinie.
Bademeister und Polizei im Gespräch
Im Umgang mit den omnipräsenten Kameras macht sich Ratlosigkeit breit: Ein generelles Handyverbot für sensible Bereiche hält der Datenschutzbeauftragte des Bundes für nicht praktikabel. Da pflichtet ihm auch Bademeister-Präsident Nievergelt bei. Der Verband empfiehlt den Badeanstalten, in die Hausordnung ein generelles Fotografierverbot aufzunehmen. So könnten jene, die auf frischer Tat ertappt würden, von der Badi verwiesen werden.
Einen Schritt weiter geht der Verband der schweizerischen Hallen- und Freibäder: Geschäftsführer Herbert Zehnder empfiehlt Verbandsmitgliedern, die über eine Sauna oder ein Solarium verfügen, bei den «sensiblen Bereichen» ein Handy-Verbot anzuschlagen. Die Bademeister wollen den Umgang mit Fotohandy-Voyeuren in den nächsten Wochen mit der Polizei diskutieren.
Handys müssen draussen bleiben
Zum Problem werden die Kleinstkameras auch im Firmenalltag. In Deutschland und in den USA haben Handyfotos längst dazu geführt, dass Sperrzonen errichtet wurden - um die Kundschaft zu schützen resp. um Geschäfts- oder Produktionsgeheimnisse zu wahren.
In der Schweiz werden Industrieunternehmen ebenfalls zunehmend vorsichtiger. Novartis beispielsweise führte als Firmenhandys bisher nur Modelle ohne Kamera. Weil es inzwischen kaum mehr Telefone ohne Kamera gibt, verweist der Pharmakonzern die Mitarbeiter nun explizit auf das Fotoverbot in der Werksordnung. Siemens testete in deutschen Produktionsbetrieben sogar, ob die Kamera auf den Mitarbeiterhandys mit einem speziellen Kleber abgedeckt werden könnte. In der Schweiz stützt sich der Industriekonzern vorerst auf Verhaltensregeln für Mitarbeiter und erspart sich ein Verbot mit einem restriktiven Zugangssystem für sensible Firmenbereiche.
Fotos und Persönlichkeitsrechte: So können Sie sich wehren
Das Gesetz:
Fotos von herkömmlichen oder digitalen Kameras oder von Handys werden im Gesetz als Personendaten bezeichnet. Werden solche Daten weiterverwendet, dürfen sie die Persönlichkeit der betroffenen Person nicht verletzen. Wer ohne Einwilligung oder ohne anderen Rechtfertigungsgrund (im Sinne von Art. 13 des Datenschutzgesetzes) jemanden fotografiert, verletzt aber dessen Recht auf Persönlichkeit und macht sich somit strafbar. Ebenso unerlaubt ist es, solche Bilder zu vermarkten und zu verbreiten.
So wehren Sie sich:
Hat jemand ohne Ihr Einverständnis ein Bild von Ihnen veröffentlicht (z.B. Internet), können Sie die Persönlichkeitsverletzung beim Zivilgericht einklagen und fordern, dass die weitere Veröffentlichung der Bilder untersagt wird. Zudem können Sie Schadenersatz und Genugtuung geltend machen und die Herausgabe der Bilder verlangen sowie einen allfälligen Gewinn, der durch die unerlaubte Veröffentlichung erzielt wurde.
Ferienbilder:
Wer indessen in der Öffentlichkeit zufällig ins Spektrum einer Linse gerät, hat grundsätzlich kein Klagerecht. Deshalb tut ein Tourist nichts Unerlaubtes, wenn beim Schnappschuss nicht nur die Ehefrau, sondern auch unbekannte Passanten aufs Bild kommen. Diese Aufnahmen dürfen im privaten Umfeld ohne weiteres gezeigt werden. Unzulässig ist, solche Schnappschüsse im Internet, für Reklameprospekte oder Plakate zu verwenden. Hier kann eine Persönlichkeitsverletzung vorliegen, die Sie nicht akzeptieren müssen.
Sind Sie für ein generelles Fotografierverbot in Badeanstalten, Solarien und Saunas? Antworten Sie bitte auf www.ktipp.ch.