«Unfallschutz? Ein Witz!»
Die Kreditkartenfirmen weisen stolz darauf hin, ihre Kunden hätten eine Reise-Unfallschutzdeckung. Die restriktiven Bedingungen erwähnen sie aber nicht.
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K-Tipp 17/2002
16.10.2002
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Es geschah in Jasper in den kanadischen Rocky Mountains. Elisabeth Bösch aus Mellingen AG war mit einer Reisegruppe unterwegs, um die Naturschönheiten Kanadas zu entdecken.
Doch dann ereilte die Touristin das Pech. Als sie die Strasse auf dem Fussgängerstreifen überquerte, wurde sie von einem Auto angefahren und verletzt. Der Tag endete im Spital.
Ihren Schmerz linderte die Gewissheit, dass sie eine Reise-Unfallversicherung hatte. Die Verkäuferin im Reisebüro ...
Es geschah in Jasper in den kanadischen Rocky Mountains. Elisabeth Bösch aus Mellingen AG war mit einer Reisegruppe unterwegs, um die Naturschönheiten Kanadas zu entdecken.
Doch dann ereilte die Touristin das Pech. Als sie die Strasse auf dem Fussgängerstreifen überquerte, wurde sie von einem Auto angefahren und verletzt. Der Tag endete im Spital.
Ihren Schmerz linderte die Gewissheit, dass sie eine Reise-Unfallversicherung hatte. Die Verkäuferin im Reisebüro hatte ihr genau deswegen geraten, die Reisekosten mit ihrer Kreditkarte zu zahlen.
Die Enttäuschung war deshalb gross, als ihr die Zürich Versicherung eine Absage schickte. «Sie wurden als Fussgängerin angefahren und verletzt. Dieser Unfall fällt nicht unter den Versicherungsschutz.»
Die Auskunft ist überraschend, aber korrekt: Bei den Kollektiv-Reiseunfallversicherungen sind Reisende nur dann versichert, wenn sie ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen, das sie mit der Kreditkarte bezahlt haben - einzeln oder im Rahmen einer Pauschalreise.
Das dürfte viele in falscher Sicherheit wiegen. Alle anderen Unfälle sind nämlich nicht versichert. Wer also im Ausland stolpert und sich dabei verletzt oder als Fussgänger - wie Bösch - angefahren wird, geht leer aus.
Elisabeth Bösch hätte deswegen keine Invaliditätsentschädigung erhalten und ihre Angehörigen hätten im Todesfall ebenfalls nichts bekommen.
Zwar sind Zahler mit den gängigen Schweizer Kreditkarten bei unterschiedlichen Versicherungsgesellschaften versichert (Zürich Versicherung, AIG, ACE Insurance). Doch die erwähnte entscheidende Einschränkung gilt bei allen Anbietern.
Anreise zum Airport ebenfalls versichert
Das sind ein paar wichtige Einzelheiten:
- Insassen oder Fahrer von Mietautos sind ebenfalls versichert, falls sie das Mietauto mit der Karte bezahlt haben.
- Auch Taxifahrten sind versichert. Aber auch hier: Das Taxi muss bereits mit der Kreditkarte bezahlt sein. Wer also einsteigt und sich erst mal chauffieren lässt - was wohl der Normalfall ist -, ist nicht versichert.
- Die Anreise beispielsweise mit der Bahn zum Abflug-Airport ist ebenfalls versichert. Die Zürich verlangt aber bei den Viseca-Karten, dass sowohl das Zugsbillett als auch ein allfälliges General- oder Halbtaxabo mit der Karte bezahlt wurde. Bei der ACE Insurance (also für Karten der Swisscard) ist Kartenbezahlung nicht vorausgesetzt.
Kein Wunder, ist Unfallopfer Bösch über diese Deckungseinschränkungen empört. «Diese Versicherung ist ein Witz. Es ist mir ein Anliegen, dass die Öffentlichkeit informiert wird.»
Die Reise-Unfallversicherung kann einen vollständigen Schutz nicht ersetzen
Die meisten Kreditkarten-Unfallversicherungen zahlen bei einem Unfall mit Todesfolgen Summen zwischen 200000 Franken und einer halben Million aus - je nach Karte (in der Regel nur, falls man die Reise mit der Karte bezahlt hat).
Wird die versicherte Person invalid, gilt die gleiche versicherte Summe. Die Auszahlung erfolgt jedoch abgestuft nach dem Grad der Invalidität.
Dazu gibt es meist noch kleinere Entschädigungen für Transport- und Rettungskosten sowie bei Flugverzögerungen oder bei verspätet ausgeliefertem Gepäck.
Daraus folgt: Die Unfallentschädigungen der Kreditkarten sind zwar im Einzelfall durchaus willkommen - aber sie können einen vollständigen Versicherungsschutz niemals ersetzen.
Die drei wichtigsten Punkte dazu:
1. Die Kreditkarten zahlen keine Arzt- und Spitalkosten. Für Reisen in teure Länder empfiehlt es sich, bei der Krankenkasse eine Zusatzversicherung abzuschliessen. Mehr Infos dazu finden Sie im K-Tipp-Ratgeber «Krankenkasse: Das Beste daraus machen».
2. Vor allem Familienväter und Hausbesitzer sollten mit einer Todesfallrisiko-Police dafür sorgen, dass die Überlebenden eine bestimmte Geldsumme erhalten. Dieser Schutz sollte ganzjährig und nicht nur während der Ferien gelten und neben Unfall auch Krankheit einschliessen.
3. Das Gleiche gilt für die Versicherung der Invalidität, also die Vorsorge für den Fall von Erwerbslosigkeit. Auch hier ist wichtig, dass Krankheiten ebenfalls versichert sind. Nützliche Tipps dazu finden Sie im K-Tipp-Ratgeber «So sind Sie richtig versichert». Bestellen können Sie beide Ratgeber mit der Karte auf Seite 13 oder über www.ktipp.ch