Unnötige Rabattkarte
Beim neuen Rabattsystem Vipcard muss der Konsument die Katze im Sack kaufen. Ein Fachmann warnt: «Die Rechnung geht nur für die Initianten auf.»
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K-Tipp 11/2004
02.06.2004
Patrick Gut - pgut@ktipp.ch
Für eine so genannte Vipcard 185 Franken pro Jahr bezahlen, dann von fetten Rabatten profitieren und erst noch Punkte sammeln, die sich in bare Münze umwan-deln lassen. Das tönt gut - zu gut, um wahr zu sein.
Die Vipcard wird vom FIZ, dem Finanz-Informations-Zentrum in Langenthal BE, vertrieben.
Im Internet-Auftritt zur Karte zieht man den Konsumentinnen und Konsumenten mit einer «Auswahl an Sparprodukten» den Speck durchs Maul. Von einer Allfinanzberatung übe...
Für eine so genannte Vipcard 185 Franken pro Jahr bezahlen, dann von fetten Rabatten profitieren und erst noch Punkte sammeln, die sich in bare Münze umwan-deln lassen. Das tönt gut - zu gut, um wahr zu sein.
Die Vipcard wird vom FIZ, dem Finanz-Informations-Zentrum in Langenthal BE, vertrieben.
Im Internet-Auftritt zur Karte zieht man den Konsumentinnen und Konsumenten mit einer «Auswahl an Sparprodukten» den Speck durchs Maul. Von einer Allfinanzberatung über Blockflöten, Kuchen, Leuchten aller Art bis zu Töpfen und Zigarren geht die «kleine Auswahl unseres grossen Angebots an Produkten und Dienstleistungen für unsere Mitglieder», wie das FIZ auf der Internet-Seite vollmundig verspricht.
Was genau hinter den Angeboten steckt, erfährt man aber nicht. In den Mitgliederbereich kommt nämlich nur, wer zuerst eine Vipcard für 185 Franken gelöst hat. Dann erst erfährt man, welche Geschäfte auf welchen Produkten wie viel Rabatt gewähren.
Im Schnitt gibts 10 Prozent Rabatt
Die Idee mit der Vipcard ist alles andere als neu. «Einmal heisst das Bonus-system Pluscard, ein andermal Rabattring oder Bonuspass», sagt Heinz Bossert, der als Präsident des Detaillistenverbandes des Kantons Luzern die Rabattsystemszene seit vielen Jahren beobachtet. All diesen Systemen ist laut Bossert eines gemeinsam: «Sie haben Schiffbruch erlitten.»
Er weiss auch warum: «Ein seriös kalkulierender Kaufmann kann es sich nicht leisten, Rabatte bis zu 30 Prozent zu gewähren.» Das funktioniere nur, wenn man von völlig übersetzten Mondpreisen ausgehe, bei denen dieser Pseudorabatt schon eingerechnet sei.
Erklärtes Ziel vom FIZ sind 100 000 Karteninhaber bis Ende nächsten Jahres. Heinz Bossert dazu: «Die angestrebten Ziele sind realitätsfremd. Auch dieses Rabattsystem wird einzig für die Initianten aufgehen.»
FIZ-Inhaber Ernst Brügger wehrt sich gegen diesen Vorwurf: «Wenn ich mich bereichern wollte, würde ich für die Karte 400 Franken verlangen.» Bei 185 Franken Jahresgebühr würden unter dem Strich nur 20 Franken herausschauen.
Der K-Tipp liess sich vom FIZ ein Passwort für den Mitgliederbereich geben und schaute sich um. Mitte Mai war das Angebot noch mager: 211 verzeichnete Betriebe verteilt auf die ganze Schweiz und verschiedenste Branchen. In der Regel machen kleine und mittlere Unternehmen - wie Coiffeure, Restaurants, Radio-TV-Geschäfte, Handwerker und Druckereien - mit. Dem Konsumenten bringt das nur etwas, wenn er in deren Nähe wohnt.
Der K-Tipp hat 25 Betriebe angerufen und deren Rabattbedingungen überprüft: Es werden 2 bis 20 Prozent gewährt. In der Regel sind es 10 Prozent. Gut die Hälfte der Betriebe gab jedoch an, dass auch Kunden ohne Vipcard bei einer Barzahlung mit Rabatt rechnen könnten - häufig im gleichen Rahmen wie mit Karte.
Kein Vipcard-Rabatt bei Orange mobil
Die Unternehmen waren mit dem Argument überzeugt worden, sie könnten auf der Plattform der Vipcard für ihren Betrieb günstig Werbung machen. Doch nur zwei der angefragten Firmen haben bis jetzt tatsächlich einen Kunden mit Vipcard bedient.
Im Mitgliederbereich erweckt das FIZ den Eindruck, Vipcard-Besitzer könnten 30 bis 60 Prozent ihrer Telefonkosten sparen, wenn sie mit Orange mobil telefonieren. Ab April - so stehts auf der Homepage - würden sie von «besonders vorteilhaften Gesprächstarifen» profitieren.
Dem ist jedoch nicht so. Das bestätigt auch Orange-Sprecherin Therese Wenger: «Momentan bestehen noch keine generellen Vergünstigungen für Vipcard-Besitzer.»