Velomechaniker: Fahrlässiger, als die Sicherheit erlaubt
Arbeiten Velomechaniker zuverlässig? Der K-Tipp machte eine Stichprobe in Basel, Bern und Zürich. Einige Mechaniker übersahen sogar lebensgefährliche Mängel.
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K-Tipp 11/2007
06.06.2007
Marco Diener - Mitarbeit: Stephan Dietrich, Susann
Oje, oje!», entfährt es dem Mechaniker im Veloservice Bern. Gerade als er das frisch gewartete Velo dem Kunden übergeben will, merkt er, dass der Lenker völlig lose ist. Und entdeckt damit in letzter Sekunde noch einen der zehn Mängel, mit denen der K-Tipp das City-Bike vorgängig versehen hatte.
Insgesamt zwölfmal hat der K-Tipp das Velo in den Service gebracht - neunmal zu Fachhändlern, dreimal zu Sportartikelhändlern und Grossverteilern. Stets war das gleiche Velo mit den zehn g...
Oje, oje!», entfährt es dem Mechaniker im Veloservice Bern. Gerade als er das frisch gewartete Velo dem Kunden übergeben will, merkt er, dass der Lenker völlig lose ist. Und entdeckt damit in letzter Sekunde noch einen der zehn Mängel, mit denen der K-Tipp das City-Bike vorgängig versehen hatte.
Insgesamt zwölfmal hat der K-Tipp das Velo in den Service gebracht - neunmal zu Fachhändlern, dreimal zu Sportartikelhändlern und Grossverteilern. Stets war das gleiche Velo mit den zehn gleichen Mängeln versehen. Drei davon beeinträchtigen die Sicherheit.
Vier weitere führen früher oder später zu Schäden und teuren Reparaturen. Drei sind weniger gravierend.
Ein Drittel übersah gefährliche Mängel
Die Aufgabe war durchaus lösbar. Das bewies der Velokurierladen in Bern. Er behob sämtliche Mängel. Der Service kostete Fr. 98.50 (siehe Tabelle).
Bei der Übergabe des Velos fragte der Mechaniker sogar, ob er noch eine Vignette aufkleben solle. Daran dachte sonst nur noch Velo Paul in Basel.
Ansonsten ?elen die Ergebnisse der Stichprobe ernüchternd aus. In vier Geschäften fanden die Mechaniker nicht einmal alle sicherheitsrelevanten Mängel. Deshalb fällte der K-Tipp bei ihnen das Urteil «ungenügend»:
- Velo Paul in Basel und Velohenderson in Zürich übersahen den losen Lenker.
- Athleticum in Bern bemerkte den Bremsklotz vorne nicht, der in die Speichen zu rutschen drohte.
- Die Speiche in Bern übersah beide Mängel.
Paul Brunner von Velo Paul gibt zu: «Das dürfte nicht passieren.» Und Athleticum schreibt zum verstellten Bremsklotz: Bei der Probefahrt habe der Mechaniker den Mangel nicht bemerkt, aber bei der Sichtkontrolle hätte er ihm auffallen müssen. Die Speiche nahm nicht Stellung.
Ebenfalls ungenügend hat der Service von Coop Bern abgeschnitten. Der Coop-Mitarbeiter wies zwar bei der Warenannahme darauf hin, dass der Service «drei bis vier Tage» dauern könne. Denn Coop repariert die Velos nicht in den einzelnen Filialen. Doch schliesslich dauerte es ganze 14 Tage, bis das Velo endlich abholbereit war.
Hoch im Kurs: Unnötige Reparaturen
«Wir werden die Abläufe überprüfen», schreibt dazu Coop-Mediensprecherin Susanne Erdös.
Unschön auch: Coop ersetzte den intakten Dynamo. «Dies, weil nach der Befestigung des ausgerissenen Lichtkabels das Licht immer noch nicht funktionierte», erklärt Erdös. Nur: Am Dynamo kann das nicht gelegen haben. Davor hatten fünf Velohändler das Licht mit dem alten Dynamo zum Funktionieren gebracht.
Überhaupt: Etliche Mechaniker übersahen Mängel, verrechneten auf der anderen Seite aber überflüssige Arbeiten. So zum Beispiel das Justieren der Schaltung, obwohl diese einwandfrei arbeitete. Das Zentrieren des Vorderrads, obwohl das Rad absolut rund lief. Oder den Wechsel der Bremsklötze, obwohl davor acht Mechaniker nichts daran auszusetzen hatten.
Den Vogel abgeschossen hat indessen die Migros: Nur weil eine Feder fehlte, wollte der Mechaniker den ganzen Gepäckträger ersetzen. Kostenpunkt: inklusive Arbeit über 80 Franken. Begründung: Die Feder sei einzeln nicht erhältlich. Tatsache ist: Der Gepäckträger ist ein Schweizer Fabrikat. Einzelteile sind problemlos erhältlich.
Tipps für den Umgang mit dem Velomech
Im Velo-Egge in Basel bestand der Mechaniker darauf, den Gepäckträger zu ersetzen, weil die Federhalterung abgenutzt sei. Kein anderer Velohändler hatte daran Anstoss genommen. Entsprechend teuer ?el die Reparatur im Velo-Egge aus: 165 Franken.
Und wie können Velofahrer und -fahrerinnen heraus?nden, wo sie gut bedient werden? Für Laien ist das schwierig. Dennoch ein paar Tipps:
- Besuchen Sie einen Veloflickkurs. Die IG Velo bietet solche Kurse an. So können Sie sich ein minimales technisches Verständnis aneignen.
- Machen Sie nicht die Faust im Sack, wenn Sie mit der Arbeit des Velohändlers unzufrieden sind. Sagen Sie es ihm. Beim nächsten Mal wird er Sie bestimmt ernster nehmen.
- Legen Sie für einen Service einen Maximalpreis fest.
- Verlangen Sie, dass der Mechaniker Sie anruft, falls eine unvorhergesehene Reparatur nötig werden sollte.
- Bevorzugen Sie Velohändler, die Ihnen von sich aus erklären, welche Arbeiten sie ausgeführt haben. Seriöse Velohändler listen die ausgeführten Arbeiten und den Stundenlohn auf der Quittung auf.
Velomechaniker auf dem Prüfstand: Die zehn Mängel
Als der K-Tipp das Velo in den Service brachte, war es mit folgenden zehn Mängeln versehen:
Sicherheitsrelevante Mängel
- Der Lenker ist lose.
- Das Kabel des Vorderlichts ist ausgerissen.
- Ein Bremsklotz liegt nur halb auf der Felgenflanke auf. Er könnte in die Speichen rutschen. Das Vorderrad würde blockieren.
Mängel mit drohenden Folgeschäden
- Das Steuerlager hat viel Spiel. Es könnte kaputtgehen.
- Die Hinterradbremse schleift an der Felge. Sie bremst ständig und nutzt die Felge ab.
- Der Reifendruck ist zu niedrig. Es drohen Schäden an Pneu, Schlauch und Felge.
- Zwei Speichen sind lose. Die Felge wird unrund.
Weitere Mängel
- Der Ventildeckel fehlt.
- Die Vignette fehlt. Und damit der Schutz einer Haftpflichtversicherung.
- Eine Spannfeder der Gepäckträgerklappe fehlt. Die Klappe klappert. Das Gepäck hält nicht richtig.