Die Krankenkassen legen ihre Prämien fest, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, wie viel jemand verdient. Viele Leute könnten sich die Krankenversicherung ohne Zuschüsse vom Staat nicht mehr leisten. Zahlen des Bundesamts für Gesundheit zeigen: Im Jahr 2019 waren über 2,3 Millionen Versicherte auf staatliche Unterstützung angewiesen. Bund und Kantone gaben 2011 für verbilligte Krankenkassenprämien 4 Milliarden Franken aus – 2019 waren es bereits fast 5 Milliarden. Grund: Die Prämien steigen von Jahr zu Jahr weiter.
Viele Versicherte erhalten keine Prämienverbilligung, obwohl sie ein Anrecht darauf hätten. Das zeigt eine im vergangenen Herbst veröffentlichte Studie der Berner Fachhochschule. Im Jahr 2015 gingen zum Beispiel im Kanton Basel-Stadt 12 264 von total 63 551 bezugsberechtigten Personen leer aus – jede fünfte Person. Darunter waren vor allem junge Erwachsene. Die Gründe: Unkenntnis, Überforderung – und von Kantonen aufgestellte bürokratische Hürden. Laut Professor Oliver Hümbelin von der Berner Fachhochschule wissen viele Betroffene nicht, ob sie Anrecht auf eine Prämienverbilligung haben. Speziell schwierig sei es für Leute, welche die Landessprachen nicht gut verstünden. Die Kantone informieren meist nur in den Amtssprachen darüber, wie Betroffene zu vergünstigten Prämien kommen.
200 000 Leute wären bezugsberechtigt
Landesweite Zahlen zum Bezug von Prämienverbilligungen gibt es nicht, weil die Unterstützung Sache der Kantone ist. Eine Hochrechnung des K-Tipp aufgrund der Studie der Berner Fachhochschule ergibt: Landesweit dürften mindestens 200 000 Personen zu Unrecht nicht von einer Prämienverbilligung profitieren können. Oliver Hümbelin hält diese Zahl für «nicht abwegig». Allein im Jahr 2019 hätten Bund und Kantone dadurch bei einer Prämienverbilligung von durchschnittlich 2145 Franken pro Person 429 Millionen Franken gespart.
Nur wenige Kantone sind bürgernah
Der Anspruch auf Prämienverbilligungen ist je nach Kanton anders geregelt. Entsprechend unterschiedlich ist die Zahl der Unterstützten. In den Kantonen Luzern, Schaffhausen und Waadt erhielten im Jahr 2019 etwa 36 Prozent der Bevölkerung Prämienverbilligungen – in Neuenburg hingegen waren es nur 19 Prozent. Auch die Höhe der finanziellen Hilfe variiert stark. Basel-Stadt zahlte pro Bezüger im Durchschnitt 3662 Franken. In Bern waren es nur gerade 1243 Franken.
Bern ist der knausrigste Kanton – aber wenigstens unbürokratisch. Das zeigt eine K-Tipp-Auswertung der Antragsformulare aller Deutschschweizer Kantone:
- Bürgerfreundlich sind Bern, Appenzell Innerrhoden, Uri und Wallis. Sie überweisen die Prämienverbilligung aufgrund der Steuererklärungen automatisch an die Krankenkassen. Die Einwohner müssen in der Regel keinen Antrag stellen.
- In Basel-Stadt, Freiburg und Graubünden ist eine einmalige Anmeldung nötig. Danach laufen die Verbilligungen in der Regel automatisch weiter. Die drei Kantone verlangen die Policen der Kassen, Freiburg zusätzlich das Familienbüchlein. Am meisten Belege will Basel-Stadt sehen. Hier müssen Versicherte dem Antrag die letzten drei Lohnabrechnungen, den Arbeitsvertrag und einen aktuellen Kontoauszug beilegen. Das hat laut dem Basler Amt für Sozialbeiträge den Vorteil, dass die Prämienverbilligung jeweils der aktuellen finanziellen Situation eines Versicherten entspricht. Die Behörde muss nicht auf die Steuererklärung warten.
- In den Kantonen Aargau, Appenzell Ausserrhoden, Basel-Land, Glarus, Luzern, Nidwalden, Obwalden, St. Gallen, Schaffhausen, Solothurn, Schwyz, Thurgau, Zug und Zürich gilt: Die Einwohner müssen jedes Jahr einen neuen Antrag stellen, wenn sie einen Zuschuss zur Prämie erhalten wollen. Immerhin: Das Ausfüllen des Antrags ist relativ schnell erledigt. Mit Ausnahme von Appenzell Ausserrhoden, Glarus und Nidwalden müssen Antragsteller in der Regel keine Dokumente beilegen. Diese drei Kantone verlangen die Krankenkassenpolice. Appenzell Ausserrhoden will zusätzlich die Steuerveranlagung.